~6.3~

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Sieben Stunden nach mir erschien Hiyon von seiner Prüfung, mit Des, einem Jungen un dessen toten Mutter an seiner Seite. Sein Blick zeigte, wie selbstsicher er war diese Prüfung zu gewinnen, bis er mich sah. Hiyons Blick verfinsterte sich sofort. Eigentlich hätte ich jetzt frei gehabt, aber Attica hatte darauf bestanden, dass wir trainierten, da der Zweikampf mir am schwersten fiel. Und so hatten wir bereits seit vier Stunden nichts anderes gemacht. Mein ganzer Körper schmerzte, an den vielen Stellen, an denen Attica mich getroffen hatte. Meine Treffer waren im Vergleich eher spärlich ausgefallen. Als Attica sah, dass Hiyon zurück war gingen wir auf sie zu. Des begann sofort zu schildern, wie Hiyon nach einigen Stunden bereits seinen Neyfrem gefunden hatte. Er hatte eine Illusion erschaffen und den Jungen glauben lassen seine Mutter wäre ein Mann der ihn angreift. Des war dazwischen gegangen und hatte den Jungen daran gehindert seine Mutter zu töten. Doch Hiyon hatte nicht aufgegeben und eine Illusion erschaffen, die den Jungen sehen ließ, dass Des seine Mutter war. Des hatte die Illusion selber nicht sehen können, da er die Kette um den Hals trug, die verhinderte das Hiyon ihn beeinflusste. Jedoch hatte er die Auswirkungen gesehen, die die Illusion verursacht hatte. Wie ein verrückter hatte sich der Junge vor Des geworfen und vor den Angreifer geschützt. Des ging abermals dazwischen und bildete eine Wand aus Wasser zwischen der Mutter und seinem Sohn. So verhinderte er, dass beide sich sehen konnten und Hiyons Illusionen ihre Wirkung zeigten. Daraufhin gab Hiyon auf und nahm sein Schwert. Er ging auf ihn zu und wollte auf Des einschlagen, doch Des zog sein Schwert und beide Kämpfen. Hiyon war im Nachteil, also beeinflusste er den Jungen, der auf der gleichen Seite der Wassermauer war wie Hiyon und Des, Des ebenso anzugreifen. Des wehrte ihn ab und holte mehr Wasser aus einem naheliegenden Fluss. Er ließ die bereits errichtete Mauer mit dem neuen Wasser vermischen und zu einem Kreis um Hiyon und sich selbst wachsen. Da Des Hiyon nur aufhalten durfte und nicht besiegen, ging der Kampf einige Stunden. Hiyon schaffte es endlich Des Kette zu erwischen und Schnitt sie ihm vom Hals. Schnell schuf er eine Illusion vollkommener Blind- und Taubheit und ließ Des zurück, während er -mit seinem ursprünglichen Plan- den Jungen dazu brachte seine Mutter umzubringen.
Hiyon sah mich hochmütig an. »Niemals hast du meine Mutter besiegt.«, sagte Hiyon im herablassenden Ton.
Ich zuckte nur mit den Schultern und ging nicht weiter auf seine Provokation ein. Attica entließ Des und gab mir zu verstehen, dass unser Training gleich weitergehen würde.
Am liebsten wäre ich einfach gegangen, doch stattdessen begleitete ich Des raus, während Attica mit Hiyon sprach.
»Beeindruckend. Du hast Des Fähigkeiten schon sehr gut unter Kontrolle.«, flüsterte ich.
Er lachte. »Ich habe geübt. Und die Wand aus Wasser zu erschaffen war nicht besonders schwer. Aber ich denke als rechte Hand von Mehyl sollte ich die Fähigkeiten schneller beherrschen, sonst kann ich auffliegen.«, erwiderte Des. »Ansonsten gelingt es mir ziemlich gut ihn zu spielen. Ihn kannten hier alle nur flüchtig. Er war meistens im Außeneinsatz.«
»Gut. Ich wusste, dass du die richtige Personen für diesen Job warst. Hast du schon was über Mehyls Pläne in Erfahrung gebracht?«, fragte ich. Er schaute mich an und verdrehte dann die Augen.
»Du willst nach zwei Tagen Resultate?« Er lachte wieder.
»Du solltest nicht so viel Lachen. Dunkle Neyfrem Lachen nicht so viel. Und wenn nur um andere zu verunsichern.«, erklärte ich.
»Des ist kein dunkler Neyfrem. Er hat nur die Seite gewechselt. Also kann er so viel lachen wie er will. Und ich lache nur wenn ich bei dir bin. Andere starre ich nur an, ohne Gefühl in meinem Blick.« Er setzte seine eiskalte Maske auf und tatsächlich sah man keine Gefühlsregung in seinen Augen. Es war als wäre er als dunkler Neyfrem geboren worden. Nichts deutete auf Schwäche hin.
»Sehr überzeugend.«, gab ich zu.
Ohne seine Mimik zu verändern verabschiedete er sich und ließ mich für mein Training zurück. Hiyon lachte spöttisch. »Viel Spaß beim Training. Und wirst sehr viel davon benötigen, um mich zu besiegen.« Er verschwand mit amüsierter Mine, obwohl ich es war, die ihn gerade besiegt hatte.

»Lass dich nicht provozieren. Du wirst siegen. Und jetzt los. Greif mich an.«, versicherte Attica. Ich tat was sie verlangte und schlug zu. Was wie sonst auch nur ein Schlag in die Leere war, denn Attica hatte sich wieder weg gedreht und hatte selber zum Angriff angesetzt. Wir trainierten weiter, bis die Sonne untergegangen war. Kein anderer kam währenddessen aus der Prüfung zurück. Während ich mich auf dem Weg zu meinem Zimmer machte, dachte ich über Attica nach. Noch war mir nicht klar, was ihre Gründe waren mir mit Des zu helfen. Als eine von Mehyls Generäle genoss sie sehr viele Annehmlichkeiten. Was mochte sie dazu bewegen das alles für mich aufs Spiel zu setzen? Wenn ich es mir recht überlege, war das auch nur wegen ihr möglich gewesen. Sie hatte mir den Dolch geschenkt. Und der Gedanke, dass ich zuerst Des umbringen würde lag bestimmt nicht fern. Irgendetwas hatte sie vor und ich musste herausfinden was es war. Auch wenn ich dafür Des Hilfe brauchen würde.

Der Dolch lag leicht in meiner Hand, so als würde er mir beweisen wollen, dass es nicht schwer sein würde mit ihm zu töten. Einige Male schwang ich es hin und her, bevor ich mich auf eins der Steine konzentrierte, in dem Des gefangen war und hineintrat. Sobald ich drin war stand ich vor Des. Heute während der Mittagspause hatte ich ein wenig an dem Design gearbeitet. Mit der neuen Innenausstattung war ich sehr zufrieden. Das Gefängnis war verschwunden und stattdessen stand ich jetzt im Wald an einer Lichtung, umringt von einem Kreis aus Feuer. In der Mitte war ein Scheiterhaufen, auf dem Des angebunden war.

»Des. Lange Zeit nicht gesehen.«, begrüßte ich ihn. Er hing kraftlos am Pfahl und sah nicht einmal auf, als ich mit ihm sprach. Seine Augen waren leblos auf den Boden gerichtet. Es sah fast so aus, als würde eine Leiche angebunden sein. Etwas in mir regte sich, doch ich wusste genau, dass es kein Teil von mir war. Es war ein Schatten von dem, was ich einmal gewesen war. All diese Gefühle die ich einst mit mir hatte rumtragen müssen und all die Schuldgefühle, wegen Nalhykas Tod. Doch dieses Echo meines früheren Ichs hatte keine Macht über mich. Ich hatte diese Last losgelassen und war jetzt nicht mehr ein jämmerliches etwas, dass sich wegen alles beschwerte. Jetzt war ich frei. Es war ein Gefühl, als könnte man fliegen, etwas das ich noch nie zuvor gespürt hatte. Aber so würde ich keine Antworten aus Des herausbekommen, wenn er nicht mal zum Reden in der Lage war. Ich stieg auf den Scheiterhaufen und nahm Des Arm. Ohne diesen Ort zu zerstören, stieg ich aus diesem Kristall im Dolch in ein anderes. Dieses hatte ich schöner gestaltet. Wir standen mitten auf der Wiese an unserem Bach. Die Sonne ging gerade unter und schickte ihre letzten Strahlen Licht an uns. Des sackte bewusstlos an einen Baum und sah in diesem Licht nicht mehr so tot aus, wie zuvor. Jetzt musste ich nur noch abwarten, bis er aufwachte.

Dark Neyfrem #2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt