~19.1~

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Freyas POV

Ivy ging auf den Anführer der Gruppe zu und grinste ihn breit an. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Ich fand mich den Göttern dankend vor, dafür nicht an seiner Stelle zu sein. Der Anführer der Gruppe versuchte seine Mine unter Kontrolle zu haben, aber scheiterte kläglich. Seine Mundwinkel zuckten unkontrolliert.Man konnte ihm ansehen, dass er sich vor Ivy fürchtete. Jeder würde es in seiner Situation. Sie hatte alleine die Hälfte seiner Männer umgebracht. Ich war mich nicht einmal mehr sicher, ob sie noch etwas Menschliches in sich hatte. Alles was sich ihr in den Weg stellte, beseitigte sie ohne mit den Wimpern zu zucken. Sie war nicht mehr dieselbe. Zwar hatte ich sie nicht besonders lange gekannt, bevor sie sich in dieses Monster verwandelt hatte, aber es war als hätte eine vollkommen andere Person ihren Körper übernommen.

Den Ausdruck in ihren Augen -als sie aus dem Wald zurückgekommen war- würde mich wohl noch in meinen Alpträumen jagen. In ihnen war kein Leben mehr gewesen. Sie waren vollkommen kalt und tot. Ihr Mund verzehrt von einem dunklen Lächeln. Wie konnte ich nur so dumm gewesen sein. Fast hätte ich Caleb geglaubt, als er sagte, dass Ivy immer noch auf unserer Seite war. Er hatte so überzeugt geklungen. Als ich gesehen hatte, wie Ivy den ganzen Tag mit ihm umgegangen war, hatte ein kleiner Teil in mir Hoffnung geschöpft.

Ivys kam dem Anführer so nah. Er musterte sie ängstlich. Und ich wusste genau was er sah. Ihre Kleidung und ihr Dolch waren noch von dem Blut dieser armen Neyfrem durchtränkt. Ihr schien das nichts auszumachen. Wut durchfuhr das Gesicht des Anführers. Er hatte sie alle ins Verderben geführt. Niemand hatte überlebt, außer ihm. Es war seine Schuld.
Diese Neyfrem hatten gar nichts gehabt. Sie waren abgemagert gewesen und hatten verklumpte Kleider getragen. Ivy schien darauf jedoch kein Wert zu legen, was die Beweggründe dieser Neyfrem waren. Sie hatte sie einfach ab gemetzelt und Luc hatte ihr dabei geholfen. Er hatte sie nicht davon abgehalten. Es war fast sogar noch schlimmer. Luc hatte sie ihr auf dem Silbertablett serviert. Sie hatten sich nicht einmal wehren können. Ich blickte zu den zwei Leichen, die noch immer an dem Baum gebunden waren. Ihre reglosen Körper, lehnten friedlich an dem Baum, als ob sie schlafen würden. Nur das Blut, welches ihre Kleidung an der Stelle tränke, an der das Herz saß, war der Beweis, dass sie nicht nur schliefen. Schnell blickte ich weg, als es mich wie ein Schlag traf. Ich war schuld. Auch ich hatte nichts getan, um sie aufzuhalten. Nicht einmal von der Stelle hatte ich mich -seitdem wir überfallen wurden- bewegt. Auch an meinen Händen klebte Blut. Ich hatte zuvor schon Menschen getötet, aber es hatte immer einen Grund gehabt. Das hier war sinnlos gewesen. Ivy hatte es genossen. Es war ihr ein Vergnügen gewesen, diese Neyfrem zu töten. Das hatte man ihr auch noch im Nachhinein angesehen. Sie war die Jägerin gewesen und unsere anfänglichen Angreifer ihre Beute. Sie hatte schnell das Spiel der Diebe umgedreht.

Der Anführer hob sein Kinn. Er würde nicht seine Angst die Oberhand gewinnen lassen. Wollte wohl das letzte bisschen Würde, -welches ihm blieb- mit in den Tod nehmen. »Töte mich.«, hörte ich ihn zwischen zusammen gebissenen Zähne herauspressen. Ich respektierte sein Verhalten. Er war kein Feigling, wenigstens das blieb ihm noch. Sein Mut riss mich aus meiner Erstarrung. Meine Füße bewegten sich wie von selbst. Erst als ich zwischen ihm und Ivy stand, blieben sie stehen. Zach stand neben mir. Bereit für mich einzustehen.

»Ivy. Du hast ihm eine Lektion erteilt. Lass ihn gehen.«, bat ich. Ihr Blick ging durch mich hindurch, als wäre ich nur Luft.

»Des.«, blaffte sie Zach im Befehlston an. Er reagierte sofort und zog mich von ihr und dem Anführer weg. Wieso hörte Zach auf sie? Sah er nicht, dass sie auch den Anführer töten würde, wenn wir nichts taten? Ich konnte nicht mehr einfach nebendran stehen und dabei zusehen.

»Was soll das, Zach?«, schrie ich ihn, als er mich weiter hinter sich her schliff. »Bist du jetzt ihr Sklave? Tust du alles was sie sagt, ohne es zu hinterfragen?« Endlich blieb er stehen und wandte sich zu mir um. In seinen Augen funkelte Wut. Mein Arm hielt er immer noch fest, wie bei einem bockigen Kind. Es war mir nicht möglich mich seinem Griff zu entziehen. Er war schon immer stärker als ich gewesen, auch wenn ich ihn immer besiegt hatte.

Dark Neyfrem #2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt