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Nemesis
Ich saß im Schneidersitz an der Spitze der Barke und beobachtete den blonden Mann, wie er die Segel ausrichtete und mit einer Bewegung seiner Arme Wind in die weißen Segel blies. Mit einem leisen Seufzen schob sich die Barke vorwärts. Wie es aussah war er mit Magie beschenkt worden.

"Du hast Magie von Arnicus in dir, aber du bist nicht mutiert. Warum nicht?", wollte ich wissen, aber er sah mich nur gelangweilt an.
"Ich beantworte zu meinem Deal keine Fragen. Sag mir einfach, wo ich lang soll."
Verwundert legte ich den Kopf schief.
"Weißt du etwa nicht, wo der Tempel liegt?"

Verärgert sah er mich an, ehe er sich wieder auf das Erschaffen von Wind konzentrierte.
"Er wechselt nach jedem Besuch seine Position. Nur mit dem Amulett weißt du, wo er sich befindet."
Wartend machte er eine Handbewegung in meine Richtung. "Also?"

Wortlos deutete ich nach Osten und der Mann seufzte. "Natürlich auf den Sturm zu."
Aber nichstdestotrotz wendete er die Barke und nahm Kurs auf genau die Richtung, wo mich das Amulett um meinen Hals hinzog. Je näher ich kam, desto wärmer wurde es an meiner Haut.

Nachdenklich musterte ich das kleine Boot unter mir. Abgesehen von diversen Seilen, die zum Mast hinaufführten, dem Horn in der Ecke und einem Sack mit Proviant, gab es nichts spannendes.

Ich hatte mich zusammen mit dem Pferd in übermenschlicher Geschwindigkeit bewegen können. Würde das auch mit einer Barke und zwei Passagieren funktionieren?

Gerade legte ich meine Hand auf den Holzboden, um genau das auszuprobieren, da hielt mich der Mann davon ab.
„Heb dir deine Kräfte lieber für den Tempel auf."

Also zog ich mein Hand wieder zurück und legte sie in meinen Schoß.
„Was ist dort?"
Er sah mich eine Weile an, während er mit ruhigen Bewegungen Wind in die Segel blies. Doch dann ließ er die Arme sinken, aber sein magischer Wind trieb uns weiter voran.

Meine Augen folgten ihm, als er sich mir gegenüber hinsetzte und mich ernst ansah.
„Die Magie, die du suchst, wird von jemanden bewacht, der stärker ist, als alles, was du auf dem Weg hierhin begegnet bist. Du wirst jeden Rest Magie brauchen. Besonders nachdem du so viel für die Skorpione aufgebraucht haben musst."

Ich speichere diese Information. Allerdings zeigte ich keine Anzeichen von Einschüchterung.
„Du scheinst ziemlich sicher davon auszugehen, dass ich Magie besitze", bemerkte ich stattdessen.
Schulterzuckend griff er nach dem Beutel mit Essen und zog einen Wasserbeutel heraus.
„Ich bezweifle, dass deine Götter dich sonst ausgewählt hätten. Alle vor dir hatten irgendeine Art von Magie."

Spätestens jetzt hatte er meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit, als er den Beutel ansetzte, um in großen Schlucken zu trinken.

„Wie viele waren es? Und was ist mit ihnen passiert?"
Ohne sich mit der Antwort zu beeilen, räumte er das Wasser wieder zurück und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Schließlich sah er auf die endlose Wüste um uns herum.

„Ich habe vier oder fünf zum Tempel gebracht. Das waren aber auch nur die, die den Götterschlund überlebt haben. Vermutlich gab es einige mehr."

Jetzt sah auch ich auf die endlosen Weiten, ohne ihn vollständig aus den Augen zu lassen.
„Und die, die bis zum Tempel gekommen sind?"
Am Rande meines Blickfeldes, bemerkte ich sein gleichgültiges Schulterzucken.
„Ich habe die Aufgabe bis Sonnenaufgang zu warten. Bis jetzt hat keiner in dieser Zeit den Tempel wieder verlassen."

Gelassen nahm ich auch das zur Kenntniss. Eigentlich hatte ich mit sowas in der Art schon gerechnet.

Als ich mein Gesicht wieder dem Mann zuwandte, schien er auf etwas zu warten.
„Was?", fragte ich barsch, woraufhin neues Interesse in seinen Augen aufblitzte.
„Willst du mir nicht von deinem unfassbar schweren Weg erzählen, wie du die Welt retten willst und wie ich dir im Tempel unbedingt helfen sollte? Weil moralisches Gewissen und das Richtige tun und so weiter?"

Nemesis - Kronen und GötterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt