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Nemesis
Wir bogen langsam um die Ecke der Schlucht, meine Nerven zum zerreißen gespannt. Mein Herz klopfte in meinen Brustkorb und ich spürte jeden Schlag durch meine Knochen hallen. Zusätzlich drangen alle Geräusche, Gerüche und Farben deutlich auf mich ein, da ich den Kampfzustand nicht verlassen hatte. Der Sturm jagte durch jeden Zentimeter meines Körpers, erfüllte mich mit nichts als Rachedurst.

Naevan rechts hinter mir spürte meine Veränderung, schien aber nicht abgeschreckt. Stattdessen nickte er mir zu und packte sein Schwert fester.

Drystan auf der anderen Seite von mir war immer noch von Riniah besessen, sodass Licht unaufhörlich um seine Finger flackerte, jeden Moment bereit in die Offensive zu gehen. Der Blick, den er mir zuwarf, war mehr als feindselig.
Das trug nicht gerade zu meinem Sicherheitsgefühl bei, aber aktuell hatten Riniah und ich einen gemeinsamen Feind vor uns, weswegen wir uns im Waffenstillstand befanden.

Nach gequälten Sekunden, in der meine Kehle immer weiter zuschnürte, verließen wir den Schutz der Felswand und traten vor einen runden Platz, der von den Wänden der Schlucht umschlossen wurde. Dahinter führte der Weg wieder schmal weiter bis er sich im Schatten verlor.

Hunderte von Infizierten streiften über den Platz, beäugten uns aus vollständig schwarzen Augen, machten aber keine Anstalten uns anzugreifen. Weitere tummelten sich an den zerklüfteten Felswänden, blieben aber genauso ruhig wie die restlichen.

Doch die Infizierten registriere ich nur am Rande, all meine Sinne waren angespannt auf Allstair gerichtet, der zwischen den Infizierten in der Mitte stand, die einen schützenden Kreis um ihn bildeten. Sobald wir in sein Blickfeld kamen, winkte er die mutierten Leymalier beiseite und machte ein paar Schritte vor.

Ich stand ihm zwanzig Meter direkt gegenüber und nachdem er unsere Truppe einmal gemustert hatte, traf sein kalter Blick mich.

Die Alarmglocken in meinen Kopf schrillten los, mein Herz begann zu rasen und nur knapp konnte ich mein Muskelgedächtnis davon abhalten, sich zu verbeugen.

Stattdessen atmete ich tief ein und aus und verstärkte meine Mauern. Mein Gesicht war so leer wie Allstairs Augen.
Mit nichts als Gewalt dahinter.

Die anderen schwiegen beunruhigt, denn die Magie in der Luft war nicht zu übersehen. Vor allem, da Allstair das Zentrum von ihr bildete.

„Mein Sohn, so sieht man sich wieder", Drystan brach aus der Formation aus, die Schultern entspannt und den Kopf erhoben. Komplett unbeeindruckt von den Infizierten, die jede seiner Bewegungen musterten.

„Arnicus und Ihr könnt euren Streit später regeln", grollte Allstair, ohne den Prinzen auch nur anzusehen. Sein Blick ging stattdessen langsam an mir hoch und runter. „Nemesis und ich haben etwas zu besprechen."

Erneut holte ich tief Luft, kratzte alles an Mut zusammen, den ich hatte und ging auf den König zu.
Ich musste ihm nur nah genug kommen, um ihn zu berühren, um dann die Infizierten unter Kontrolle zu bekommen.

Die anderen wollten mir folgen, aber ich hielt sie mit erhobener Hand auf.
„Das ist etwas zwischen Allstair und mir."

Drystan - oder Riniah- verschränkte die Arme vor der Brust und sah gelangweilt über die Infizierten. Auch Naevan machte kein Anstalten mich aufzuhalten, denn er akzeptierte meinen Wunsch, aber Chara hielt mich besorgt am Arm zurück.
„Bist du sicher, dass du das alleine tun willst? Er ist stark, das spüren wir alle."

Ich sah erst auf ihren Arm, komplett in weißer delerischen Rüstung mit den geheimnisvollen Runen, dann zu ihr hoch. Bei meinen Augen ließ sie reflexartig wieder los.
„Es ist eine Sache zwischen mir und ihm", wiederholte ich und zwang meine Beine dazu weiter zu gehen, obwohl sie nichts lieber tun würden, als umzukehren und zu rennen bis ganze Ozeane zwischen mir und dem König waren.

Nemesis - Kronen und GötterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt