Noch ein paar Nachgedanken

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Als ich die ersten paar Kapitel von Dornen - Das Königreich in Flammen geschrieben habe, war mir nicht bewusst, wie schnell ich damit tatsächlich weitermachen werde. Dornen war immer ein reines Herzensprojekt und eigentlich wollte ich Geschichten schreiben, die mir zwar einerseits am Herzen liegen, aber andererseits aus der Perspektive meiner Agentin auch gewisse Chancen auf Veröffentlichung haben. Dann kam allerdings Corona und Dornen war das einzige, was mir wirklich Spaß zu schreiben gemacht hat, wo ich ohne irgendwelche äußeren Ansprüche rangehen konnte und einfach nur eine Geschichte erzählen, die mich nie ganz losgelassen hat. 

Das Ende liegt bei etwa 280k Wörtern - nur 20k weniger als der erste Teil, obwohl ich mir wirklich, wirklich sicher war, mich dieses Mal kürzer gefasst zu haben (ich dachte ich hätte inzwischen gelernt, die langweiligen Abschnitte einfach zu überspringen, aber ganz ohne eine Überarbeitung mit großzügig viel Rotstift wird das bei mir wohl nie funktionieren ...). Das letzte Mal hat es fast ein ganzes Jahr gedauert, vom ersten Satz bis zum Ende, dieses Mal habe ich alles bis auf die ersten 2, 3 Kapitel von Ende Februar bis Anfang August geschrieben und allein deswegen, weil ich genug Disziplin für doppelte Geschwindigkeit hatte trotz all der Tage, an denen es nicht so richtig geflossen ist, bin ich einfach nur froh, dass wir uns hier gemeinsam am Ende befinden. 

Und dass es eine wunderbare, hartnäckige Handvoll von euch gibt, die mir bis hierher gefolgt sind, macht mich doppelt glücklich. Dass nach den ersten langen, wirren Reisen unserer Helden genug von euch gesagt haben, dass sie mehr lesen wollen, dass ihr ein zweites Mal mit auf Abenteuer losgezogen seit, gelesen, abgestimmt und kommentiert habt, obwohl so etwas wie ein Plan weiterhin nicht meine Stärke ist. Das hier war die erste Fortsetzung, die ich (fertig) geschrieben habe und als solche noch einmal eine ganz neue Erfahrung und fast genauso lehrreich wie der erste Teil, und wenn ich nicht gewusst hätte, dass es zumindest ein paar interessierte Leser gibt, hätte es wahrscheinlich nicht halb so gut geklappt. (Nicht, dass es nicht noch gehörigen Raum zur Verbesserung gibt. Aber das gibt es immer, und Perfektion erreicht man mit der ersten Version einer Geschichte nie.) Ihr habt weit über eine halbe Millionen Wörter mit mir geteilt, und allein die Vorstellung ist eigentlich schon unglaublich! Danke für jeden Read, jeden Stern und besonders jeden Kommentar, von Emoji-Reaktionen bis zu langen Spekulationen. 

(Ich freue mich auch ungemein, wenn ihr mir noch abschließende Kommentare dalasst, was euch besonders gefallen hat, was euch bewegt hat, was euch verwirrt habt, wo euch etwas zu viel oder zu wenig war - ich würde zwar lügen wenn ich sage, ich brauche es für die Überarbeitung (erst käme der erste Teil dran, und selbst den würde ich aktuell nur mit Veröffentlichungsaussichten ernsthaft überarbeiten^^), aber eure Meinungen sind allgemein hilfreich und motivierend für alles, was in der Zukunft noch passiert. Wie gesagt, Raum zur Verbesserung gibt es immer, auch Bücher-übergreifend.)

Und weil ich wie immer noch Millionen andere Gedanken und Kommentare und Bemerkungen habe, folgt auch dieses Mal wieder eine Liste aller möglicher Dinge, die mir so während und nach dem Schreiben durch den Kopf gegangen sind. Nicht vollständig. 😉

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- Eigentlich dachte ich ja, jetzt bei der zweiten Runde habe ich die Geschichte besser im Griff als vorher, aber irgendwie bin ich genauso eskaliert mit Arcs, Charakteren und Länge wie vorher und habe bestimmt die Hälfte meiner wenigstens grob angedachten Pläne oder Handlungspunkte irgendwann wieder über den Haufen geworfen. Im großen und ganzen bleibt es aber einfach dabei, dass ich Dornen dann am besten schreiben kann, wenn ich nur wenig mehr Ahnung hab was passiert als die Charaktere selbst und die Reise für mich selbst ein Abenteuer bleibt (selbst wenn das hin und wieder zu Stellen führt, die im Nachhinein überflüssig waren.)

- Willehad war definitiv der schwerste Arc für mich, obwohl er der am einfachsten zu schreibende Charakter ist (basically ich, wenn mich jemand in die unangenehme Position bringen würde, Abenteuer bestehen zu müssen, haha), einfach weil er theoretisch schlau sein sollte und Dinge herausfinden, ich aber dank meiner Forscher-Methode selber lange nicht wusste, was genau er herausfinden sollte und er dann dafür ziemlich oft ein wenig zu zufällig in passende Situationen gestolpert ist. Sobald mir dann aber klar war, was jetzt genau im Schloss vor sich geht, ist es dann aber schön einfach gewesen, gottseidank!

- Antonez hätte ein würdigeres Ende verdient, als einfach irgendwie im Chaos am Fuß des Berges verloren zu gehen, aber dort ist einfach schon so viel passiert, so viele Charaktere sind sich begegnet und haben neue Erkenntnisse gewonnen, dass es einfach zu viel war, ihn da auch noch mit zu verarbeiten. Und ich glaube, er wäre zu nett gewesen um weiter mit Cristian gemeinsame Sache zu machen, also war es wahrscheinlich gnädiger ihn vorher gehen zu lassen. Vielleicht hat er ja überlebt und sich schwer verletzt in das nächste Dorf geschleppt, wo er von einer netten Witwe gesund gepflegt wurde, der Armee abgeschworen hat und jetzt ein friedliches Dorfleben fernab von jedem Chaos führt. Wer weiß. 

- Ich persönlich finde es ziemlich amüsant, dass ich bei Dornen I. mit der Einstellung drangegangen bin "ich schreibe bewusst eine tendenziell sexistische, konservative Welt, weil sonst die typischen Märchen nicht funktionieren würden" und absichtlich fast keine weiblichen Charaktere unter den normalen Menschen hatte, nur um die Ratio jetzt ganz automatisch wieder viel ausgeglichener zu haben. Am Ende war Dornen II. auch deutlich mehr die Geschichte meiner Frauen als die der Männer, was so überhaupt nicht geplant, letztlich aber nicht unwillkommen ist. 

- Mir selbst gegenüber habe ich die Beziehungs-Konstellation am Anfang gerne beschrieben mit: Willehad liebt Elwa, Elwa liebt Samir, Samir liebt Djadi und Djadi ist tot. Dann dachte ich mir, 'hey, das klingt nach einer richtig coolen Tagline für ein Roman' und jetzt habe ich vielleicht eine grob geplante Struktur für ein modernes Coming-of-Age Drama in der sich Charaktere wie 'Willem' und 'Edith' und 'Samuel' mit dem Tod ihres gemeinsamen Freundes auseinandersetzen müssen. Nur ohne die Möglichkeit für eine magische Wiederbelebung. 

- (Nachtrag 12.9.:) Sharif hat sich als absolut unverwundbarer Charakter herausgestellt. Ich wollte ihn eigentlich im ersten Teil im großen Finale sterben lassen, habe mich dann aber dagegen entschieden, weil er als Charakter nicht prominent genug war, um an die Tode davor heranzureichen. Dieses Mal wollte ich ihn wieder sterben lassen (ihn oder Yusuf, um ganz genau zu sein), weil ich von Anfang an nur einen von ihnen mit ins Mitternachtsland nehmen wollte, aber dann konnte ich ihn nicht einfach so der armen Ria wegnehmen und stattdessen durfte er einfach sesshaft werden. Ein Hoch auf Sharif, dessen langes und glückliches Leben ich euch hiermit garantieren kann!

- Ich war wirklich, wirklich entschlossen, irgendwie Rapunzel in diese Geschichte einzubringen (als kleines Mädchen in Gewalt einer Hexe, das wegen dem Dornenchaos nicht befreit wird) und hatte mehrere Szenarien, in denen einer der Protagonisten über sie stolpert, aber leider hat es am Ende vom Pacing her nirgendwo reingepasst und Dornröschen bleibt weiterhin die einzige Interpretation eines bekannten Märchencharakters in der Dornen-Reihe (ha, ich nenne es jetzt Reihe!)

- Eigentlich sollten Asifa und Ofelia viel mehr Zeit miteinander verbringen, also on-screen, und sowas wie eine richtige, längere Beziehung haben, aber leider ging der Plot vor. Die halb ernstgemeinte Idee war, im Verlauf des Buches das Ende einer Beziehung (Samir und Elwa), den Beginn einer Beziehung (Willehad und Lore) und den kompletten Verlauf einer Beziehung (Asifa und Ofelia) zu zeigen - seit wann ich so viel Fokus auf Beziehungen lege, weiß ich aber auch nicht. Uppsi?

- Asifas letzter Abschnitt und der Epilog sind ein ziemlich klares Echo der entsprechenden Teile in Dornen I., was im ersten Fall beabsichtig war und im zweiten ein glücklicher Zufall. 

- Das Folgende ist ein Spoiler, aber ich finde, den habt ihr euch verdient, nachdem ihr euch durch diese ganze lange Geschichte gelesen habt, ohne dass wir zum eigentlichen Grund der Reise gekommen sind (und wie immer ohne dass ich irgendwas in Bezug auf den nächsten Teil und seine Veröffentlichung versprechen kann): ich habe keine bösen Überraschungen mehr geplant, bevor Djadi zurückgeholt wird. Es geht gleich im ersten Kapitel im nächsten Teil da weiter, wo wir aufgehört haben, und keine Umstände werden sich geändert haben. Der Klappentext wird bereits verraten, dass Djadi zurückkommt, so absolut sicher ist es und der einzige Grund, warum er jetzt am Ende nicht wieder lebt ist einfach nur, dass seine Rückkehr besser als Auftakt als als Ende funktioniert. Was danach kommt ist natürlich wieder ganz offen, aber ich will klarstellen, dass ich das Ende nicht an diesem Punkt gesetzt habe, weil der nächste Teil der Reise noch einmal ein ganzes Buch dauern soll. 

- Überhaupt, Fortsetzungen: Der dritte Teil hat einen Titel (Dornen - Das Königreich erstarrt) und schon einige Stichpunkte, worum es ungefähr gehen soll, aber noch nicht ansatzweise genug, um es tatsächlich zu schreiben. Geplant ist nur dieser dritte Teil innerhalb der aktuellen Geschichte und dann ganz eventuell irgendwann eine Next-Generation Geschichte, deren Prämisse ich bereits in meinem Begleitbuch Dornenwelten angeteasert habe (spezifisch: Die Waffenbrüder von Niederzollern). Spin-offs oder Kurzgeschichten sind aber immer eine Möglichkeit^^

Dornen - Das Königreich in FlammenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt