~6.2~

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Die Hütte in der sie wohnte war nicht besonders groß. Es bestand aus einen großem Schlafzimmer. Es gab weder ein Bad noch eine Küche. Das junge Mädchen, dass sich als Day vorgestellt hatte, erzählte uns, dass ihre Mutter bald heimkommen würde. Sie war die Hasenfallen ausleeren gegangen, damit sie heute Mittag etwas Proteinreiches zum Essen hatten. Zusammen zündeten wir draußen vor der Hütte das Lagerfeuer an und bereiteten Kartoffeln in einem Spieß vor, um sie auch über dem Feuer zu grillen.
Während wir Day halfen erfuhren wir mehr über sie. Umso mehr sie mir von sich erzählte, umso leichter würde es mir fallen es gegen sie zu richten. Ohne das sie es bemerkte stieg ich in ihre Gedanken und holte mir mehr nützliche Informationen. Es würde schwer sein sie dazu zu bringen, ihre Mutter zu töten. Die Zwei waren sehr verbunden und das wichtigste für sie war für einander da zu sein, da sie sonst niemanden hatte. Ihr Vater hatte sie verlassen und ihre Mutter war diejenige gewesen die sich um sie ihr Leben lang gesorgt hatte. Und das obwohl es schwer für die beiden gewesen war. Ihre Mutter konnte Day nicht anfassen. Day besaß die Fähigkeit durch eine Berührung eine so starke elektromagnetische Ladung abzugeben, dass die berührte Person augenblicklich starb. Jede Nacht jagten sie die Bilder der drei Personen die sie getötet hatte. Eines der Opfer war in ihrem Alter gewesen. Es war ihre beste Freundin gewesen. Versehentlich hatte sie sie berührt und sofort war sie gestorben.
Neben mir hörte ich ein Ast zerbrechen. Schnell zog ich mich aus Days Gedanken und sah mich um. Eine Frau kam auf uns zu und musterte uns skeptisch. In ihrer Hand hielt sie ein blutiges Messer. In der anderen drei Tote Hasen.
»Day? Wer sind diese Menschen?«, fragte sie ihre Tochter. Menschen? So war ich schon lange nicht genannt worden.
»Sie waren wandern und haben sich verirrt. Ich hab ihnen angeboten bei uns zu bleiben und mit den Lieferer zurück zu fahren.«, erklärte sie schnell.
»Ich habe dir doch gesagt, du sollst nicht mit fremden reden.«, sagte sie aufgebracht.
»Oh, wenn es ein Problem ist, dann gehen wir natürlich wieder. Wir wollen uns nicht aufdrängen.«, gab ich gespielt zurück.
»Ja. Geht.«, erwiderte sie kalt.
»Ma! Lass sie bleiben. Ich habe es ihnen schon versprochen.«, bat Day.
Die Frau sah ihre Tochter genervt an und nickte schließlich. »Gut. Heute sind drei Hasen in die Falle gegangen. Es gibt also genug für jeden.« Sie setzte sich ans Feuer, ohne uns eines weiteren Blickes zu würdigen und begann die Hasen zu Häuten.
Ein Plan entwickelte sich Stück für Stück in meinem Kopf. Ich musste Day nur dazu kriegen mich zu berühren.
Ich ging zu ihr rüber. Und formte meine Haut zu einem leitenden Stoff, damit mich ihre Ladung nicht verletzte. Nach wenigen Sekunden war ich fertig. »Komm ich mach dein Spieß zu Ende.«, bot ich an.
Ohne auf ihre Antwort zu warten nahm ich ihr den Spieß aus der Hand und berührte dabei absichtlich ihre Hand. Meine Hand prickelte und dieses kitzeln breitete sich in meinem ganzen Körper aus, bis sie aufsprang und den Kontakt unterbrach. »Tut mir...Tut mir leid. Das....das wollte ich nicht.«, stammelte sie.
Ihre Mutter kam zu uns geeilt und sah sie mit großen Augen an. »Was hast du getan?«, schrie sie.
»Ich...ich habe...sie berührt.«, schluchzte sie.
»Bist du dir sicher?«, fragte ihre Mutter sie sichtlich verwirrt. »Sie lebt noch.«
»Natürlich lebe ich.«, antwortete ich gespielt genauso verwirrt.
»Ich schwöre ich habe sie berührt.«, wiederholte sie frustriert.
Langsam ging ich auf sie zu und nahm wieder ihre Hand, aber hielt sie diesmal länger.
»Ist alles okey bei euch? Ihr scheint etwas verstört zu sein.«, sagte ich und ließ meine Stimme besorgt klingen. Beide versuchten ihre Mimik unter Kontrolle zu bekommen.
»Ja. Es ist nur, dass Day es sonst nie mag, wenn sie angefasst wird.«, log Days Mutter. Day packte meine Hand fester, als würde ihr Leben davon abhängen.
»Wer bist du?«, fragte ihre Mutter wieder misstrauisch
»Ich bin Ivy.«, stellte ich mich vor.
»Und du lebst auf der Erde?«, fragte sie vorsichtig.
»Nein.«, sagte ich und fügte nach einer theatralischen Sekunde hinzu. »Ich wurde in meiner Kindheit von grünen kleinen Marsmännchen entführt und lebte bis vor kurzem auf dem Mars.«
Day lachte. Doch ihre Mutter ließ sich durch meinen Scherz nicht beirren.
Day ließ endlich meine Hand los. »Vielleicht bin ich geheilt.«, sagte sie Hoffnungsvoll.
»Davon gibt es keine Heilung mein Kind.«, widersprach ihre Mutter traurig.
»Hat sie eine ansteckende Krankheit?«, spielte ich die besorgte.
»Oh nein. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«, beruhigte mich Day. Sie sah mich lange an und suchte nach einer Antwort, warum sie mich berühren konnte.
Abermals trat ich in ihre Gedanken und säte Zweifel. Ich ließ sie glauben, dass sie sich ihre Fähigkeiten nur vorgestellt hatte. Ließ die Opfer in den Hintergrund schweifen und ließ einen Funken aufflammen, der sie hoffen ließ, dass sie auch andere Personen berühren konnte, wie ihre Mutter. Day ging einen Schritt auf ihre Mutter zu. Diese schüttelte nur den Kopf. Wie gelähmt um auch nur ein Wort rauszubringen. Doch Viya verhinderte, dass Day sie anfasste. »Was auch immer du hast, Mädchen. Willst du wirklich deine Mutter anstecken?«
Ich ging auf Viya zu. »Warum, wollen Sie verhindern, dass ich die Prüfung bestehe?«, flüsterte ich ihr zu, da ich sie wegen ihrer Kette nicht telepathisch erreichen konnte. »Oder warten Sie. Ist es weil Sie nicht wollen, dass ich besser abschneide als ihr Sohn?«
Sie zuckte nur mit den Schultern. Day hatte sich wieder von ihrer Mutter entfernt. Ich drang wieder in ihre Gedanken ein und überzeugte sie, dass es ihre Mutter nicht töten würde. Sie hatte ihre Fähigkeiten verloren und konnte nun wieder jeden berühren den sie wollte. Würde sich nie wieder einsam fühlen. Ich legte meine ganze Überzeugung in die Worte. Doch bevor sie sich auch nur ihrer Mutter näherte, begann Viya auf sie ein zu reden. »Bist du dir wirklich...«
»STOPP« ,schrie ich Viya telepathisch zu. Ihre Kette platzte und die Splitter verteilten sich überall um uns herum. Schnell drehte ich mich zu Day und ihrer Mutter, doch die waren zu sehr mit sich selber beschädigt um irgendetwas mitzubekommen.
»Wie hast du das jetzt schon wieder gemacht? Verdammt!«, fragte Viya kalt und sah mich hasserfüllt an. Sie wusste, dass ihre Gedanken mir jetzt vollkommen ausgeliefert waren. Bevor sie irgendwelche Maßnahmen ergreifen konnte, drang ich in ihre Gedanken ein. Und brauchte sie dazu sich nicht mehr zu bewegen oder zu sprechen oder jeglichen Versuch zu unternehmen mich aus ihrem Kopf zu schieben. Sie bleib regungslos stehen und sah einfach nur noch zu. Ohne weiter auf sie zu achten drang ich diesmal in die Gedanken von Days Mutter. Auch die ließ ich Hoffen und erweckte den Wunsch zum ersten Mal seit sehr vielen Jahren ihre Tochter zu berühren.
Langsam gingen beide aufeinander zu und schließlich hoben beide ihre Hände und wie bei dem Gemälde von Michelangelo berührten sich ihre Zeigefinger. Ein Rucken durchfuhr den Körper ihrer Mutter. Ihre Augen weiteten sich und ein Schmerzenslaut ging über ihre Lippen. Sie fiel zu Boden und zuckte noch einige Male, bevor sie regungslos liegen blieb. Day war wie versteinert. Ihre Augen füllten sich mit Wasser und einzelne Tränen liefen über ihre Wange, bevor sie sich auf die Leiche ihrer Mutter warf und heulte. »Was hab ich nur gemacht?«, schluchzte sie. »Ich habe sie getötet. Jetzt habe ich niemanden mehr.« So lag sie einige Zeit da und weinte um ihren Verlust, bis schließlich keine Tränen mehr kamen und sie sich aufrichtete.
»Was passiert mit mir?«, fragte sie. Sie weinte nicht mehr und die Trauer in ihrem Blick war durch eine eisige Kälte ersetzt worden. »Ich fühle nichts mehr. Mit jeder Sekunde ist es unwichtiger, dass ich meine Mutter getötet habe.«
»Du bist nicht allein.«, sagte ich, diesmal war ich aber ich selbst. Ich täuschte keine Trauer oder andere Gefühle die ich nicht hatte vor. »Du kannst mit uns kommen.«
Ich streckte ihr meine Hand hin. Ohne sich zu fürchten mich zu töten ergriff sie sie.
»Müssen wir die Mutter auch mit nehmen?«, fragte ich Viya in Gedanken.
»Ja.«, antwortete sie.
Um alles schnell zu Ende zu bringen, ging packte ich die Hand von Days Mutter und befahl Viya mir gleich zu tun. Im nächsten Augenblick teleportierte ich uns zurück in die Trainingshalle.
Attica kam auf uns zu. »So schnell? Ihr wart nur drei Stunden weg.«, sagte sie erfreut.»Viya haben Sie es ihr nicht schwer genug gemacht?«
Also war es geplant, dass sie es verhindern sollte. Schnell verließ ich ihre Gedanken und ließ sie antworten. Sie erstattete detailliert Bericht wie sie mich viele Kilometer entfernt teleportiert hatte und wie schnell ich sie gefunden. Und wie ich ihre Kette zerstört hatte, damit sie nicht mehr verhindern konnte, dass ich es schaffte. »Ich habe sowas noch nie gesehen. Sie ist die stärkste dunkle Neyfrem die mir jemals begegnet ist. Zum Glück ist sie auf unserer Seite.«
»Das ist ein großes Kompliment, vor allem wenn es von dir kommt.«, sagte Attica sichtlich erstaunt. Viya nickte und ging ohne ein weiteres Wort.
»Bist du verrückt geworden. Weiß du nicht wer sie ist? Sie wird es nicht vergessen, dass du sie kontrolliert hast.«, sagte Attica wütend. »Du wirst es nicht kommen sehen aber sie wird Rache dafür nehmen. Niemand weiß was ihre Fähigkeiten sind, aber die ist eine der gefährlichsten Neyfrem überhaupt. Du weißt nicht, wem du dir da zum Feind gemacht hast.«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Aber auf jeden Fall ist es beeindruckend. Noch nie hat es jemand so schnell geschafft einen dunklen Neyfrem zu rekrutieren. Du hast den ersten Platz ergattert und dafür wirst du, wenn alle anderen zurück sind, deinen Preis bekommen.«, versprach sie und wandte sich an Day und ihre tote Mutter. »Mayser du kannst jetzt gehen. Ich werde mich um die beiden kümmern.«
Ohne ein weiteres Wort ging ich und ließ Attica mit der gleichgültigen Day und ihrer toten Mutter zurück.

Dark Neyfrem #2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt