Kapitel 18.3

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Diese Schmerzen waren kaum auszuhalten und sorgten dafür, dass ich abrupt die Feder fallen ließ, als hätte ich mich an ihr verbrannt. Sofort nahm alles wieder normale Züge an, ich konnte wieder klar und deutlich sehen, und mein Puls normalisierte sich. Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter und hörte nur ganz dumpf Soles Stimme, als würde sie meterweit von mir entfernt stehen. 

"Geht es dir gut?"

Ich nickte etwas benommen. Kalter Schweiß lief mir an der Schläfe hinab. Noch immer kniete ich am Boden, beide Hände fest auf dem Erdboden verankert. Augenblicklich musste ich wieder an dieses fürchterliche Szenario, an dieses aufkommende Gefühl denken, und ich übergab mich in der Höhle. Die letzten Reste vom Essen, beförderte ich nach draußen, was nicht sonderlich viel war. 

"Was hast du gesehen?", klang es schroff zu mir herüber.

Doch ich wusste ganz genau, dass es Torben nicht so meinte, wie er es herüberbrachte. Er wollte nur die Gewissheit darüber haben, dass es sich nicht um seine geliebte Lisa handelte. 

"Ich habe nichts gesehen", räusperte ich meine heißer gewordene Stimme. 

"Ich habe nur den Schmerz gespürt, und das, war alles andere als angenehm."

Mitfühlend strich mir Sole über den Rücken, so, als könne sie erahnen, wie es mir ergangen war. 

"So leid es mir auch tut Sherin, aber ich muss dich nochmal bitten, die Feder in die Hand zu nehmen, damit wir eindeutig wissen, um welche Person es hier genau geht."

Meine Hände zitterten bei der Vorstellung, nochmal die Hölle zu durchleben. Ich wischte mir meinen Mund ab, rappelte mich auf und sah hinüber zu Torben, der mit verschränkten Armen vor mir stand. Auch für ihn stand es wohl außer Frage, dass ich einen Rückzieher machen könnte. Also atmete ich tief durch und versuchte meinen Puls zu normalisieren, bevor ich wieder nach der Feder griff und diesmal jedoch daran dachte, unbedingt herausfinden zu wollen, um welche Person es hier ging.

Es funktionierte.

Ich lenkte meinen Geist genau dorthin, wo ich die Informationen herausbekam. 


"Na? Hast du etwa noch nicht genug?", hörte ich die Stimme des Peinigers. 

Ich befand mich in einem alten Gewölbekeller, einer Zelle. Von überall her, konnte man Wasser plätschern hören. Ich sah, wie die Gefangene ihm vor die Füße spuckte. Lisa. Ihr schönes Gesicht war mit Blut besudelt, und man konnte ihr die Misshandlung deutlich ansehen. 

Sie kann durchaus Schmerzen ertragen, ging es mir durch den Kopf.

Das Bild wurde verzerrt, und schlagartig spürte ich wieder diesen ohrenbetäubenden Schmerz, als Bodhir anfing, mit der Säge Ileijaeil, Lisas Flügel abzusägen. Erschreckenderweise konnte man ihm ansehen, wieviel Freude es ihm bereitete, Lisa solch harte Schmerzen zuzufügen. Lisas Schreie hallten in meinen Ohren wieder, als ich wieder halbwegs zu mir kam. 


"Hast du etwas sehen können?", erkundigte sich Sole vorsichtig.

Ich nickte benommen, und versuchte mich langsam aufzurappeln. Ich blickte in Torbens Richtung, als ich das aussprach, was alle bereits vermuteten. 

"Es sind Lisas Flügel."

Torbens Kiefer malmten aufeinander. 

"Ich brauch frische Luft", kam es von ihm nur kurz angebunden, bevor er das Weite suchte. 

"Das war keine Überraschung", fügte Levente sich in das Gespräch mit ein. 

"Lisa war wirklich tapfer", kam es über meine Lippen, als ich an ihre Folter zurückdachte. 

"Ja, das war sie, aber das bist du auch", lobte mich Sole.

Ich schielte hinüber zu dem anderen Paar Flügel, und fragte mich, wem diese wohl gehörten. 

"Bist du bereit dazu, weiter zu machen?",  holte mich Sole aus meinen Gedanken zurück.

Ich nickte kurz und ging langsam zur anderen Vitrine hinüber. Die Federn strahlten noch immer eine Mächtigkeit aus, als die der anderen Anwesenden. Ich hatte keine Ahnung, worauf ich mich einließ, und doch war ich neugierig darauf, was mich erwartete, beziehungsweise, wer mich dort erwartete. Ich atmete ein weiteres Mal tief durch, bevor ich die zweite Vitrine öffnete, dessen Tür leicht knarrte. 

"Du schaffst das, Kleine. Ich glaub an dich", hörte ich seine rauchige Stimme, die mir eine Gänsehaut über den Rücken jagte.

Ich dachte ernsthaft, er hätte das Weite gesucht, aber er war wieder zurückgekehrt. Dass Torben mich in solch einer unfassbar schweren Situation aus dem Konzept brachte, zeigte mir, dass ich noch lange nicht über ihn hinweg war. Aber das war mir egal. In diesem Moment, spürte ich neue Energie in mir aufkommen. Ich fühlte mich auf einmal mehr als bereit für die kommende Feder. Ich entriss der Federpracht eine einzelne Feder, und wurde direkt in das Szenario hineinkatapultiert.


Ich stand mitten in einem Kampfgefecht im Flugzeug. Das Flugzeug wackelte und knarrte von den extremen Wetterverhältnissen. Ein ziemlich drahtig gebauter Mann, der seine weiße zottelige Mähne zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte, drehte sich zu der einzigen Frau um, die sich am hinteren Ende des Flugzeuges befand. Sein Vollbart sah alles andere als gepflegt aus. 

"Du weißt, was wir besprochen haben!", rief er ihr zu.

Ihre roten langen Haare fielen ihr unachtsam ins Gesicht, als sie ihm wortlos zunickte. Irgendwo schien ein Loch im Fluggerät zu sein, zumindest war auf einmal der Luftzug enorm hoch und die Frau hielt sich mit aller Gewalt an einer Türklinke fest. Der Mann stand dort, als wäre es nur eine kleine Brise, die in das Flugzeug hineinwehte. Er nickte der Frau zu, bevor er ein: 

"Jetzt!", aus seinem Munde brachte, welches einem das Trommelfell zu zerschmettern drohte. Ohne zu zögern, und ohne Fallschirm und sonstige Sicherheitsausrüstung, öffnete die Frau die Tür und sprang hinaus. Die ekelhaften Dämonen, die ich als Kopponen wiedererkannte, hatten keine Chance, die Frau an ihrem Vorhaben zu hindern. Sie wandten sich nun wieder zu dem Mann, der ihnen auffordernd entgegengrinste und mir war nicht wirklich klar, was er damit erreichen wollte, oder war er im Begriff, etwa alles aufzugeben? Seine Frau oder Freundin hatte er bereits verloren. Erschrocken stellte ich fest, dass er nur noch einen Arm besaß.

"Pass gut auf dich auf Sherin", flüsterte er, bevor er sich frontal auf die Dämonenmasse stürzte und mich die Vision wieder hinausschleuderte.

Schwer atmend, kniete ich am Boden. 

"Ich glaube, ich habe eben meinen Vater gesehen."


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Und? Lagt ihr richtig mit eurer Vermutung, welche Personen sich wohl hinter den Flügel-Paaren verstecken?

Lasst mir gerne ein paar Kommentare da ; )

BLACK FEATHER (Wird überarbeitet)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt