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Nemesis
Innerlich strotze ich vor Energie und mein Sturm war lauter als jeh zuvor. Er raste durch jede Zelle meines Körpers, setzte mich unter Strom und erweiterte meine Sinne.

Ich roch den Schweiß, die Angst, die Nervösität. Da war das Scharren der Füße, das Klappern der Karren, die Stimmen, gelegentliches Husten und so viele Herzschläge, die ein ganzes Crescendo verursachten.

Meine Sicht war gestochen scharf und ich sah Einzelheiten in der Ferne, die ich sonst nicht gesehen hätte.
Zum Beispiel, wenn ich jetzt quer über den Hof zu einen der Türme hochsah, konnte ich den einzelnen Raben genau erkennen, der auf den von den Diamanten glitzernden Dach saß.
Sein schwarzes Auge, das schillernde Gefieder.
Genauso wie ich sein Krächzen hörte, ehe er davonflog, wodurch ich meine Aufmerksamkeit auf Drystans Eltern richtete.

Sie standen vor uns auf den Stufen des Palastes und hatten alle Soldaten auf dem Hof zusammengerufen, sodass eine wilde Gruppe aus Koranéeanern und Deleriern vor ihnen stand. Zahlenmäßig erreichten wir knapp die Tausend.
Entsprechend eng war es hier auch.

Rechts vom König in seiner blauen Robe und Musselinmantel, standen Drystan und Chara mit ernsten Gesichtern. Die Prinzessin in ihrer leichten, delerischen, weißen Rüstung und der Prinz in Kettenhemd, blauem Gewand drüber und den metallenen Schonern.

Links von König stand seine Frau in einem eleganten, dunkelblauen Kleid gekleidet und daneben General Lasberc. Im Gegensatz zu den anderen, die entschlossene, zuversichtliche Mienen aufsetzen, machte er niemanden etwas vor, wie wenig er von dem Kampf hielt.

„Heute liegt eine große Aufgabe auf euren Schultern", sprach der König zu den Soldaten, „Ihr müsst unseren Verbündeten beschützen. Der Verbündete, der uns im Krieg gegen Allstair und seine Infizierten unterstützt. Der unseren Nachteil ein Stück ausgleicht."
Seine blauen Augen, die Drystan geerbt hatte, glitten über die versammelten Soldaten, Königswächter und Delerier.
„Heute tragt ihr einen entscheidenen Beitrag zu unserem Sieg über Allstair bei."
Die Worte kamen ihm mühelos über die Lippen. Und beinahe hätte man es ihm abkaufen können, dass wir eine reelle Chance hatten.

Aber die, die die Nachrichten von der Grenze erhalten hatten und die Not auf dem Land kannten, wussten es besser.

„Um den Hafen rechtzeitig zu erreichen, wird Prinzessim Chara die Zeit anhalten und so das rechtzeitige Erreichen des Hafens gewährleisten. Denn die Götter haben uns erhört. Einmalig wird ihr diese Fähigkeit garantiert, um die Delerier, die uns unterstützen, zu schützen."
Überraschtes Gemurmel kam auf und einige Körpfe wurden zusammengesteckt.

Ich hatte gewollt, dass meine Fähigkeiten nicht vor allen bekannt gegeben wurden. Lieber, ich behielt den Trumpf für mich und spielte ihn aus, wenn ich ihn brauchte. Es wussten bereits genug Leute davon.

Darauf konzentriert, mich nicht wieder in den auf mich einstürzenden Eindrücken zu verlieren, ließ ich die Rede des Königs über mich hinwegspülen, wartete das Applaudieren und gegenseitige Schulterklopfen der Soldaten ab und schwang mich schließlich wie alle anderen auf das Pferd.

Mit einem kurzen Blick zum Himmel ließ Drystan das Zeichen der Götter über uns schweben als wir die Mauern des Palastes verließen und durch die Straßen zogen. Wir bildeten ein langen Zug, mit den frisch verheirateten Paar an der Spitze, Martell und Aramis zu ihren Flanken und mich und Naevan dazwischen.

Mir hatte man einen schwarzen Hengst gegeben, Naevan eine weiße Stute.

Uns folgten die Offiziere auf ihren Pferden, dann die Karren mit Material und Waffen. Dazwischen marschierte ernste Soldaten, denn Rede und Magie hin oder her, wir zogen in die Schlacht.
Und mittlerweile war kein Geheimnis mehr, wie gefährlich die Infizierten für uns waren.

Nemesis - Kronen und GötterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt