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Nemesis
Drystan öffnete den Mund, um etwas zu antworten, schloss ihn aber wieder und sah weg.

„Du hast mich dazu überredet, in diesem Krieg zu helfen, obwohl ich dir klar gesagt habe, dass ich kein Interesse habe, für einen weiteren König oder Prinzen zu kämpfen."
Ich erinnerte mich an sein Verhalten, nachdem ich ihn aus der Burg befreit hatte.
„Du bist auch sehr gut darin mir Verachtung entgegenzubringen, wenn ich Menschen töte, weil ich versuche uns zu retten. Oder mir wiederholt zu misstrauen."

Drystan schwieg noch immer, hatte die Lippen aber kaum merklich aufeinander gepresst.

„Ich habe Aramis geheilt. Ich habe die Infizierten vernichtet. Ich hab die Magie der Götter gesucht."
Meine Stimme wechselte von neutral, in einen wütenderen Ton, je mehr ich redete. In ein paar Stunden konnte es für mich vorbei sein, also was interessierte es mich, was ich ihm ins Gesicht schleuderte?
„Nur weil ich es nicht zeige, heißt es nicht, dass ich keine Schmerzen habe. Nur weil ich es nicht sage, heißt es nicht, dass ich noch nicht am Ende bin."

Ich brach ab und atmete kontrolliert aus, um nun ruhiger fortzufahren:
„Als mein Freund solltest du dir nicht aussuchen, mit welchen Teil von mir du leben kannst und mit welchem nicht. Entweder du akzeptierst mich als ganze Person oder eben gar nicht.
Und zu mir gehört das Blut. Der Tod. Wenn du damit nicht umgehen kannst - ok - aber wirf mir nicht vor, ich würde nichts für dich tun."

Zwar war ich ruhig, das Schwert in der Scheide und die Hände locker neben mir, aber mein Blick war ein Sturm auf hoher See.

Der Prinz schluckte, fuhr sich einmal durch das verschwitzte, zerzauste Haar und nickte.
„Du hast recht. Ich... es fällt mir schwer zu sehen, wie leicht und gewissenlos Gewalt an dir vorbei zieht. Ich meine, ich weiß warum du so bist, ich habe deine Erinnerung in den Tunneln gesehen und was Allstair dir angetan hat ist einfach nur grausam."

Meine Augen wurden schmal. Wenn er als Nächstes auch noch einen mitleidigen Ton anschlug, war es vorbei.

„Trotzdem schrecke ich vor dem Blut zurück."
„Ist das der Punkt, an dem du fragst, wie viele ich getötet habe?"
Traurig lächelnd sah er mich an.
„Ich soll keine Fragen stellen, für die ich nicht bereit bin, oder?"

Auch ich erinnerte mich an meine Worte vom Anfang. Anschneiden hatte er so manches nicht vergessen.

Bevor irgendwer von uns noch etwas sagen konnte, landeten Naevan und Chara ein Ast hinter uns. Vorsichtig, wenn auch schnell, setzte der Hüter die Prinzessin ab. Hinter ihnen kamen Vriginia, Aramis und Martell herangeschwebt, da Chara ihre Magie benutzte.

Dabei war Virginia ähnlich gekleidet wie Chara in ihrer weißen Rüstung und den blitzenden Ringen an der Hüfte. Zusätzlich steckten gekrümmte Messer an dem Gürtel um die Hüfte.

Aramis und Martell waren mit einigen weißen Schonern ausgesagten, die Chri-Delero uns zur Verfügung gestellt hatte, die sie zusätzlich zu der silbernen Rüstung trugen. Neben dem Gardisten-typischen Schwarzstahlschwert hatte Martell noch eine Axt auf den Rücken und Aramis mehrere Wurfmesser.

Die drei zeigten noch keine Spuren eines Kampfes, was bedeutete, dass die Infizierten Traddis noch nicht erreicht hatten.
Was trotzdem nicht mehr lange dauern würde.

Flink stand ich auf dem Ast auf, ohne auch nur eine Sekunde zu schwanken. Drystan neben mir war da etwas vorsichtiger.

Virginia musterte den Hüter und mich düster, vermutlich hatte Chara ihr bereits erzählt, wie wir zu der Magie standen.
Ungerührt erwiderte ich ihren Blick. Wenn sie mir was sagen wollte, sollte sie es gerne tun.

„Also kämpfen wir jetzt direkt gegen König Allstair?", kam es etwas zweifelnd von Aramis, während er blass auf die unter uns daher schießenden Infizierten sah.
„Eine Alternative haben wir nicht", murmelte Drystan und vermied es mich anzusehen.

Nemesis - Kronen und GötterWhere stories live. Discover now