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Nemesis
Als ich als letzte Krishas Unterkunft betrat, war Licca schon aufgestanden und hatte ihren Zwillingsbruder in die Arme gezogen. Wir waren den ganzen Tag weg gewesen, während die Verletzten hier hatten warten müssen.

„Ihr lebt noch!", begrüßte Matthias uns lächelnd. Er hatte das in frische Verbände gewickeltes Bein auf den Boden ausgestreckt, während er sich an eine Kiste lehnte.

Darren grinste ihn müde an, gab ihm eine Ghetto-Faust, ehe er in einem weiteren Zimmer verschwand und mit Alkohol wieder auftauchte. Billige Flaschen Wein, aber dennoch Alkohol.

Matthias und Licca sahen an ihren Freunden hoch und runter.
„Ihr seht aus, als hättet ihr keinen Finger gerührt", bemerkte Thibes' Schwester. Dann sah sie mich an.
„Und Nemesis ist von einem Monster gefressenen und wieder ausgespuckt worden."

Ich kommentierte die Beschreibung mit einem Schnauben, während Krisha das Gesicht verzog.
„So in etwa."

Darren nahm einen großen Schluck und reichte die Flasche an Matthias weiter, während er sich neben ihm fallen ließ.
„Sie ist nicht nur Allstairs rechte Hand, sie ist eine verdammte Killer-Maschine."
Licca hob eine Augenbraue. „War das nicht von vorneherein klar?"

Krisha griff in der Zeit nach einem Stofflappen, setzte sich auf den Boden, legte ihre Schwerter ab und fing an etwas Staub von ihren Zwillingsklingen zu wischen. Ich blieb wortlos im Raum stehen.

„Das dachte ich auch", brummte Thibes und streckte die Hand nach dem Wein aus, „Aber dann hat sie die Monster in der Höhle wortwörtlich in der Luft zerissen, ohne dass wir etwas mitbekommen haben."
Matthias tat ihm den Gefallen, runzelte bei der Beschreibung aber die Stirn.
„Wie, ihr habt nichts mitbekommen?"
Der Zwilling warf mir einen düsteren Blick zu, den ich ausdruckslos erwiderte und erklärte:
„Nemesis ist in einem Moment auf das erste Monster zugelaufen und im nächsten Moment lagen sie alle tot auf dem Boden. Einfach... so!"
Er schnippte mit den Finger.

Matthias wirkte noch irritierter als vorher, aber Licca begriff es schließlich und sah mich an.
„Das Blut des Inifzierten hat funktioniert? Du konntest dich aufladen?"
Ich nickte knapp. „Ich kann mich schnell genug bewegen, dass es für euch nur Sekunden sind, während ich genügend Zeit habe, die meisten Monster zu töten."

Matthias und Licca wurden etwas blasser, sagten aber nichts weiter dazu.

„Im Ernst", machte jetzt Krisha und hörte auf ihre Klingen zu polieren, „Wie hat Allstair dich all die Jahre bei sich behalten können? Niemand kann dich aufhalten."

Alles in mir gefror und ich blockte auftauchende Bilder ab. Trotzdem musste ich gegen den Drang ankämpfen, über die Schulter zu schauen.

Dich führt der König allein.

„Ich hatte diese Magie nicht immer. Ich habe sie erst in Koranée entdeckt."
Der zweite Teil stimmte nicht, schließlich hatte ich in der Burg erst das Blut nocheinmal gespritzt bekommen müssen.

Krisha sah mich noch etwas länger an, schien etwas sagen zu wollen, entschloss sich dann aber zu einer anderen Frage:
„Aha. Aber wie bist du überhaupt erst zu Allstair gekommen?"
In der Anstrengung im Jetzt zu bleiben, presste ich die Kiefer aufeinander, aber meine Miene blieb starr.
„Ein Dorf hatte die Abgaben zum ersten Mal nicht gezahlt. Sie haben die Kinder mitgenommen."

Verstehen blitze in ihren Gesichtern auf aber ich behielt meine ausdruckslos Miene. Auch wenn ich alles andere wollte, als das winzigste bisschen Mitleid.

„Dann... bist du bei ihm aufgewachsen? Und warst von Anfang an seine rechte Hand?"
Licca wirkte beunruhigt von der Vorstellung.
Als Antwort nickte ich nur knapp.

Nemesis - Kronen und GötterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt