~Special-

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Naevan
Ich hob den Stab schräg über meinen Kopf, sodass der andere krachend dagegen schlug. Der alte Mann vor mir hielt sich nicht zurück und die Kraft in seinem Angriff spürte ich in jedem Knochen.

Aber ich blockte dennoch und holte zum Gegenangriff aus. Der Mann, wehrte diesen spielend leicht ab.

Wir sprangen auseinander und umkreisten uns, die Kampfstäbe zum Angriff bereit in den Händen. Über uns war der wolkenlose Himmel Zeuge des Kampfes.

Mit hochgezogener Augenbraue deutete der Mann mir mit der Hand, ihn anzugreifen.

Wir befanden uns auf der astralen Ebene, aber sein Reich war einem Regenwald nachgeformt. Neben uns rauschte das Wasser des Flusses, der unter uns als Wasserfall in die tiefer stürzte. Wir selbst kämpften auf dem flachen Gesteinsplatten drum herum.

Ich nahm seitlich Anlauf, sprang hoch und stieß mich in der Luft weiter ab, als würde ich an einer schrägen Erhöhung entlanglaufen.

„Taktisch, dich in der Luft zu bewegen", bemerkte der Mann ohne meiner Bewegung zu folgen. Er blieb ruhig wie er war, den Kopf geradeaus.

Statt zu antworten, landete ich dicht hinter ihm und wollte ihm die Beine wegfegen, da sprang er herum und traf meine Rippen mit voller Wucht.
Ich wurde zu Seite gerissen und knallte seitlich auf dem Boden auf.

Japsendes, weil mir für einen Moment die Luft fehlte, hielt ich mir die Rippen und sah etwas außer Atem zu dem Mann hoch.

„Du hast verloren", stellte er fest und ließ seinen Stab verschwinden, „Gegen einen blinden Mann. Schäm dich."
Lachend rappelte ich mich auf und klopfte mir kleine Steinchen von der Kleidung.
Mein Meister folgte meinen Bewegungen nicht, sondern hatte seinen Kopf einfach gerade in meine Richtung gedreht. Mittlerweile verschränkte er die Arme hinterm Rücken.

„Ich mag ja fünfhundert Jahre auf dem Buckel haben, aber das ist nichts zu Eurer Lebenserfahrung, Meister."
„Mit Schmeicheleien kannst du deinen Kampf auch nicht aufbessern", sagte er barsch, „Deine Bewegung war zu groß. Ich hab dich in den Moment gehört, in dem du aufgekommen bist. Und hatte genug Zeit, um dir drei mal gegen die Rippen zu schlagen."

Meister Luan trainierte mich schon mehrere hundert Jahre und hatte mir sehr geholfen, als ich an einem sehr dunklen Ort gewesen war. Ohne ihn hätte ich mich niemals aus dem Loch ziehen können, in das ich gefallen war.
Aber er nahm kein Blatt vor dem Mund. Und mit Samthandschuhen packte er mich auch nicht an.

Die Stelle pochte, aber Schmerz war auf dieser Ebene nur eine Illusion. Das hier war nicht mein Körper, sondern mein Geist. Sobald ich mir das bewusst machte, verschwand der Schmerz, dessen Gefühl man hier selbst heraufbeschwor.

Meister Loan stand mit verkniffenen Mund da, die Haut wettergegerbt, die Arme mit Sehnigen Muskeln. Wo ich meine üblichen Stoffbahnen trug, hatte er eine weite Hose, mit einem dünnen, ärmellosen Stoffmantel drüber, den er um die Hüfte mit Leder fixierte.
Abgesehen davon war er barfuß und Tatoos mit Zeichen, die ich nicht lesen konnte, zierten seine Hände.

„Das stimmt wohl" seufzte ich, „Wollen wir mit Nahkampf weiter machen?"

Ehe Meister Luan antworten konnte, lief ein Beben durch die Ebene.
Überrascht zog ich die Augenbrauen hoch und stand auf.
„Ein Champion."
„Nicht irgendein Champion", korrigierte Luan,
„Die Frau."

Genau. Die Frau, die mir auf der Spiegelebene begegnet war. Die irgendwie eine Verbindung zu mir aufgebaut hatte und für einen Moment waren unsere Geister beisammen gewesen.

„Dann tu was du tun musst. Der alte Mann wartet."
Schmunzelnd sah ich über die Schulter zu ihm, als ich auf die Tür zusteuerte, die sich nahe des Abfalls zum Wasser manifestierte.
„Ihr habt die Ewigkeit."
„Heißt nicht, dass Zeit nicht wertvoll ist", murrte er, „Jetzt geh schon."

Nemesis - Kronen und GötterWhere stories live. Discover now