~6.1~

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Die nächsten Wochen vergingen wie im Flug. Zwischen dem Training und meiner Suche nach Zellgenossenen für Des, blieb mir kaum Zeit für was Anderes. Der neue Des bekam es immer besser hin, sich wie der echte Des zu verhalten und hatte es geschafft die Wochen heil zu überstehen, ohne dass es jemanden auffiel oder Attica uns verriet.
Als das Ende der Woche anrückte ging ich morgens zum Training. Anders als so oft war ich auch pünktlich. Ich zog meine Trainingsschuhe an und ließ mich auf die Bank nieder.
Neben mir stand Hiyon der mit einem seiner Bewunderer redete. Die Folgten ihm überall hin und bewunderten seine Herkunft und Fähigkeiten. »Ich habe gehört, dass es ein Teil der Prüfung heute schon geben wird. Stimmt das Hiyon?«, fragte er gespannt und ließ Hiyon keine Sekunde aus den Augen.
»Ja.«, sagte Hiyon knapp und ohne Begeisterung.
»Weißt du was wir machen müssen?«, fragte er.
»Wieso sollte ich es dir erzählen und so meine Chancen mindern?«, fragte Hiyon und drehte sich genervt von seinen kleinen Gefolgen weg.
Er schien enttäuscht zu sein nicht mehr Informationen aus Hiyon herausbekommen zu haben. Aber wen wunderte es schon, wenn er eine Chance hatte gut abzuschneiden würde ihm seine Bewunderung für Hiyon nicht daran hindern alles zu geben.
Attica trat ein und alle Gespräche verstummten augenblicklich. »Also gut. Heute haben wir etwas Besonderes vor.«, verkündete sie. »Wie ihr wisst werden viele von euch nach den Prüfungen als Soldaten ausgewählt. Nur wenige werden direkt in eine höhere Position gesetzt. Deshalb gehört zu eurem Training auch die Rekrutierung neuer dunkler Neyfrem. Wer selbst diese leichte Aufgabe nicht überwältigt der kann sofort vergessen es weiter zu bringen als zum Soldat. Jeder von euch wird einen Partner zugeteilt bekommen. Mit dem ihr die nächsten zwei Tage ein neuen dunklen Neyfrem rekrutieren werdet.«
Es gab ein großes Durcheinander und eine große Menge umkreiste Hiyon. Andere bildeten bereits Paare unter sich. Nur Nixon kam zu mir uns sah mich auffordernd an.
»Warum willst du mich als Partner? Ich könnte im Zweikampf dich nicht mal besiegen.«, fragte ich überrascht.
»Im Zweikampf vielleicht nicht, aber ich habe dich in deinem Fähigkeiten Training beobachtet. Auch wenn du erst anfängst, könntest du es mit fast allen hier aufnehmen. Und außerdem bist du Mehyls Schwester.« Er zuckte mit den Schultern. Als ob es einfach die Wahrheit wäre.
»Erstens: Ich sagte ihr bekommt einen Partner zugeteilt. Und Zweitens: Euer Partner wird niemand aus diesem Raum sein.«, rief Attica in das Durcheinander. »Es wird ein fertig ausgebildeter dunkler Neyfrem sein. Der euch begleiten und beobachten wird. Am Ende wird er eine Bewertung abgeben. Sie werden gleich eintreten und sich zu euch stellen.«
Die Tür öffnete sich und sehr viele dunkle Neyfrem traten ein. Unter ihnen wenige wichtige und viele unwichtige. Auch Des war unter ihnen. Ich versuchte mit ihm telepathisch Kontakt aufzunehmen, aber es misslang mir. Des trug üblicher Weise keine Kette, damit ich ihn immer erreichen konnte, doch jetzt baumelte sie um seinen Hals. Genauso über das jeden einzelnen der soeben eingetreten war.
Des kam zu mir rüber. »Bist du mein Partner?«, fragte ich ihn.
»Nein. Wir haben ziemliches Unglück. Dir wurde Hiyons Mutter zugeteilt. Und mir Hiyon.«, flüsterte er und schien mir noch etwas zu verstehen geben zu wollen, bevor er verschwand und sich zu Hiyon stellte.
Eine große Frau mit fahlem weißem Haar kam auf mich zu und stellte sich mir als Viya vor. Tatsächlich handelte es sich um Hiyons Mutter. Sie streckte mir die Hand entgegen zum Zeichen, dass ich sie zur Teleportation ergreifen sollte. Also ergriff ich sie und im nächsten Augenblick waren wir aus der Trainingshalle verschwunden. Wir standen mitten in einem Wald. Weit weg von jeglicher Zivilisation. »Hier fängt deine Prüfung an.«, sagte sie.
