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Nemesis
Der Mann vor mir nickte grimmig, dann richtete er seinen Blick wieder auf den Ausgang.
„Wartet Kiro immer noch bis Sonnenaufgang?"

Auch wenn er keine Anstalten machte, seinen Stab aufzuheben oder andere feindselige Zeichen aufwies, blieben meine Muskeln angespannt. Ich wusste nicht, wie weit ich ihm mir diesem Handel trauen konnte.

Als ich nicht antwortete, sah er augenverdrehend zu mir.
„Ich hab nicht mehr die Absicht dich zu töten, also entspann dich."
Statt darauf zu reagieren, antwortete ich auf seine vorherige Frage.
„Ja, Kiro wartet draußen."

„Wir sollten ihn reinholen. Ein Sandsturm zieht auf."
Damit setzte er sich in Bewegung und drehte mir dadurch den Rücken zu.
Was fast schon eine Beleihung war, weil ich mir jetzt mein Schwert hätte schnappen und ihn hätte angreifen können, wo er noch unbewaffnet war. Sein Stab lag dort, wo er ihn hatte fallen lassen.
Aber das wusste er, also war das die ganze eindeutige Botschaft, dass er mich nicht als Bedrohung sah.

Mit aufeinander gepressten Zähnen bückte ich mich nach meiner Waffe, um sie lautstark in meine Schneide zu rammen. Der Ton hallte durch die Halle, aber der Mann drehte sich nicht um.
Also beeilte ich mich ihm zu folgen.

Jetzt bemerkte ich die Strapazen der vergangenen Tage. Durch den Kampf schmerzten Schnitt an Oberschenkel und Seite wieder mehr und es würde mich nicht wundern, hatte ich sie aufgerissen. Durch meine Sturz vom Dach und Pferd als ich die Zeit angehalten hatte, merkte ich jede Bewegung tief in den Knochen.
Aber es war nicht so, dass ich das alles nicht schon in der Burg gehabt und trotzdem weiter gekämpft und getötet hatte. Also merkte man weder meinen Bewegungen, noch meinem Gesicht die Schmerzen an.

Im sicheren Abstand ging ich hinter ihm die steinerne Treppe hoch, wobei ich ich den Blick auf seine breiten Schultern hatte, von der eine ja frei gelegt war. Neben den athletischen Muskeln konnte ich das Tatoo aus Ranken sehen. Die Tinte schimmerte durch das Fackellicht und ließ die sich windenden Schnörkel noch faszinierender aussehen.

„Soll ich mich geschmeichelt fühlen?"
Erst jetzt bemerkte ich, dass er mich über die Schulter ansah und beim Starren erwischt hatte.
Doch statt es zu leugnen, sah ich ihn direkt an.
„Was ist das für ein Tattoo?"

Seine Augen wurden kaum merklich dunkler
„Unwichtig"
„Genauso unwichtig, wie dein Deal mit deinem Gott?"
Meine Augen verengten sich.
„Du schuldest mir noch eine Erklärung, was du ausgehandelt hast. Ich hab meinen Teil der Abmachung erfüllt."

Mit einem letzten düsteren Blick sah er nach vorne und schwieg.
Er würde es mir nicht sagen.
Dieser Mistkerl hatte mich verarscht.

Wieder bot ich ihm kein Reaktion und schließlich erreichten wir den Ausgang.

Als sowohl der Mann, als auch ich aus dem Tempel kamen, klappte Kiro auf seiner Barke der Mund auf.
„Bei den Göttern!"
Seine blauen Augen glitten an mir hoch und runter, ehe er von der Barke sprang und uns entgegen kam. Wir trafen uns in der Mitte.

„Also Mary, du bist der erste Champion, der zurück gekehrt ist"
Grinsend stütze er die Hände in die Hüften.
„Gratuliere."

Ich kommentierte das mit einem knappen Nicken, aber der Mann neben mir zog eine Augenbraue hoch.
„Mary?"
Ich richtete meinen Blick auf den Horizont und dem zusammenbrausenden Sturm in der Ferne.
„Deckname", sagte ich nur. Dann drehte ich den Kopf zu Kiro.
„Nemesis Warleigh, wenn du es offiziell haben willst."

Er blinzelte und zum zweiten Mal klappte ihm der Mund auf.
„Nemesis Warleigh?!"
Der Mann neben mir wartete, bis Kiro seinen geschockten Ton erklärte.

Nachdem dieser sich von der Enthüllung erholt hatte, sah er fassungslos zu dem Mann.
„Äh hallo? So ziemlich die tödlichste Frau Leymaliens."
Dankeschön. Endlich mal jemand.

Nemesis - Kronen und GötterWhere stories live. Discover now