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Nemesis
Zu nah.
Zu nah zu nah zu nah.

Mein Herz schlug in meinen Brustkorb, als wollte es genauso sehr aus König Allstairs Umklammerung ausbrechen wie ich. Seine Hände waren ein Schraubstock um meine Handgelenke. Ein eiskalter Griff, der mir so vertrau war, dass mir speiübel wurde.
Genauso kannte ich die Schwere seines Körpers, der meinen runterdrückte und den widerlichen Geruch nach Blut, der immer an ihm haftete.

Der König neigte sich von meinem Ohr runter zu meinem Hals, wo er mir einen schmierigen Kuss auf den schmalen Streifen drückte, der vom Kampfanzug nicht bedeckt war.

Bis jetzt war immer der Stoff meines Anzuges oder meiner Handschuhe zwischen uns gewesen. Als ich ihn jetzt aber Haut auf Haut spürte, brannte die Panik in mir endgültig durch.

Mein Sturm entglitt mir wie Sand zwischen den Fingern. Die Wut wurde hinweggespült von dem Grauen, das seine Berührungen in mir auslösten.
Mein Atem war schwach und unregelmäßig.

Ich spürte das kaum merkliche Lächeln an seinen Lippen, als er mit seinem Kuss meinen Hals hinauf über meine Wange wanderte. Knapp über meinen Lippen blieb er stehen. Nur noch Millimeter von ihnen entfernt.

„Du hast versucht etwas anderes zu sein, als du bist. Du hast versucht mehr zu sein, als mein Besitz. Mehr, als nur zum Töten gemacht."
Seine Finger fuhren die Linien meines Kinnes nach. Als ich reflexartig versuchte mich der Berührung zu entziehen, packte er es fest und drehte es zu sich zurück. Fast wäre ein Wimmern aus meinem Mund gedrungen.
„Aber keine Sorge. Ich werde dich in aller Ruhe daran erinnern, wenn wir wieder in Leymalien sind."

Jetzt küsse er mich und mein Magen wurde zu einem eisigen, harten Klumpen. Panik ließ mich erzittern und als er immer fordernder wurde, rann eine einzelne Träne aus meinem Augenwinkel.

Nein. Nein. Nein.

Ich versuchte mich aufzubäumen, auch wenn es vergebens war oder irgendwie meinen Kopf wegzudrehen. Einfach nur irgendwie aus diesem Kuss raus zu kommen, der nichts war, als sein Besitzanspruch auf mich.

„Hör auf dich zu wehren", knurrte der König an meinen Mund und richtete sich auf, um mir eine schallende Ohrfeige mit dem Handrücken zu geben. Dabei bohrte sich sein Siegelring mit dem Wappen von Leymalien in meiner Haut und hinterließ eine blutige Schramme.

Mein Kopf flog zu Seite und Schmerz explodierte an meiner Wange. Willkürlich schnappte ich nach Luft, atmete durch den Schmerz bis ich ihn ausblenden konnte, wie ich es auch mit meinem Bein tat, das den Tentakel abbekommen hatte.

Doch der Schmerz lichtete meine Panik. Riss mich aus dem Nebel. Zumindest für einen Moment.
Ein Moment, der lang genug war, dass mit einfiel, weswegen ich hier war.

Den König berühren. In seinen Geist eindringen. Die Infizierten vernichten.

Langsam drehte ich den Kopf zurück. Zurück zu König Allstairs harten Zügen, den noch immer violett leuchtenden Augen und der Gewalt hinter ihnen.
Ich hatte ihn genau da, wo er sein musste. In meiner Nähe. Da, wo wir uns berühren konnten.

Mein Sturm stieg aus meinem Inneren auf wie ein Phönix aus seiner Asche.
Und mit allem was ich hatte, tastete ich nach der dunklen Magie, die ich in ihn spürte und warf mich ohne nachzudenken gegen sie.

Plötzlich waren wir nicht mehr in der Schlucht. Innerhalb eines Blinzelns hatte sich meine Umgebung verändert, sodass ich eine Sekunde brauchte, um den Wechsel zu realisieren.
Ich war in der Burg.

„Töricht von dir den Kampf in meinen Geist auszulagern"

Ich fuhr herum, wo Allstairs vor den großen Türen des Thronsaals stand, in dem wir uns befanden. Seine Augen leuchteten nicht mehr und sein Mantel war verschwunden. Das hieß, er hatte nur den Kampfanzug und Schwert an sich. Zusammen mit dem goldenen Dolch.

Nemesis - Kronen und GötterDove le storie prendono vita. Scoprilo ora