~16.3~

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Dieser Ort fühlte sich unglaublich an. Es war reine Energie, die um mich floss. Was vorhin Licht gewesen war, lag jetzt im Schatten. Statt einer hellen Säule gab es hier eine Säule, die aus Dunkelheit bestand. Es war als würde die Säule der Umgebung Dunkelheit entziehen. Sie war aber genau wie die andere aus Fasern. Doch statt Licht abzugeben, saugten sie das Licht in sich auf. Die Säule hier war jedoch viel größer, als die zuvor in dem Licht. Es war hier zwar Dunkel, aber nicht wie vorhin in der Dunkelheit. Nein. Diese Dunkelheit war anders. Ich spürte sie in meiner Seele. Es war, als wäre sie schon immer ein Teil von mir gewesen. Es war das komplette Gegenteil zu dem Ort an dem Nalhyka war. »Wow. Wo sind wir hier?«

»Das ist mein liebster Ort.«, gestand er.

»Das glaube ich dir aufs Wort.« Ich ließ den Ort auf mich einwirken. Jede Faser meines Geistes lechzte danach diesen Ort in sich aufzunehmen. Obwohl sich vorhin die Energie des Lichts gegen mich gewehrt hatte, zögerte ich keine Sekunde meine Hand auszustecken und die pulsierende schwarze Energie zu berühren. Ich zog die Energie in mich auf und ließ sie wieder laufen. Es fühlte sich so an wie zu atmen. So musste sich ein ertrinkender fühlen, wenn er nach Luft schnappte. Mit Zugriff auf so viel Energie würde man unbesiegbar sein. Wie mächtig musste Charon sein, wenn er so viel dieser Energie besaß.

»Ich nenne es das schwarze Herz.«, sagte er nach einiger Zeit. Das war ein sehr passender Name, da es sich genauso anfühlte. Die Energie pulsierte immer und immer wieder. Sie lebte und bewegte sich.

»Und die Energie von vorhin?«

»Das nenne ich den tropfenden Fass.«, erklärte er und lachte, als habe er einen Witz gemacht. Ich verstand nicht, was er damit meinte. »Du musst verstehen, dass das die Existenz der Seelen ist. Jede Seele die entsteht stammt aus dieser riesigen Masse. Die dunklen Neyfrem und noch wenige weitere Rassen, wie beispielsweise die Ivoks, bekommen ihre Seelen aus dem schwarzen Herz. Die Neyfrem, Mensch, Zoyats und viele anderen bekommen ihre Seelen auf dem tropfenden Fass.« Das ergab irgendwie sinn. Irgendwo her mussten unsere Seelen schließlich kommen.

»Wieso ist diese Energie so viel mächtiger, als die des tropfenden Fasses?«, fragte ich. Ich hatte es nie für möglich gehalten, dass ich so etwas mal erleben würde. Und hier war ich nun und bekam eine persönliche Führung von der Kreatur, die diesen Ort führte. Es war als hätte ich den Jackpot gewonnen.

»Wenn jemand stirbt kann man sich entscheiden weiter zu existieren, so wie Nalhyka oder seine Existenz aufgeben.« Das fand ich irgendwie eigenartig. Es wäre mir nicht in den Sinn gekommen, dass man nach dem Tod noch eine Wahl hatte. »Auf der Seite des Lichtes entscheiden sich viele weiter zu leben, aber hier gibt es für fast alle nur die Option die eigene Existenz zu vernichten.« Ich hätte lieber hier die Ewigkeit verbracht, als in dem Ort an dem Nalhyka war. »Die Seelen derer, die sich entscheiden ihr Dasein aufzugeben, kehren dann zurück zu dem schwarzen Herzen. Wenn du willst kann ich dir zeigen, was mit den Seelen auf dieser Seite passiert, die sich entschieden haben hier zu bleiben.« Das war faszinierend. Wie konnte das alles wirklich existieren. Es war wie ein Uhrwerk, dass im Hintergrund versteckt vor den Augen aller, ratterte und so die Uhr zum Ticken brachte.

»Und wie entstehen neue Seelen?«, überging ich seine Frage.

»Wenn ein Kind entsteht löst sich ein Teil aus der Masse und nistet sich bei dem ungeborenen ein. Hast du dich noch nie gewundert, warum dunkle Neyfrem so viel mächtiger sind, als die normalen Neyfrem.« Ich wusste nicht wie ich darauf antworten sollte. Natürlich waren mir solche Fragen schon mal durch den Kopf gegangen, aber es war nichts, womit ich mich lange auseinandergesetzt hatte. Es waren nun mal die Regeln in der Welt, in die ich hineingestolpert war.

»Das dunkle Herz ist so viel mächtiger, als der tropfende Fass, weil die Seelen fast immer wieder zurückkehren.« Hieß das, dass ich eine benutzte Seele hatte? »Ich habe den tropfenden Fass so genannt, weil die Seelen wie Tropfen aus dem Fass verschwinden. Ständig muss ich den Fass mit heller Energie auffüllen, damit neue Wesen entstehen können. Doch er tropft weiter und weiter. Die ungeborenen die eine Seele aus dem dunklen Herz bekommen, erhalten eine Seele mit so viel mehr Energie, als die aus dem tropfenden Fass.«

Dark Neyfrem #2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt