2

1.9K 181 17
                                    

Drystan
Wütend rammte ich die Faust in den Boden neben mir.
"Ich kann's einfach nicht!"

Chara blieb ruhig im Schneidersitz mir gegenüber sitzen und sah mich mit einer endlosen Geduld an.
"Versuch es nochmal: kläre deinen Geist, denk nicht nach und-"

"Ich weiß!", unterbrach ich sie aufgebracht. Ihre Gelassenheit regte mich nur noch mehr auf, während ich an der einfachen Aufgabe verzweifelte meine Magie einfach zu fühlen. "Es bringt nichts, wenn du es mir immer wieder sagst."

Einen Moment lang musterten mich ihre grünen Augen, die sie mit schwarzen Kajal umrahmt hatte. So lange bis ich mich etwas beruhigt hatte und betreten sagte: "Tut mir leid, du versuchst ja nur mir zu helfen."

Ohne mir böse zu sein, lächelte sie aufmunternd:
"Es ist in Ordnung, wenn es nicht sofort klappt. Magie ist wahnsinnig komplex und für jeden anders. Kann sein, dass ich dir vollkommenen Quatsch erzähle und diese Methode nicht funktioniert."
"Welche Methoden gibt es denn noch?"
"Nur eine, die bei allen ziemlich sicher funktioniert."

Ich beugte mich im Sitzen vor. "Welche?"
"Eine lebensbedrohliche Situation, in der deine Magie die einzige Rettung ist."

Seufzend lehnte ich mich wieder zurück und ließ meinen Blick über Xenos' Höhle schweifen. Wir zwei Saßen am Fuß des Göttervaters, umgeben von dem sanften Plätschern des Wasserfalls und der Brise vom Ausgang, die ihre frische Luft sanft in die Höhle blies. Glühwürmchen spendeten ein schwummriges Licht und erhellten die schwermütige Nacht.

Ab morgen wurden die Männer eingezogen, die Truppen würden an den Grenzen postiert werden, in Erwartung eines Angriffes von Leymalien.

Meine Augen kamen zu der ausländischen Prinzessin zurück.
In zwei Tagen würde ich verheiratet sein.

Auch wenn ich mich sehr gut mit Chara verstand und es mich weitaus schlimmer hätte treffen können, so war ich nicht begeistert, mich ewig an jemanden zu binden, den ich nicht aufrichtig liebte.
Aber ich hatte dem zugestimmt und ich würde mich nicht gegen mein Schicksal wehren.
Da war ich nicht so widerstandsfähig wie Nemesis, der nichts etwas anhaben konnte. Sie zog ihr Ding durch und wenn ihr jemand in die Quere kam...
Naja, dann brachte sie denjenigen um.

Aber irgendwo war sie dennoch dabei ihr Leben aufs Spiel zu setzen, um mein Land zu retten. Oder um ihrer Rache zu bekommen.

Tatsächlich war ich mir selbst nicht ganz sicher, ob ich ihr glaubte, dass sie es aus reinem Rachedurst tat oder, ob ich einfach verzweifelt wollte, dass es nicht der einzige Grund war.

„Wie hast du gelernt, deine Magie zu kontrollieren?", fragte ich jetzt und schüttelte meine Gedanken ab, "Wie hast du überhaupt von ihr erfahren?"

Chara verfolgte ein Glühwürmchen mit den Augen, während sie mir antwortete: "Wenn ich Albträume hatte, sind meine ganzen Möbel durch das Zimmer geschwebt. Meine Magie ist stark mit meinen Gefühlen verbunden, das sollte bei dir eigentlich nicht anders sein."
"Also wenn ich etwas Träume, dann passiert gar nichts."

Was hauptsächlich daran lag, dass ich sofort aufschreckte sobald sich ein Traum jeglicher Art anbahnte. Ich hatte Angst, die Stimme zu hören, die mir sagte, was ich tun sollte und mir ständig einredete, ich solle ihre Hand nehmen. Eine Stimme, von der ich jetzt wusste, dass es Riniah war, die zu mir sprach.

Jedenfalls hatte ich als kleiner Junge nicht verstanden, was los war und so extreme Angst vor Träumen jeglicher Art entwickelt.
Deswegen tanzte oder spielte ich Nachts lieber als mich mit einem unruhigen Schlaf zu quälen.

Den aufmerskamen Augen der Prinzessin entging nichts und sie fragte nach: "Wovor hast du Angst?"
Eine Sekunde schwieg ich, ehe ich gestand:
"Ich habe Angst, die Kontrolle zu verlieren. Mehr als alles andere."

Nemesis - Kronen und GötterWhere stories live. Discover now