Kapitel 5 - Teil 3

1K 122 13
                                    

Ich schlos meine Augen und atmete den frischen Geruch der Natur ein. Ließ die beinahe Stille auf mich wirken und drehte mich wie eine Verrückte im Kreis.

Als ich meine Augen öffnete, schaute ich geradewegs in die von Milan, in denen ein amüsiertes Funkeln lag.
Kichernd setzte ich mich ins Gras und ließ meinen Blick über den Centralpark schweifen. Es war so friedlich, ganz anders als beim letzten Mal.

Jace hatte mir nicht erzählt was passiert war.
Ich wurde aus Jace einfach nicht schlau und aus Kyle erst Recht nicht.

Innerhalb eines Tages war mein Leben komplett auf den Kopf gestellt worden.
Sollte das nicht ein Prozess sein, der sich über Wochen und Monate zog?
Das war alles zu viel für mich.

Ich fing hemmungslos an zu weinen.
Milan schaute mich mitfühlend an, zog mich dann aber in eine Umarmung.
Für ihn musste es so aussehen, als ob ich grundlos weinen würde.

Ich vergrub mein Gesicht an seiner Schulter und ließ den Tränen freien Lauf. Das war zu viel für einen einzelnen Menschen.
,,Was ist los?" flüstere Milan fragend.
,,Nichts, es ist nur, alles ist so viel auf einmal und Jace und Kyle mögen mich nicht, dabei habe ich ihnen gar nichts getan, ich vermisse meine beste Freundin und Julien. Außerdem habe ich keine Ahnung was hier los ist, wurde gestern von irgendso einem Fellding angegriffen und bin zu unbegabt, meine Kräfte zu nutzen." sprudelte es aus mir heraus.

Milan schwieg einen Moment.
,,Ich kann mir vorstellen, dass es schwer für dich ist, wir anderen wurden jahrelang darauf vorbereitet, und du sollst alles innerhalb eines Tages verstehen" antwortete er mir.

Ja, es war tatsächlich schwer, verdammt schwer, um genau zu sein.

Milan bemerkte meinen niedergeschlagenen Blick.
„Kyle ist sehr verschlossen, aber das ist nun mal seine Art, denk nicht zu viel darüber nach, er ist zu allen so."

„Und Jace? Was ist mit ihm? Er ist nicht der Norden, er sollte nicht so verschlossen sein." fragte ich leicht frustriert.
„Ich vermute, dass es einfach daran liegt, dass ihr Gegenteile seid" antwortete Milan mir auf meine Fragen.

„Aber du verstehst dich doch auch mit Kyle, das kann es eigentlich nicht sein." meinte ich und hörte selbst den leicht vorwurfsvollen Unterton in meiner Stimme.
„Es ist ja auch nur eine Vermutung, wir wissen einfach viel zu wenig." erklärt Milan leicht bedrückt.

Nein, Ich wollte nicht, dass er sich schlecht fühlte.

,,Aber was habt ihr denn jetzt geplant?" fragte ich, in der Hoffnung die Situation zu retten. ,,Wir müssen herausfinden, was das für ein Fluch ist und uns läuft die Zeit davon, denn es kann nicht mehr lange dauern, jetzt wo wir die Auserwählte gefunden haben." antwortete Milan.

„Die Zeit läuft uns davon?" fragte ich entsetzt. Wir hatten kaum noch Zeit und ich stellte mich extrem dämlich an. Super geschafft Claire. Ganz typisch DU.
„Ja" erwiderte Milan nur.

Schweigsam liefen wir zurück zum Disneystore.
Milan versuchte mir zu erklären wie, ich es selbst schaffen konnte, nicht den Disneystore sondern das „Hauptquartier des Hüterordens" zu betreten.

Aber genaue wie beim Training funktionierte es auch hier nicht.

Milan brachte mich zurück in den Trainingsraum, als wir ihn betraten, verstummte sofort das Gespräch zwischen Jace und meiner Schwester. Wie jetzt: die beiden verstanden sich?
Ich schaute meine Schwester verwirrt an, was sie mit einem beruhigenden Lächeln beantwortete.

„Wir haben uns überlegt, dass wir eine neue Trainingsmethoden ausprobieren." unterbrach Jace unsere stille Unterhaltung. Ich warf ihm nur einen bösen Blick zu, was er mit einem genervten Augenrollen quittierte.
Willkommen in deiner persönlichen Hölle Claire.

Natürlich brachte auch die neue Trainingsmethoden rein gar nichts.
War ja klar, sie war immerhin von Jace.
Ja eventuell konnte ich ihn nicht leiden, aber das lag ja wohl nicht an mir.

„Du musst dich einfach mehr konzentrieren!" blaffte Jace mich an. „Ich muss mich also konzentrieren? Vielleicht musst du es einfach besser erklären!" erwiderte ich, mindestens genauso aufgebracht.
Er schob die Schuld einfach auf mich. Ich-Sätze kannte der wohl nicht.

Meine Aussage brachte mir allerdings nur einen vernichtenden Blick, der wahrscheinlich ,,Halt die Klappe" heißen sollte, ein. Ich ignorierte Jace einfach gekonnt.

„Ok versuchen wir es nochmal." versuchte meine Schwester die Situation zu entschärfen.
„Bei der ist sowieso alles zu spät." brachte Jace heraus, während er in Richtung Tür verschwand.
Er ging einfach.

Ohne mich eines Blickes zu würdigen, stolzierte er aus dem Raum und legte einen Abgang hin, der jeder Diva Konkurrenz machte.
Ich merkte, wie die Wut in mir hochstieg.

Erst nach einer Weile spürte ich einen Schmerz in meiner rechten Hand und bemerkte, dass ich sie zu einer Faust geballt hatte.
Meine Schwester drehte sich zu mir um und ihre Gesichtszüge entgleisten.

Milan starrte mich mindestens genauso schockiert an. Oder vielmehr starrten die beiden hinter mich.
Wie in Trance drehte ich mich um und Ich könnte wetten dass mein Gesicht den gleichen Ausdruck wie den meiner Schwester annahm.

Das Wasser war hinter mir zu einer Welle aufgebaut und erstarrt. Ähnlich wie gestern in meinem Badezimmer.
Ich schaute schockiert zu meiner Schwester, die sich allmählich aus ihrer Starre löste.
„Ich glaube, du hast genug für heute." murmelte sie vor sich hin.

*

„Und dann war das Wasser zu einer Welle erstarrt?" fragte mich Lina aufgeregt. „Ja" antwortete ich, unsicher, wie ich ihre Aufregung zu deuten hatte.
„Also... das ergibt Sinn." brachte sie heraus. Schön für dich.

„Was ergibt das bitte für einen Sinn?" fragte ich leicht verwirrt.
„Nichts" antwortete sie. „ich wollte dich nur verwirren."

„Ist das dein Ernst?" erwiderte ich leicht genervt und verdrehte die Augen, was Lina natürlich nicht sehen konnte.
Bei der Vorstellung musste ich lachen, wahrscheinlich weil die Anspannung des Tages irgendwie rausmusste.
Das brachte auch Lina dazu zu lachen, was schließlich in einem Riesenlachanfall ausartetet.

„Das war nicht einmal witzig." brachte ich schließlich hervor, bevor die Tür zu meinem Zimmer aufflog und Milan in der Tür stand, der mich erstmal kritisch musterte, da ich lachend in meinem Bett lag.

Mit den Worten „Ich ruf dich zurück." verabschiedete ich mich, immer noch lachend, von Lina.
„Störe ich?" fragte mich Milan, während ich mein Handy beiseite legte. „Jetzt nicht mehr." meinte ich nur mit einem Grinsen.

„Ich wollte fragen, ob du vielleicht die Stadt sehen möchtest?"

Hüter der HimmelsrichtungenDonde viven las historias. Descúbrelo ahora