»Hier? Mitten im Nirgendwo?«, fragte ich. Sie nickte nur und gab mir zu verstehen, dass sie ab jetzt nur noch eine stille Beobachterin sein würde.
Ich sah mich um, konnte aber nichts entdecken, was mir weiterhelfen wurde. Also entschied ich mich einfach für irgendeine Richtung und begann zu laufen. Das war die reinste Zeit Verschwendung, so würde ich niemals irgendjemanden finden. Erst nachdem wir einige Zeit ziellos durch den Wald gelaufen waren, kam mir eine Idee. Wieso war mich das nicht sofort eingefallen?
Ich schloss meine Augen und ging die Schritte durch die ich im Training unzählige Male geübt hatte durch. Bis vor meinem Inneren Augen ein Netz aufleuchtete. Ich erkannte nur zwei Punkte. Einer Stellte mich dar und der andere Hiyons Mutter. Doch abgesehen davon konnte ich nichts weiteres im Umkreis von zehn Kilometer erkennen. Nur kleine Tiere. Nirgends konnte ich Wesen finden. Wahrscheinlich waren wir auf der Erde.
Ohne Plan, aber mit Blick auf das Netz liefen wir durch den Wald. Es kam mir ewig lang vor. Deshalb hatten wir wohl auch zwei Tage für diese Prüfung bekommen. Allein diesen Neyfrem aufzuspüren würde mindestens einen Tag dauern. Nach wenigen Metern erschien plötzlich ein weiterer Punkt auf dem Netz. Ich trat ein Schritt zurück und es verschwand. Wieder ging ich ein Schritt weiter und der Punkt erschien wieder auf der Karte. Ohne weiter darüber nachzudenken sah ich mir die Gegend in der der Punkt aufgetaucht war genauer an und packte die Hand von Viya und teleportierte uns da hin. Es war das erste Mal, dass ich mich irgendwo hin teleportiert hatte ohne den Ort gesehen zu haben. Nur durch die Umgebung die ich auf dem Netz gesehen hatte, hatte ich es geschafft.
Viya sah mich schockiert an. »Wie hast du das gemacht? Niemand kann sich teleportieren ohne den Ort zu kennen! Und woher wusstest du, dass es hier ist.«, sagte sie verwundert.
Ich zuckte mit den Schultern und tat so als würde es mich unbeeindruckt lassen, obwohl ich genauso verwundert war. Wenigstens hatten wir uns so erspart die zehn Kilometer laufen zu müssen.
Ich sah den Punkt jetzt nicht sehr weit von uns entfernt. Wir gingen durch einen schmalen Weg und versteckten uns hinter ein Gebüsch. Ein junges Mädchen saß an einem Bach und spielte mit der Erde. Sie war so jung. Bestimmt war sie gerade mal elf oder zwölf Jahre alt. Diesen Bild vor meinem Auge erinnerte mich an meine Kindheit. Schnell schob ich den Gedanken beiseite und konzentrierte mich auf das Mädchen. Sie schien alleine zu sein. »Ich werde mit ihr reden.«, flüsterte ich Viya zu und kletterte aus dem Gebüsch. Das Mädchen entdeckte mich sofort und machte Anstalten wegrennen zu wollen. »Ich werde dir nichts tun. Weiß du wo die nächste Stadt ist? Meine Begleiterin und ich haben uns verirrt.«, erklärte ich und schenkte ihr ein vertrauenerweckendes Lächeln.
»Hier kann man sich nicht verirren. Wir sind mitten in der Wildnis.«, sagte sie skeptisch.
»Wir sind hergekommen um zu wandern, aber wir haben unseren Anführer verloren. Er wusste alles über diese Wälder.«, erklärte ich.
Sie schien mir zu glauben, denn sie nickte. »Es gibt hier keine Stadt, aber ihr könnt bei uns zu Mittag essen. Morgen früh kommt ein Lieferant, der uns Essen bringt, welches wir selber nicht anbauen oder sammeln können. Er kann euch zurück in die Stadt fahren.«
»Danke. Woher kommst du? Lebst du etwa hier im Wald?« ,fragte ich sie freundlich.
»Ich lebe hier mit meiner Mutter, aber wir kommen von weit her.«, sagte sie. Wahrscheinlich meinte sie Gaia. Sie waren vor Mehyls Leute geflüchtet und wogen sich hier im Wald eines anderen Planeten in Sicherheit. »Kommt mit. Es ist nicht weit von hier.« Wir folgten ihr durch den Wald, wie ein Raubtier seiner Beute. So unwissend, dass sie genau die in ihr Haus eingeladen hatte, vor denen sie ihr ganzes Leben lang geflohen war.

Dark Neyfrem #2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt