Kapitel 3.1

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Ich wusste, dass mir nicht viel Zeit blieb. Mein verletztes Bein bereitete mir mehr Probleme als erwartet. Eine Entledigung meines beschädigten Beines kam nicht infrage, denn dann wäre die Situation noch unvorteilhafter, als sie ohnehin schon war.

So schnell mich meine Gliedmaßen trugen, humpelte ich davon. Der Geräuschpegel, der sich hinter meinem Rücken abspielte, verhieß nichts Gutes. 

Er hat mir tatsächlich geholfen, dieser Mann aus dem Pub ... dieser Mann mit den abgetragenen Stiefeln ...

Dann fiel der Vorhang, und ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, einen gewissen Durchblick erzielt zu haben.

Er ist derjenige aus dem Park.

Einen kurzen Moment hielt ich inne, um die aufkommende Erkenntnis einigermaßen zu verarbeiten. Ich wusste insgeheim, dass die Feder eine tragende Rolle zu spielen hatte doch inwieweit sie in das Ganze involviert war blieb mir ungewiss.

Wie aus dem Nichts schenkten mir meine Gehirnzellen eine Erinnerung aus meiner Jugendzeit wieder. Damals war ich mit meiner Freundin Moesha unterwegs zu einer Dame. Diese Hellseherin gab mir Informationen, mit denen ich damals nichts anfangen konnte, die nun allerdings weitaus mehr Sinn ergaben.

Ich flüchtete in die nächste Gasse auf der anderen Straßenseite und zückte mein Smartphone. Vielleicht war der Zeitpunkt etwas unangemessen, immerhin wollte mich gerade irgendeine scheußliche Kreatur umbringen, doch irgendwie ließ mich das Gefühl nicht los, dass die Dame von damals genau das hier prophezeit hatte.

Ich wählte die Nummer meiner Freundin Moesha, die ich bereits von Kindergartenzeiten auf kannte. Es dauerte eine Ewigkeit. Zumindest nahm ich es in diesem Moment so wahr.

"Komm schon, geh endlich ran, Moesha."

Nervös humpelte ich in der Gasse umher.

Als ich die Hoffnung schon beinah aufgegeben hatte, meldete sie sich schließlich am anderen Ende der Leitung.

"Hallo?"

"Moesha?"

"Ja, wer ist denn da?"

Ihr amerikanischer Akzent war kaum zu überhören.

"Ich bin's, Sherin."

"Das gibt's ja nicht, dass ich das noch erleben darf. Du meldest dich mal?"

Ich konnte mir bildhaft vorstellen, wie sie mit ihrer trotzigen abwertenden Haltung und ineinander verschränkten Armen vor mir stand, und mir ein schlechtes Gewissen einreden wollte. Das Schlimme daran war, dass sie es immer wieder aufs Neue schaffte.

"Ja, ich weiß. Es ist schon eine ganze Zeit lang her, seitdem wir das letzte Mal miteinander telefoniert haben."

"Eine lange Zeit? Wohl eher Jahre! Du kannst von Glück reden, dass ich noch dieselbe Nummer habe."

"Tut mir leid. Ich werde versuchen, mich zukünftig etwas öfter zu melden."

"Du rufst doch nicht einfach so an. Irgendetwas willst du doch von mir?"

"Ich merke, du kennst mich einfach viel zu gut."

"Tja, es ändert sich vielleicht vieles im Leben, aber die Grundstruktur eines Charakters bleibt immer bestehen. Na, dann schieß los."

"Kannst du dich noch daran erinnern, als du mit vierzehn bei mir zu Besuch warst und wir zu dieser Hellseherin geradelt sind?"

"Diese Schreckschraube?"

Sie lachte laut auf am Telefon.

"Logo, was ist mit ihr?"

"Du weißt nicht zufälligerweise, wo sie wohnt?"

BLACK FEATHER (Wird überarbeitet)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt