Kapitel 91

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Plötzlich spürte ich seine Arme um meinen Bauch und ich bekam unwillkürlich eine Gänsehaut. Wieso zum Teufel waren wir auch halbnackt in einer Therme, wenn wir doch nur Freunde sein sollten?! Ich drehte mich zu ihm um und versuchte, nicht über ihn herzufallen.

"Das hättest du nicht tun sollen", grinste Adrian mich an.

"Oh, hab ich Angst", gab ich sarkastisch zurück und tat so als würde ich in Ohnmacht fallen. Er lachte und hielt mich noch enger an sich gedrückt. Wir starrten uns wie so oft an und vergaßen alles um uns herum. Dann räusperte Adrian sich und löste seinen Griff um mich.

"Also, was gibt's hier alles?", fragte ich daraufhin, um die Situation auch für ihn leichter zu machen. Er lächelte müde und schaute mich zärtlich an. Mein Herz begann zu rasen. Mehr als es eh schon in Adrians Gegenwart tat.

"Also?" Ich blieb stur. Adrian blinzelte zweimal und spielte dann mit.

"Es gibt ein paar Rutschen, die müssen wir unbedingt ausprobieren. Dann gibt's ein großes Außengelände, eine Grotte mit warmem Wasser und natürlich die große Oase." Er schaute mich abwartend an.

"Also, worauf warten wir?" Ich schwamm mit wenigen Zügen zum Beckenrand und hievte mich aus dem Wasser. Ich drehte mich um und wartete darauf, dass Adrian es mir gleich tat. Doch er stand noch im Wasser und ließ seinen Blick langsam über meinen Körper fahren. Ihm gefiel anscheinend was er sah. Ich wurde rot und biss mir auf die Lippe.

"Komm schon, du Spanner", meinte ich und versuchte zu überspielen, wie geschmeichelt ich mich fühlte. Wir gingen zuerst zu den Rutschen, die nur für Hirntote waren. Steil, schnell und verwirrend. Wir probierten alle Rutschen aus und ich wäre jedes Mal fast ertrunken, als wir unten ins Wasser platschten. Aber das war es wert.

Danach begaben wir uns in das Außengebiet. Das Wasser war warm, die Winterluft jedoch kalt. Der Kontrast war angenehm und wir schwammen einige Runden im Wasser. Da es jedoch sonst nicht wirklich etwas zu tun gab, schwammen wir schnell wieder nach innen.

"Komm mit", sagte Adrian und zog mich hinter sich her. Wir gingen an das andere Ende der Therme. Halb versteckt war eine kleine Treppe die nach unten in ein Becken führte, das umgeben von künstlichen Felsformationen war. Nur einige Unterwasserlichter beleuchteten das Becken, was eine dunkle Atmosphäre schaffte.

Ich schwamm hinter Adrian her in dem warmen Wasser. Es war kurz vor Mittag, weshalb wir alleine in der Grotte waren. Wir sagten nichts, als wir tiefer in die Grotte hineinschwammen. Es drangen kaum Geräusche von der restlichen Therme zu uns, es fühlte sich wirklich so an, als wären wir ganz abgegrenzt von der Umwelt.

"Wow, das ist echt atemberaubend schön hier", raunte ich und tat einige Schwimmzüge auf dem Rücken.

Adrian schwamm hinter mich und flüsterte mir ins Ohr: "Du bist atemberaubend schön, Robyn."

Obwohl mir ein wohliger Schauer über den Rücken rann, merkte ich, wie in mir langsam die Wut hochkochte.

ER hatte doch gesagt, wir sollten erst mal abwarten, nicht ich. Und jetzt baggerte er mich die ganze Zeit an?! Was lief denn mit ihm bitte schief?

Ich drehte mich mit Schwung um und hätte beinahe meinen ganzen Zorn vergessen, als ich in Adrians wunderschöne Augen blickte und ihn wieder so nah bei mir spürte. Aber ich wies mich selbst zurecht. Er sollte sich jetzt entscheiden. Ich konnte dieses ewige Hin und Her nicht mehr.

Entweder er sagte jetzt sofort, dass er es mit mir versuchen wollte, dass er mit mir zusammen sein wollte oder wir würden einfach nur Freunde sein. Und zwar wirklich nur Freunde. Dann müsste er sich gewaltig zusammenreißen.

Eigentlich genau so, wie ich es schon die ganze Zeit tat.

Adrian schien zu merken, dass in mir gerade der größte Aufruhr herrschte, denn sein Lächeln bröckelte ein wenig.

"Ist alles okay?" Falsche Frage. Eindeutig die falsche Frage.

"Nein. Nein, eigentlich ist nichts okay."

Adrians Lächeln verblasste nun komplett und er wartete still darauf, was ich nun zu sagen hatte.

"Ich kann das nicht. Ich kann nicht die ganze Zeit versuchen, einen auf Best Friends zu machen, während du dich nicht entscheiden kannst, ob wir nun befreundet sind oder du mich je nach Laune anbaggerst! Entscheide dich verdammt nochmal endlich! Und dann steh auch zu deiner Entscheidung." Ich war gerade froh, dass niemand hier in dieser Grotte war, in der meine Worte zudem noch unnatürlich laut hallten.

Von meiner Wut spürte ich nun kaum noch etwas. Gerade im Moment wäre ich am liebsten einfach in Tränen ausgebrochen. Da ich bereits merkte, wie sich die ersten Tränen in meinen Augenwinkeln sammelten, biss ich mir auf die Lippen, um zu verhindern, dass sie gleich unkontrolliert zu fließen begannen.

Adrian blieb erst einmal still, anscheinend zu geschockt von meinem kleinen Ausbruch, um gleich etwas darauf zu erwidern.

"Du hast Recht", sagte er irgendwann leise, als er seine Sprache wieder gefunden hatte. "Du hast vollkommen Recht. Ich hab mir das viel zu leicht gemacht und nicht darüber nachgedacht, wie du dich dabei fühlst. Das tut mir leid, ehrlich." Er hob seine Hand und wollte sie an meine Wange legen, aber kurz bevor er mich berührte, zuckte er zurück, als wäre ihm gerade erst wieder eingefallen, vor was für ein Ultimatum ich ihn gerade gestellt hatte.

"Schenkst du mir noch diesen einen Tag? Bitte? Und du bekommst gleich morgen meine Antwort." Hoffnungsvoll blickte er mich an und wartete auf eine Reaktion von mir. Es machte sich ein dumpfes Gefühl in meinem Bauch breit. Irgendetwas sagte mir, dass dies der letzte Tag sein würde, an dem Adrian mich anbaggerte. Sein irgendwie trauriger Blick verriet mir, welche Entscheidung er bereits getroffen hatte. Nur wollte er diesen letzten Tag mit mir genießen.

Ich seufzte und verfluchte die "junge Liebe", von der immer so geschwärmt wurde. Zu lieben und zurück geliebt zu werden, aber nicht zusammen sein zu können, fühlte sich an, als würde einem das Herz herausgerissen werden. Ohne Betäubung. Ohne Vorwarnung. Und mit vielen Komplikationen.

Trotzdem nickte ich stumm und versuchte Adrian tapfer anzulächeln und die Tränen in meinen Augen zu ignorieren.

"Ich hab Hunger", meinte ich dann. "Lass uns zum Restaurant gehen." Ohne auf seine Antwort zu warten, schwamm ich von ihm weg.

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"Bin wieder daaa...", murmelte ich in einem kläglichen Versuch, als ich Zuhause die Wohnungstür aufschloss und mein Haus betrat. Ich war todmüde von der ganzen körperlichen Aktivität des Tages. Und todmüde wegen meinen intensiven Gefühlen, die ich versucht hatte zu unterdrücken.

Obwohl ich zugestimmt hatte, den Tag mit Adrian zu "genießen", war ich sehr darauf bedacht gewesen, gefährlichen Situationen aus dem Weg zu gehen. Ich schwöre bei Gott, ich hätte ihm so oft gerne die Klamotten vom Leib gerissen, aber das wollte ich mir selber nicht antun. Welcher Sinn war schon dabei, anzufangen, ihn noch mehr zu lieben, nur um ihn morgen zu verlieren? Ich seufzte traurig und strich mir die Schuhe von den Füßen.

"Bin in der Küche!", hörte ich meine Mama rufen und mit müden Schritten ging ich zu ihr.

"Na, hattet ihr einen schönen Tag?", fragte sie sobald ich den offenen Raum betrat. Ich nickte stumm und setzte mich auf einen der Barhocker.

"Wir waren in der Therme", erklärte ich weiter und stützte mich mit meinen Ellbogen auf der Arbeitsplatte ab. Die Augenbrauen meiner Mama flogen in Luft und sie schaute mich erstaunt an. Sagen tat sie aber nichts.

"Ihr verbringt ganz schön viel Zeit miteinander...", kam es dann vorsichtig von ihr. Ich verdrehte inwendig die Augen.

"Mag sein, aber das wird sich ab morgen ändern." Ich stand auf und beeilte mich in mein Zimmer zu gehen, damit meine Mutter nicht die Tränen sah, die meine Augen verließen.

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Nochmal bisschen Drama...

Hoffen es gefällt euch trotzdem ;)

Tyskerfie & HeyGuys77


HeartsWhere stories live. Discover now