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Noch bevor die Sonne aufgegangen war, wurde ich durch ein Rütteln geweckt. »Mayser dein Training beginnt in einer halben Stunde.«, sagte eine zierliche Stimme, wie jeden Morgen. Und wie jeden Morgen musste ich mich beherrschen, um ihn nicht die Kehle rauszureißen und wieder schlafen gehen zu können.

»Verschwinde.«, entgegnete ich wütend. Die Decke verschwand mit einem Ruck und mit ihr all die wohlige Wärme die sich unter der Decke aufgestaut hatte.

»Ich bring dich um.«, sagte ich kalt und blickte in diese kleinen verletzlichen Augen, die solch eine Unschuld ausstrahlten, dass ich wegblicken musste. Stattdessen schaute ich auf die Decke in Calebs kleinen Händen.

»Du würdest das nicht tun.« Er blinzelte und nickte deutlich, um mir zu zeigen, dass er Recht hatte.

»Gib das her.«, sagte ich und riss ihm die Decke aus den Händen. »Da wäre ich mir außerdem nicht so sicher, wenn ich du wäre.«

»Bin ich aber.«, erwiderte er und hob trotzig sein Kinn. »Du könntest mich jederzeit töten und das hast du nicht. Ich vertraue dir.«

»Ich hebe mir das für einen besonderen Tag auf, an dem ich eine besondere Aufheiterung brauche.«, entgegnete ich und stieg aus dem Bett.

»Du bist nicht wie sie. Ich will nicht, dass du wie sie bist. Deinetwegen hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben Hoffnung, als du mir meinen Namen gabst und ich nicht mehr nur eine Nummer war. Ich bin jemand mit einer Identität und niemand vor dir hat sich die Mühe gemacht mir etwas so Kleines wie einen Namen zu geben.

Und ich glaube, dass du anders bist als die dunklen Neyfrem. Du kannst immer noch entscheiden was du tust. Niemand kann dich zwingen etwas zu machen, was du nicht willst. Also bitte Hilf uns. Viele der Kinder hier werden erzogen, um zu dunkle Neyfrem zu werden und deshalb tun sie auch schreckliche Dinge. Du warst vorher schon keine böse Person. Wirst du uns helfen?«

»Ich habe dir gesagt du sollst mir nicht jeden Tag einen Vortrag halten.«, sagte ich gereizt und ging ins Bad, um mich fertig zu machen. »Nur, weil du das jeden Tag wiederholst wird es nicht in Erfüllung gehen.«, rief ich ins andere Zimmer. Er folgte mir und plapperte weiter. Ich hörte ihm gar nicht mehr zu, so satt hatte ich seine Hoffnung. Jeden Tag wollte er mich mit seiner Kindlichen Naivität davon überzeugen, dass ich noch einen eigenen Willen hatte. Seine Hoffnung ging mir immer mehr auf die Nerven, aber egal was ich zu ihm sagte er ließ einfach nicht davon ab.

Nach einer viertel Stunde war ich fertig und ging zurück ins Zimmer, wo Caleb bereits das Bett gemacht hatte und meine Trainingskleidung rausgeholt hatte.

»Ich habe viel darüber nachgedacht, wie ich dir beweisen kann, dass du anders bist.«, begann er wieder und sah mir tief in die Augen. Jedes Mal wenn er das tat, fühlte es sich an, als ob er in meine Seele sah oder in das was davon übriggeblieben war. »Jeder hält mich für verrückt, dafür dass ich mit dir Zeit verbringen will und mich freiwillig gemeldet habe, dir zu helfen. Aber ich vertraue dir und weiß, dass du nichts tun würdest, um mich zu verletzen. In dem ich dir das erzähle lege ich mein Leben in deine Hände.«, sagte er und schaute auf seine zitternden Hände runter.

»Verschon mich. Ich muss los. Erzähl mir dein Geheimnis ein anderes Mal.«, sagte ich uninteressiert, aber er ließ sich wie immer nicht abwimmeln. So dickköpfig wie er war.

»Meine Mutter wurde von einem Soldaten vergewaltigt. Sie war eine der Sklavinnen. Deshalb wurde ich auch hier geboren.«, erzählte er nervös.

»Aha okay.«

»Der Soldat war ein dunkler Neyfrem.«, half er mir auf die Sprünge.

Ich sah ihn an und erwiderte erst nichts. Diese Halbeportion schaffte es jedes Mal mich zu überraschen. Er war wie fast alle dunklen Neyfrem ein Halbblut. Wenn er seine Mutter oder sein Vater umbrachte, würde er zum dunklen Neyfrem werden. Wenn Mehyl das wissen würde, dann würde er ihn zwingen seine dunkle Seite zu aktivieren und ihn mit den anderen Kindern dazu trainieren später zu seinen Soldaten zu werden.

Dark Neyfrem #2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt