~25.3~

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Alle Blicke wanderten zu mir, so als hätten sie mich erst jetzt bemerkt. Sie warteten auf meine Antwort. 

»Sag ihnen die Wahrheit.«, bat mich Luc in Gedanken.

»Warum sollte ich?«, fragte ich genervt zurück.

»Du schuldest mir noch etwas.«, sagte er verzweifelt.

»Wovon redest du?« War er jetzt vollkommen von Sinnen? Warum war ihm das hier überhaupt so wichtig?

»Damals als Jay vergiftet wurde und ich dir geholfen habe, meintest du das du mir etwas Schuldest.«

Ich versuchte mich daran zu erinnern, aber es war sehr lange her. Luc schien zu merken, dass ich mich nicht mehr daran erinnern konnte, denn er zeigte mir den Augenblick.

Es war eine kurze Erinnerung, aber er hatte Recht. Ich hatte ihm damals wirklich ein Gefallen versprochen. Und selbst dunkle Neyfrem mussten ihr Wort halten. Irgendwie fühlte ich mich verpflichtet es auch zu tun.

Ich wollte gerade anfangen Lucs Geschichte zuzustimmen, als Des Stimme in meinem Kopf erklang. »Wag es ja nicht, etwas zu sagen. Sonst glauben sie dir auch nie wieder. Sollen sie halt glauben, dass Luc verrückt ist. Du brauchst ihn nicht immer zu verteidigen.«Mein Blick huschte schnell zu Des.  Wann hatte ich Luc jemals verteidigt?

»Ich schulde ihm noch etwas.«, erwiderte ich genervt. Des setzte sich aufrechter hin, verzog aber nicht seine Mine. Er schien zu überlegen und abzuwägen ob er etwas sagen sollte.

Er schwieg kurz. »Dieser verdammte..... Ich wollte mir das eigentlich noch aufheben, aber mir Schuldest du auch noch etwas.«, rang er sich schließlich zu sagen.

»Was ist mit dir und Luc los? Merkt ihr euch so etwas eigentlich, um es im schlechtesten Moment auszupacken?«, fragte ich ihn genervt. »Wofür schulde ich dir jetzt etwas? Zeig mir deine Erinnerung. Dann kann ich sehen, ob es die Wahrheit ist.«

Er zeigte mir eine Erinnerung. Wir saßen unter dem Baum, in dem Dolch.

»Ach? Meine Hilfe? Erinnre mich bitte kurz daran, warum ich dir helfen sollte?«, fragte er verwundert und lächelte, scheinbar froh, dass ich ihn um Hilfe bat. »Wenn ich mich recht erinnere -und das tue ich, da es keinen Tag her ist- hast du meine Seele in einen Dolch gesperrt und mich seitdem von Wesen jagen lassen, die mich unzählige Male zerfleischt haben. Ich wurde erstochen, gesteinigt, verbrannt und mit einem Stein am Fuß ertränkt. Ständig sterbe ich auf grausame Art und dennoch verlangst du nach meiner Hilfe?«

Er sah mich wütend an, aber dennoch lag etwas Weiches in seinem Blick.

»Also wie ich es sehe, könntest du es hier drin noch viel schlimmer haben.«, drohte ich. »Du siehst also, du würdest dir damit selber einen Gefallen tun.«

Er setzte sich endlich auf, lehnte sich an den Baum und verschränkte die Arme vor seiner Brust. Des sah mich durchdringlich an und überlegte. »Nein. Überzeugt mich nicht. Ich will etwas im Gegenzug für meine Hilfe.«

»Und was?«, fragte ich ihn genervt.

»Du schuldest mir etwas. Und wenn es an der Zeit ist, dann gewährst du mir meinen Gefallen ohne Widerrede.«, forderte er.

»Das wünscht du dir?«, fragte ich ihn verwirrt. »Warum nicht, dass ich dich hier raushole?«

»Das wirst du auch so tun.«, sagte er selbstsicher und lachte.

»Ach denkst du, ja?« Ich lachte. »Wie auch immer. Abgemacht.«

Mit diesen Worten endete die Erinnerung. Wieso hatte ich noch so viele offene Rechnungen. Wie konnte ich früher nur so dumm gewesen sein? So leicht mit Versprechen umzugehen, als würden sie nichts bedeuten. Luc und Des konnten alles von mir verlangen und ich würde keine andere Wahl haben, als dem nach zu gehen. Dieses naive Mädchen von früher, hatte mir so viele Steine in den Weg gestellt.

Dark Neyfrem #2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt