Kapitel 57

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Etwa eine halbe Stunde später klingelte es an meiner Tür und Ceil - die beste und neugierigste Freundin der Welt - stand vor mir. In der einen Hand hielt sie eine riesige braune Tüte, aus der es himmlisch duftete und in der anderen eine Getränkehalter mit zwei Cola-Bechern der Größe XXL.

"Der Essenslieferant ist da! Bezahlt werden kann mit sehr detaillierten Informationen zur letzten Nacht", sagte sie und grinste mich breit an.

Ich tat so, als wäre ich extrem genervt, aber eigentlich musste ich schon wieder schmunzeln. Das war einfach meine Ceil. Ich ging auf die Seite, damit sie an mir vorbei ins Haus gehen konnte, warf die Tür mit Schwung zu und bereute das keine Sekunde später, da der laute Knall meinem armen, geschundenen Kopf wahrlich nicht gut tat.

Als ich im Wohnzimmer ankam, war Ceil schon am Auspacken der großen Tüte und sortierte einen Stapel für mich und den anderen für sich selbst.

Meiner war hoffentlich der größere.

Ich ließ mich wieder auf meinen Platz sinken und zog mir eine Decke über die Beine. Ceil nahm tatsächlich den größeren Stapel und platzierte ihn vor mir auf der Couch. Dann brachte sie den anderen Haufen vor sich in Positur, sodass sie mich genau ansehen konnte.

"Also, hau rein. Und wehe du lässt was aus!" Dann stopfte sie sich die erste Pommes in den Mund.

Nachdem ich ihr alles erzählt hatte - zumindest soweit ich mich erinnern konnte - saß sie erst nur stumm da und sah mich an.

„Du kannst dich echt nicht mehr erinnern?", fragte sie dann ungläubig. „Meine Fresse, Robyn! Wie viel hast du getrunken?"

Ich seufzte. „Das hat mich Mama auch schon gefragt. Und wenn ich es wüsste, dann würde ich es dir sagen. Ich hab noch nie so viel getrunken wie gestern Abend, aber es war so lustig und ich hab mich bei Dan so wohl gefühlt. Was ja auch berechtigt war, er hat mich ja gut nach Hause gebracht."

Jetzt grinste Ceil. „Wie wohl hast du dich denn bei Dan gefühlt?", wollte sie dann mit schelmisch hochgezogenen Augenbrauen von mir wissen. Ich rollte übertrieben mit den Augen.

„Mindestens so wohl, wie ich mich in deiner geschätzten Gegenwart fühle."

„Hey!", rief sie empört und warf mir eins von den Couchkissen an den Kopf, das um ein Haar in meinem Rest Mayonnaise gelandet wäre, hätte ich es nicht aufgefangen. Als ich sie wieder ansah, lächelte sie schon und ich erwiderte ihr Lächeln.

Meine beste Freundin. Sie verstand mich halt einfach.

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Die nächsten Wochen vergingen nach und nach. Nun ja, eher echt langsam die meiste Zeit, aber gut. Die Stapel auf Adrians Tisch wurden immer größer und das eine oder andere Mal mailte ich ihm auch kurz, um ihn über Rechnungen und dergleichen zu informieren. Ich war mehr als nur enttäuscht, wenn er lediglich sehr kurz angebunden antwortete.

Okay, er war schon nett, so wie immer.

Und gut, ich hatte gehofft, er würde mir in einem Roman seine Liebe gestehen.

Da das nicht passiert war, kam ich langsam auf den Boden der Tatsachen zurück: Er war mein Nachbar und ich das kleine Mädchen von nebenan, das ihm die Post sortierte.

Ceil brachte mich meistens über die Vormittage, wenn ich das Gefühl hatte, dass die Schule gar nicht mehr enden wollte und war immer für mich da, wenn ich mich mal bei jemandem auskotzen musste.

Die leidigen Nachmittage mit Fabio, an denen er versuchte mir irgendwie Chemie begreiflich zu machen, brachte ich auch mehr schlecht als recht hinter mich.

Und dann war da noch Dan.

Dan...

Ich verbrachte wirklich gerne Zeit mit ihm. Aber seit diesem Abend hatten wir uns nicht mehr getroffen. Wir hatten regelmäßig SMS-Kontakt und er klang immer ungezwungen, aber wenn ich vorschlug, mal wieder Billard spielen zu gehen, hatte er jedes Mal eine Ausrede. Also war ich ab und zu mit Ceil gegangen und inzwischen war ich gar nicht mal so schlecht. Kein Vergleich zu Dan und Adrian, aber zumindest brachte ich nun ein halbwegs gutes Spiel zustande, was meinem Selbstbewusstsein ungemein gut tat.

Ja, und dann war da noch diese Sache.

Diese Sache, die Dan mir verschwieg.

Ich hatte mehr als nur einmal versucht, noch etwas aus ihm wegen der Nacht herauszubekommen, an die ich mich nicht mehr erinnern konnte. Er sagte aber keinen Piep darüber, sondern wechselte immer nur schnell das Thema oder versicherte mir, dass nichts weiter gewesen wäre.

Allein dass er mich anlog, brachte mich schon zur Weißglut.

Irgendwann würde ich schon noch herausbekommen, was da noch passiert war.

Die Zeit, die Adrian weg war, hatte mir aber trotzdem irgendwie gut getan. Zwei Monate waren wirklich eine lange Zeit. Hatte ich anfangs noch jeden Tag an ihn gedacht, so konnte ich den Gedanken an ihn immer öfter verbannen.

Das hieß natürlich nicht, dass ich ihn vergessen hatte. Absolut nicht.

Schön wär's.

Aber ich hatte immerhin das Gefühl, mich wieder unter Kontrolle zu haben und mit der ganzen Situation einfach besser klar zu kommen.

Jetzt blieb nur noch eine Woche übrig.

Eine Woche noch, bis er zurück kam.

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„Na, wie geht's dir?" Meine beste Freundin sah mich mitfühlend an. Ich wusste genau, worauf sie anspielte, aber tat erst mal ganz unschuldig.

„Was meinst du?"

Ceil verdrehte nur die Augen. „Na, Adrian natürlich! Tu nicht so. Eine Woche noch, dann ist er wieder da."

Gut, dass sie mich daran erinnerte. Beinahe hätte ich es vergessen...NOT!

„Ach, dein Lover kommt in einer Woche wieder?" Fabio ließ sich mit einem fetten Grinsen neben uns nieder und ich konnte ein genervtes Stöhnen nicht unterdrücken. Das konnte doch nicht wahr sein, dass er genau in diesem Moment auftauchte! Irgendwie hatte Fabio es sich in den Kopf gesetzt, dass da zwischen mir und Adrian etwas lief und mit egal wie vielen Beteuerungen meinerseits, war er davon nicht abzubringen.

„Wie oft noch? Da läuft N-I-C-H-T-S zwischen Adrian und mir!" Konnte er mich nicht einfach damit in Ruhe lassen?

„Ja, hab ich schon verstanden." Überrascht sah ich ihn an. „Aber du hättest gerne, dass da was läuft." War ja klar. Der Schlag auf den Oberarm, den ich ihm verpasste, war nur allzu berechtigt.

„Autsch!", rief Fabio empört aus.

„Beschwer dich nicht, selber schuld, wenn du so eine Scheiße laberst." Die ganze Situation hatte mich ein klein wenig reizbar gemacht. Aber echt nur ein bisschen.

„Ist ja schon gut. Ich werd die Klappe halten. Und ich werd auch deinem ach so tollen Nachbarn nichts sagen." Schon wieder überraschte mich Fabio, denn ich erkannte an seiner Stimme, dass er es dieses Mal ernst meinte. Noch ein wenig verblüfft, konnte ich nur nicken.

„Na dann, wir sehen uns heute Nachmittag zum Lernen?"

„Ja klar, wie immer." Und dann sah ich ihm hinterher, wie er in der Menge verschwand.

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Soooo, hier wieder ein Update :)
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Tyskerfie & HeyGuys77

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