~25.2~

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Es war eine riesige Halle, in deren Mitte ein langer Tisch aufgestellt worden war.

Wir schienen zu den letzten zu gehören, die heute Abend anwesend sein würden. Die Anführer standen in der Halle verteilt in Gruppen und unterhielten sich angeregt. Sie hatten schon ihre Bündnisse und Verbündete, das sah man sehr deutlich. Es würde schwer für mich werden hier Bündnisse zu schließen. Ich war seit Jahren nicht anwesend gewesen. Des hatte diesem Treffen immer beigewohnt. Irgendwie war ich gespannt wie er sich in dieser Umgebung verhalten würde, denn ich konnte ihn mir in Gegenwart all dieser Anführer nicht vorstellen.

Seine Haltung wurde steifer und er hob stolz sein Kinn, so als hätte er mich gehört. Des warf mir einen Seitenblick zu, bevor er mir seinen Arm anbot, damit ich mich bei ihm unterhackte. Was ich auch tat. Nicht, weil ich seinen halt brauchte, sondern weil es von mir erwartet wurde.

Unsere Blicke glitten durch die Halle. Nur meine Cousins konnte ich nirgends entdecken, sie schienen noch nicht angekommen zu sein. Attica und Luc waren schon anwesend und standen in zwei verschiedenen Gruppen. Wäre es nach mir gegangen hätte ich mich zu Atticas Gruppe dazugesellt. Des lenkte mich jedoch selbstbewusst auf Lucs Gruppe hin. Widerstrebig ließ ich es zu und ging neben ihn her. Ich versuchte mir seine Anweisungen von gestern ins Gedächtnis zu rufen und passte meine Haltung und Miene seiner an. Es fiel mir nicht sonderlich schwer. Seit ich bei den dunklen Neyfrem war, hatte ich mich genauso verhalten müssen. Mit einem gleichgültigen Blick starrte ich in die Gruppe.

»Mayser Arllés. Die Anführerin der Arllés.«, stellte mich Des vor. Die Anführer der anderen Völker nickten höflich. Keinem von ihnen fiel auf, dass Luc diese Höflichkeit überging. Seine Augen bohrten sich förmlich durch mich hindurch. Etwas in seiner Miene ließ mich unruhig werden. Es war mir unangenehm, dass er mich so unverblümt anstarrte. Ich wollte möglichst wenig ansehen erregen. Sollte er so weiter machen würden die Anwesenden falsche Schlüsse ziehen. Mein einziges Anliegen war meine Cousins. Die musste ich finden und bezirzen mit mir zu kommen. Für andere Dinge hatte ich keine Zeit. Ich schaute mich noch einmal um, doch von ihnen gab es keine Spur.

Lucs Blick hing immer noch eisern an mir. Erst als Des sich leise räusperte, glitt sein Blick zu ihm, als habe er ihn gerade erst bemerkt. Seine Miene verdüsterte sich, als er unsere ineinander verschränkten Arme sah.

Die Begleiter der anderen Anführer stellten auch ihre Oberhäupter vor. Doch ihre eigenen Identitäten blieben unbekannt. So wusste ich auch nicht wer Lucs Begleiterin war, als sie begann Luc vorzustellen.

»Lucay Aypés. Anführer der Aypés.«, sagte sie förmlich.

Ihr Blick glitt danach sofort wieder zu Luc und ruhte dort, als versuchte sie ihm jeden Wunsch von den Lippen abzulesen. Wie armselig.

Auch die Anführer der Völker Phamdon Nachfahre des Poseidons, Shun Nachfahre von Hephasistos, Yardia der Blutlinie Aphrodites und Heymar Abkömmling von Hermes, standen in dieser Gruppe und wurden von ihrem Begleiten vorgestellt.

Der Anführer des Volkes Heymar war alt und trug einen langen weißen Bart. Das war also der Mann, dessen Vorfahre das Heilmittel vor den dunklen Neyfrem versteckt hatte. Ob ihm wohl bewusst war, welchen Hass die dunklen Neyfrem seit Jahrhunderten gegen sein Volk hegte? Deshalb wurden die Dörfer im Westen auch oft von den dunklen Neyfrem angegriffen. Für ein unsterbliches Volk war es unmöglich zu vergessen, dass unrecht, das ihnen Hermes angetan hatte.

Doch bald würden wir diesen Fluch brechen. Mehyl war unnachgiebig, wenn er sich ein Ziel setzte. Ich war mir sicher er würde alles erreichen, was er sich vorgenommen hatte.

Ich löste mich von Des und sah in die Gruppe. Die Anführer schienen sich schon gut zu kennen. Nur Luc schien neu dazugestoßen zu sein. Er hatte erst kürzlich seinen rechtmäßigen Platz eingenommen und das bei einem Volk, das ihm fremd war. In diesem Punkt glichen wir uns.

Dark Neyfrem #2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt