Kapitel 6.2

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Suchend schweiften meine Blicke umher.

"Welcher Schlüssel? Hier ist keiner."

Remmes stieß mich beinah mit seinem rechten ringbestückten Zeigefinger um, den er mir hart auf das Brustbein drückte.

"Du bist hier der Schlüssel."

"Ich versteh nicht ganz", wählte ich die Worte wohl bedacht. "Was soll das bitte genau heißen?"

"Du bist der Schlüssel für oben und unten, Gut und Böse, Himmel und Hölle", klärte mich Remmes endlich ein wenig auf.

"Dieses Geheimnis war bisher nur sehr wenigen Engeln bekannt. Je weniger davon wussten, desto sicherer konnten wir uns sein, dass diese Information nicht nach unten zum Fegefeuer gerät. Doch wie man sieht, scheint es wohl irgendwo ein Leck zu geben." Remmes holte tief Luft, bevor er weitersprach: "Später erkläre ich dir alles genau. Nur müssen wir uns jetzt zuallererst um Red Hunter kümmern."

Ich nickte, doch konnte ich noch immer nicht glauben, was er da eben von sich gegeben hatte.

Ich? Ein Schlüssel für beide Seiten? Aber wie? Ich bin doch nur ein Mensch aus Fleisch und Blut.

Da die derzeitige Lage alles andere als harmonisch war, versuchte ich meine Fragen, die geradezu durch meinen Kopf geschossen kamen, erst einmal für mich zu behalten, um Remmes davon zu überzeugen, dass sie mich sehr wohl in der Menschenwelt unten gebrauchen konnten.

"Ich möchte nicht hier oben bleiben und auf euch warten, während ich noch nicht einmal sicher davon ausgehen kann, dass ihr den Kampf überhaupt gewinnt."

"Kleines, wir haben bisher schon so viele Kämpfe ausgetragen, dass du dir wirklich keine Sorgen machen musst." Torben stellte sich breitbeinig mit seinen abgetragenen Stiefeln vor mir hin, und lächelte mir herausfordernd entgegen, als er seine muskulösen Arme über seine durchtrainierte nackte braungebrannte Haut legte. Seine dunklen Bartstoppeln waren kaum zu übersehen. Es gab seiner Schönheit eine unglaubliche Anziehung, gegen die ich immer wieder aufs Neue versuchte, anzukämpfen. Alleine diese Situation sorgte dafür, dass mein Herz wieder einmal aus dem Gleichgewicht geriet. Amüsiert konfrontierte er mich vor allen Anwesenden in dem alt möblierten historischen Saal mit seinen intensiven stahlgrauen Augen, als würde ich ihn tatsächlich interessieren.

Flirtet er etwa gerade mit mir? In solch einer unpassenden Situation? Gerade eben noch, hatte seine schlechte Laune den Höhepunkt erreicht, aufgrund einer gewissen Lisa, und jetzt scheint er wohl alles vor mir überspielen zu wollen?!

"Torben hat recht. Wir sind es gewohnt zu kämpfen", rechtfertigte sich Remmes.

"Auch gegen diese Viecher?", unterbrach ich ihn.

Das stille Schweigen das daraufhin folgte, dauerte mir eindeutig zu lange.

"Habe ich es mir doch gedacht. Ihr habt keine Ahnung, was diese Kreaturen alles draufhaben. Und was ist, wenn diese Frau namens Lisa sich wieder blicken lässt, die nicht gerade mal so kämpft, wie jeder gewöhnliche Koppone."

"Das ist nicht Lisa und wird es auch niemals sein!"

Torbens energischer Wutausbruch, prallte wie eine Bombe auf mich ein, bis er sich schließlich wieder etwas im Griff hatte, und die Unterredung in seinem gewöhnlich tiefen rauchigen Bariton weiterführte:

"Es ist zwar schon eine ganze Weile her, seitdem wir das letzte Mal in einer Gruppe gegen dieses Gesocks gekämpft haben, aber sie werden sich wohl in ihrer Art zu kämpfen, nicht sonderlich verändert haben. Ich spreche aus Erfahrung, da ich vor wenigen Stunden erst mit fünf Kopponen zusammengeraten bin. Die Ausnahme betrifft natürlich dieses einzigartige Exemplar, das die Haut meiner Frau trägt."

BLACK FEATHER (Wird überarbeitet)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt