Outing

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Draco pov

Ich lehne an der Wand des Salons und starre das Porträt meines Großvaters an. Er würde mich umbringen, wüsste er, was Harry und ich oben in meinem Zimmer getrieben haben. Gut, er ist nicht der Einzige, der mich umbringen würde-da ist noch mein Vater. Aber mein Großvater ist immerhin tot und kann mich nicht umbringen. Bei meinem Vater sieht das ganz anders aus. Wie meine Mutter auf meine Homosexualität reagieren würde, weiß ich nicht. Allerdings steht mein Outing nicht mehr zur Diskussion. 

Harry hat mich vor die Wahl gestellt-entweder wir outen uns endlich oder ich kann mir einen neuen Freund suchen. Irgendwie kann ich seine Verärgerung ja verstehen, wir sind schon ziemlich lange zusammen und durften es keinem sagen, damit es nicht irgendwie an meine Eltern oder gar den Tagespropheten gelangt. Erst seit wenigen Tagen wissen das Wiesel, Granger und Blaise über uns Bescheid. Seitdem muss ich mir von meinem besten Freund ständig irgendwelche schlechten Schwulen-Witze anhören. Ich hätte es gerne auch Pansy gesagt, aber diese Labertasche kann nichts für sich behalten. 

Mein Vater kommt in den Salon. Er sieht mich fragend an und blickt dann zum Porträt seines Vaters. "Hast du wieder einen Schweigezauber auf ihn gelegt?" frage ich, da mein Großvater schon stumm vor sich hin geschimpft hat, als ich herkam. "Er ist mir auf die Nerven gegangen. Wäre er nicht mein Vater hätte ich ihn schon längst in den Keller verbannt." "Das klingt doch nach einem guten Plan. Das könnte ich mit dir später machen." grinse ich ihn an. Meinen Kommentar ignorierend fragt er: "Warum so gut gelaunt?" 

Ich setze an etwas zu sagen, stoppe aber. Wie soll ich ihm erklären, dass mich der Gedanke an meinen Freund so glücklich macht? 

"Will ich es überhaupt wissen?" "Vermutlich nicht. Aber du solltest es wissen." sage ich und mache damit den ersten Schritt in Richtung Outing. Mein Vater schnippst und ein Weinglas erscheint in seiner Hand: "Für eine Unterhaltung, die so beginnt, bin ich zu nüchtern." Er trinkt einen großen Schluck und nickt mir dann zu. 

"Ähm..." beginne ich, "Also... Nun ja..." "Komm zum Punkt!" "I-Ich mag Jungs." "Und ich mag Schlangen. Worauf willst du hinaus?" "Nein, so war das nicht gemeint. Ich meine, ich will mit Jungs ins Bett gehen." Mein Vater nimmt noch einen Schluck Wein. Dann nickt er langsam. "Äh... Vater?" frage ich unruhig. "Ich versuche, nicht in alte Muster zu fallen. Gib mir noch einen Moment." Ich warte schweigend ab, bis mein Vater weiterspricht. "Gut... Du bist also schwul." Ich nicke. "Seit wann weißt du es?" Ich denke nach. "Richtig sicher, weiß ich es seit ich 14 bin." "Du bist 18! Du verschweigst es seit vier Jahren?!" "Ja?" sage ich, wobei es mehr nach einer Frage klingt. 

"Hast du einen Freund?" fragt mein Vater und setzt sich auf einen der Stühle an der langen Tafel. Ich beiße mir auf die Lippe und reibe mir den Nacken. "Also hast du einen Freund." "Ja, und ich bin wirklich glücklich mit ihm." "Wirst du ihn uns irgendwann vorstellen?" Ich nicke: "Ja, an sich gerne und irgendwann lernt ihr ihn sicher kennen, aber ich glaube nicht, dass ihr, besonders du, ihn mögen werdet." "Ist es Zabini?" "Was? Nein! Blaise ist mein bester Freund!" sage ich entsetzt. Ich kann mir nicht vorstellen Blaise zu daten. Er kennt mich so gut, dass er auf die Toilette geht, während ich mir die Zähne putze. Mit Harry ist das zum Glück noch anders. Wenn putzen wir zusammen Zähne oder duschen zusammen-auch wenn es da selten zum Duschen kommt-und wenn jemand auf Toilette geht, geht der andere aus dem Raum und schließt die Tür hinter sich. Sowas brauche ich mit meinem Freund und nicht so etwas, wie mit Blaise.

"Bring ihn doch morgen zum Abendessen mit. Ich verspreche dir, ich bin nett zu ihm und meinetwegen darf er auch über Nacht bleiben." "Ich weiß nicht..." sage ich unsicher. Harry würde sich sicherlich freuen, dass ich mich geoutet habe, aber ich weiß nicht, ob es zu schnell geht, ihn meinen Eltern vorzustellen. "Draco, ich war die letzten 18 Jahre ein furchtbarer Vater, das weiß ich selbst. Du könntest mir einmal die Chance geben, ein guter Vater zu sein. Und anscheinend hast du dich für deinen Freund geoutet. Sonst hättest du es mir nie erzählt." Mit diesen Worten verlässt mein Vater den Salon und ich bleibe allein zurück. 

~*~*~

Ein lautes Klopfen hallt durch das Haus. Ich springe förmlich auf, was den Hauselfen, der meinem Vater seinen Tee überreicht zusammenzucken lässt, weswegen er einen Teil des Tees über den Umhang meines Vaters verschüttet. Dieser reinigt wortlos seinen Umhang und lässt sich nachgießen. Mittlerweile ist er sehr viel netter zu den Hauselfen. 

Ich laufe schnell zur Tür und öffne sie. Harry steht davor. Seine schwarzen Haare hängen ihm in die Stirn und seine Brille sitzt ein wenig zu tief auf seiner Nase. "Hey." sage ich lächelnd und gebe ihm einen Kuss. "Bin ich zu spät?" fragt der Dunkelhaarige ängstlich. "Nein, du bist genau pünktlich." Erleichtert atmet Harry auf. "Wissen es deine Eltern schon? Also, dass ich heute vor ihnen stehen werde." "Nein." sage ich nur und ziehe Harry in den Flur. Er starrt mich mit seinen grünen Augen entsetzt an. "Hättest du sie nicht darauf vorbereiten können? Sie werden mir den Kopf abreißen!" zischt er leise. Ich übergehe seine Bemerkung und rücke seine Brille zurecht. Als ich mich umdrehe, stolpere ich fast über einen Hauself, der wie aus dem Nichts plötzlich hinter mir steht. 

"Verzeihung." "Ist schon gut." sage ich beruhigend und tätschle dem Elfen, noch immer ein wenig geschockt, den Kopf. "Ich soll Ihnen ausrichten, Ihre Eltern erwarten Sie bereits im Salon." Ich bedanke mich und nehme dann Harrys Hand, um ihn mit mir zu ziehen. Er folgt mir widerwillig. 

Meine Eltern stehen am Fenster und unterhalten sich, halten dabei Händchen. Ich freue mich, sie so glücklich zu sehen. Sie sind sich nach der Verhandlung wieder näher gekommen und haben sich neu ineinander verliebt. Das war vor allem für meinen Vater gut, da er nach dem Tod von Severus in ein tiefes Loch gefallen ist. 

"Mutter, Vater? Das ist mein Freund-Harry." Meine Eltern drehen sich zu uns um. Mein Vater zieht kurz die rechte Augenbraue nach oben, blinzelt einige Male und mustert Harry von oben bis unten. "Jetzt hab ich Angst." murmelt der Schwarzhaarige neben mir. "Er versucht nicht in alte Muster zurückzufallen." sage ich. Meine Mutter kommt auf uns zu und reicht Harry die Hand: "Schön dich endlich mal kennenzulernen, ohne dich töten zu sollen." Harry schüttelt meiner Mutter die Hand. 

Mein Vater scheint sich wieder gefangen zu haben und kommt ebenfalls zu uns. Als Harry die Hand greift, die mein Vater ihm hinhält, zieht dieser ihn ruckartig zu sich heran und sagt: "Wenn du meinem Sohn das Herz brichst, breche ich dir jeden Knochen, heile sie und breche sie nochmal. Und ich kann das stundenlang." Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen, während Harry nur unbeholfen stottert: "I-Ich ha-ha-hab n-nicht v-vor, ihm d-das H-Herz zu b-brechen." 

"Mach ihm keine Angst. Lasst uns essen." Ich nehme wieder Harrys Hand und wir setzen uns an den Tisch. 

Das Essen verläuft überraschend normal. Naja... So normal wie ein Essen mit den Malfoys und Harry Potter halt laufen kann. Ich glaube, "normal" ist keine Stärke von uns-dazu ist zu viel zwischen uns passiert. Harry hat sich nochmal bei meiner Mutter bedankt, dass sie ihm das Leben gerettet hat, was dann in ein sehr schräges Gespräch ausartete, was mein Vater zum Glück schnell wieder beendet hat. 

Jetzt liege ich mit meinem Liebling in meinem Bett. Harry kuschelt sich an meine Brust, hin und wieder küssen wir uns, aber die meiste Zeit hören wir einander einfach beim Atmen zu. Der Jüngere streichelt meinen Rücken, während ich seinen Nacken und durch seine Haare kraule. 

"Dray?" "Ja, Baby?" frage ich ebenso leise, wie Harry. "Danke. Danke, dass du dich für mich geoutet hast." sagt Harry leise. "Es war nicht nur für dich, aber ohne dich hätte ich es mich nie getraut." Ich gebe ihm einen Kuss auf die Wuschelhaare. "Du hättest mir das Glücksgefühl schon lassen können." grummelt mein Süßer. "Es war nicht für dich. Es war für uns." sage ich und gebe ihm einen zärtlichen Kuss auf die Lippen. 

Nach einer Weile schläft Harry in einen Armen ein. Kurz danach fallen auch mir die Augen zu und ich drifte in einen tiefen Schlaf ab.

Lucius pov

"Ich werde nochmal nach den Jungs sehen." sage ich zu meiner Frau und will mich auf den Weg machen, nach den Kindern zu schauen. "Bist du sicher? Wer weiß, was sie anstellen." "So müde, wie Harry vorhin schon war, sicher nichts mehr." sage ich und verlasse das Schlafzimmer. Die Mühe mir ein Oberteil anzuziehen, mache ich mir nicht. 

Ich gehe zum Schlafzimmer meines Sohnes und öffne die Tür leise. Draco liegt fest schlafend im Bett. Er hat die Arme um seinen Freund geschlungen, welcher sich eng an die Brust meines Sohns kuschelt. Schon lange habe ich Draco nicht mehr so glücklich gesehen. "Schlaft gut." sage ich leise und verlasse das Zimmer wieder. 

Drarry OneshotsWhere stories live. Discover now