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Drystan
Alle drei Offiziere sahen uns grimmig an. Chara neben mir reckte kaum merklich das Kinn und zeigte keine Spur der Verunsicherung. Auch ich richtete mich auf und erwiderte:
„Nun, das ist zum Teil richtig. Wir hatten darauf abgezielt die Grenzen zu halten, bis wir alles nötige haben, um in einer einzigen Anstrengung zu siegen."
Professor Vincent verengte die Augen.
„Und wie soll diese letzte Anstrengung aussehen?"

Ich hielt seinem vorwurfsvollen Blick stand, ehe ich ihn über die restlichen gleiten ließ und die Arme hinterm Rücken verschränkte.
„In bestimmte vertrauliche Kriegspläne können wir euch aus Sicherheitsgründen nicht einweihen."
Wir hatten einen Verräter in unseren Reihen. Je mehr wir preisgaben, desto riskanter war es.

Der Professor verkniff unglücklich den Mund, aber es war Lieutnant Francis, der mit der Faust auf den Tisch schlug.
„Ich werde meine Soldaten nicht reines Gewissens in einen Kampf schicken, von dem ich weiß, dass sie alle sterben werden! Wenn ich weiß, dass sie nur Futter sind, das uns Zeit erkaufen soll!"

Ich wusste das. Aber es war trotzdem wie ein Schlag ins Gesicht, denn wir opferten diese Männer. Ihre Leben legten sich schwer auf meine Schultern, zusätzlich zu denen, die ich auf dem Schlachtfeld getötet hatte.

Während meine Kehle noch trocken war, auch wenn ich mir Mühe gab eine neutrale Miene beizubehalten, wandte Chara ihr Wort an Lieutnant Francis.
„Achtete auf Euren Ton, Lieutnant, wenn Ihr an den Entscheidungen des Kriegsrates zweifelt."
Ihre grünen Augen bohrten sich in seine.
„Und an denen des Königs."

Lieutnant Francis' Brust hob und senkte sich, aber er senkte grimmig den Blick.
„Natürlich, Eure Hoheit", presste er hervor.

Inzwischen hatte ich mich auch wieder im Griff und nickte Chara kaum merklich zu. Um mein Gewissen konnte ich mich später kümmern. Jetzt erstmal musste ich die Offiziere überzeugen. Wenn ihre Moralität wackelte, würde es auch die der Soldaten tun.

General Lasberc hatte bis jetzt still zugehört, aber nun wandte er sein junges Gesicht ernst uns zu.
„Es geht hier um das Leben derer, denen Ihr als Prinz Schutz versprecht. Der Krieg mag Opfer fordern, aber wir lassen sie gegen das offene Messer laufen. Mir wurde die Verantwortung über diese Männer erteilt und ich werde keinen aussichtslosen Krieg führen. Da scheint mir, dass eine Verhandlung mehr Leben rettet."

„Mit Allstairs lässt sich nicht verhandeln", sagte ich mit aller Ruhe, die ich aufbringen konnte. Denn er hatte recht. Wir opferten diese Soldaten.
„Verhandeln käme dem Untergang gleich."

General Lasberc war nicht zufirieden. Viel eher wurden seine Augen immer kälter.
„Also ist das Eure Antwort? Ihr verheimlicht uns den wahren Plan und lasst unsere Soldaten einen Kampf kämpfen, den sie nicht gewinnen können?"
Chara und ich nickten.

Mit verschränkten Armen richtete der General sich auf. Falls er jemals Respekt mir gegenüber hatte, so hatte ich dieses jetzt verspielt.
„Wir ziehen uns zurück. Warten auf weitere Nachrichten über das Überleben unserer Truppen"
Ein dunkler Blick zu uns
„Und auf weitere Befehle des Königs."

Chara und ich nickten und wir waren entlassen, also gingen wir wieder hinaus.

Draußen schlugen Chara und ich den Weg zu unserem gemeinsamen Zelt ein. Da wir verheiratet waren, hatten wir eine Matratze zusammen, aber wir waren vor der Schlacht nur kurz eingeschlafen und hatten kaum über die Situation nachgedacht.

„Es war das Richtige, ihnen nichts von Nemesis zu erzählen. Wir wissen immer noch nicht, wer der Verräter ist."
Seufzend sah ich zum Himmel. Einige graue Wolken zogen träge an uns vorbei.
„Da Allstairs unsere gesamte Front gleichzeitig angegriffen hat, haben unsere unterschiedlichen Informationen gar nichts genützt."
Ich sah wieder auf den Weg zwischen den Zelten vor mir.
„Und zu welchem Preis haben wir es den Offizieren nicht gesagt? Denn sie haben recht."
Als ich stehen blieb, hielt auch Chara an und wandte ihren Körper mir zu.
Mit dem Blick auf meine schwarze Hand murmelte ich:
„Wir schicken all diese Soldaten in den Tod. Für Zeit."

Nemesis - Kronen und GötterWhere stories live. Discover now