~23.1~

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»Neeeein!«, schrie jemand und riss mich aus meinem Schlaf. »Bitte nicht! Töte mich, aber bitte lass ihn am Leben.«

Was war los? Blitzschnell schoss meine Hand zu meinem Dolch, der unter meinem Kopfkissen lag. Ich schreckte nach oben, bereit zu kämpfen. Doch unser Zimmer war leer. Ich griff nach der Streichholzschachtel und ließ die Lampe brennen. Mein Blick huschte zu Attica, die schweißgebadet in ihrem Bett lag. Was war mit ihr? War sie krank? Es sah ganz so aus, als hätte sie ein Alptraum, aber dunkle Neyfrem träumten nicht.

Jemand riss die Tür auf und stürmte in unser Zimmer. »Was ist hier los?«, fragte Luc und suchte stürmisch unser Zimmer nach Einbrecher ab. Er stand nur in Boxershorts vor mir und musterte mich von oben bis unten, als würde er nach Verletzungen suchen.

»Nichts. Geh wieder schlafen.«, entgegnete ich, während ich versuchte ihn nicht anzustarren.

Er schaute zu Attica. »Hat sie ein Alptraum?«

»So ein Schwachsinn. Verschwinde.«, wiederholte ich.

»Bitte!«, flehte Attica weiter. »Töte ihn nicht.«

»Attica!«, sagte ich, während ich mich neben ihr Bett kniete und sie wachrüttelte.

»Neein!«, schrie sie. Erschrocken riss sie die Augen auf und schlug mir mit ihrer gesamten Kraft ins Gesicht. Ich taumelte zurück und fiel mit voller Wucht zu Boden. Orientierungslos schaute sie durchs Zimmer, als wüsste sie nicht, wo sie auf einmal war.

»Attica. Bleib ruhig. Du hattest nur ein Alptraum.«, erklärte Luc sanft. Attica schien sich wirklich zu beruhigen. Ihre Augen huschten wieder zu mir. »Tut mir leid, Mayser. Ich wusste nicht, was ich tue.«

»Hast du geträumt?«, fragte ich sie unsicher.

Sie sah mich an, als hätte ich ihr größtes Geheimnis aufgedeckt. »Ja.«, gab sie geschlagen zu.

»Was hast du geträumt?«, hackte ich weiter nach.

»Das geht nicht nichts an.«, gab sie bissig zurück.

Sie hatte ständig gerufen, dass sie ihn nicht töten sollten. Als sie mir damals von ihrer Familie erzählte, hatte sie erwähnt, dass sie ihren Vater umgebracht hatte, als sie rekrutiert wurde. »Du hast von deinem Vater geträumt.« Attica blickte unsicher auf die Kette die sie trug. Die sollte mich davon abhalten in ihre Gedanken einzudringen. »Ich habe nicht deine Gedanken gelesen. Du hast mir mal von ihm erzählt.«

Sie schien sich etwas zu entspannen. »Hör auf. Du wirst die Antworten nicht mögen. Sie würden alles zwischen uns verändern.«

»Luc, geh.«, forderte ich ihn zum tausendsten Mal dazu auf. Als er wieder keine Anstalten machte zu verschwinden, hängte ich ein: »Bitte« hinzu. Endlich schien er aus seiner starre zu erwachen und ging.

»Wer hat dich gezwungen ihn zu töten?«, fragte ich sie vorsichtig.

Sie schwieg. Ich dachte schon, dass sie mir nicht antworten würde, als sie leise »Mehyl.« sagte. »Es war wie bei dir auch seine Prüfung mich zu rekrutieren. Er hat mich dazu gebracht ihn zu töten. Mein Vater hat mich angefleht es zu tun. Er wollte nicht, dass Mehyl seine Warnungen meine Geschwister zu töten durchzog.«

Das hatte sie mir schon erzählt. Sie hätte lieber ihre Halbgeschwister sterben lassen, als ihren Vater, aber sie wusste, dass ihr Vater das nicht wollte. Ich hatte als wir abgemacht hatten uns gegenseitig zu helfen, schon gewusst, dass sie Mehyl töten wollte, aber jetzt wurde mir klar warum. Das einzige was ich nicht verstand war, warum sie mir die Träne gegeben hatte, wenn sie damit Mehyl hätte töten können.

Dark Neyfrem #2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt