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Nemesis
Zum zweiten Mal an diesem Tag sorgte ein Mann dafür, dass ich absolut überfordert war.
Und ich fragte mich, was zum Teufel ich dagegen tun sollte, denn ich hasste es, ratlos zu sein.

Dagegen rührte Drystan mit bester Laune einen Teig an und ignorierte das Loch, das ich ihn in seinen Rücken brannte.

Ich versucht einen Blick in die Form zu werfen, als er sie in den brennenden Ofen stellte, aber natürlich trug er sie so, dass mir jeder Blick verborgen blieb. Lächelnd wandte er sich mit dem Ofen im Rücken mir zu.
"Bisschen Geduld noch. In paar Minuten ist er fertig."
Der Prinz strich sich über die Stirn und verteilte dadurch Mehl in seinem Gesicht.

"Wie hast du gelernt zu backen?", wollte ich zugegeben neugierig wissen, "Wurd dir dein Essen nicht immer vor die Nase gestellt?"

Schulterzuckend sezte er sich mir gegenüber an die Kücheninsel.
"Phyrros und ich sind zusammen aufgewachsen deswegen war ich oft in der Küche. Seine Mutter war eine Köchin hier und wir durften ihr manchmal helfen. Ich habe von der besten gelernt."
Seine blauen Augen waren warm, als er davon erzählte und ich spürte, dass viele glückliche Momente mit diesem Ort verbunden waren. Vielleicht wirkte er deswegen so gut gelaunt, als er hier saß und mich vollkommen offen und ohne jede Zurückhaltung ansah.

Aber vielleicht waren es für Phyrros nicht die gleichen bedeutungsvollen Erinnerungen.
Vielleicht hatte er seinen Freund verraten. Menschen taten das, das war die grausame Wahrheit.
Doch das würde ich Drystan gegenüber jetzt nicht erwähnen.

"Kannst du kochen?", fragte er unvermittelt und ich blinzelte.
Mit dem Blick zum Ofen, dessen leckerer Geruch sich begann zu verteilen und mir das Wasser im Mund zusammen laufen ließ, antwortete ich Wahrheitsgemäß:
"Nein. Ich kann zwar mit Messern umgehen, aber nicht auf diese Art."

Kochen war keine Fähigkeit, die Allstair als notwendig erachtet hatte. Ich konnte in der Wildnis jagen und etwas erlegen oder Beeren sammeln, um den Hunger zu stillen, aber Köstlichkeien zubereiten war ein Luxus, der mit nicht vergönnt gewesen war. Auch auf den Festen hatte ich nie etwas von den Speisen anrühren dürfen.

Drystans Blilck verdunkelte sich, denn er hatte genug von meiner Vergangenheit gesehen.
"Willst du es lernen?"
Innerlich überrumpelt, auch wenn man es mir nicht ansah, sah ich zurück zu ihm. Mittlerweile hatte er die Unterarme locker auf die Platte gestützt und dadurch noch mehr Mehl verteilt, was ihn nicht zu stören schien.
"Ja", sagte ich leise, "Ja, sehr gern."
Ohne Zeit zu verschwenden, stand er auf und deutete mir das gleiche zu tun, während er die Zutaten zuammensuchte, die er für den Kuchen noch nicht gebraucht hatte.

Unsicher - was man mir nicht ansah - stellte ich mich neben ihn und beäugte Mehl, Eier, Zucker, Butter, Schokolade und Erdbeeren.
So viele  Zutaten waren das gar nicht. Wie schwer konnte es also sein?

Wortlos schob er eine Holzschüssel zwischen uns, nahm sich ein Ei, teilte es sauber entzwei und ließ die Flüssigkeit ohne Schalenreste reingleiten
Er hielt mir das nächste Ei hin: "Jetzt du."

Konzentriert machte ich es ihm nach und wollte das Ei gegen den Rand der Schüssel schlagen. Das tat ich allerdings bisschen zu kräftig, denn das Ei zersprang komplett.

Der Prinz lachte auf, wo ich erstarrte und auf die Bestrafung wartete. Bei Allstair hatte jeder Fehler Schmerz bedeutet, auch wenn ich es das erste Mal ausprobiert hatte.
Aber Drystan drückte mir einfach das das nächste Ei in die Hand.
"Probier es nochmal. Aber bisschen vorsichtiger."

Einen Moment lang starrte ich auf das zweite Ei, dann zu Drystan der ruhig wartete, dass ich es ein zweites Mal versuchte. Da war keine Wut oder Enttäuschung. Einfach nur Geduld.

Nemesis - Kronen und GötterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt