Kapitel 22 Theresa Teil 5

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„Theresa? Wo warst du nur?", wollte Julien besorgt wissen, als ich unser gemeinsames Hotelzimmer betrat. Lügner. Er war ein eiskalter Lügner.

Ein Heuchler, der mir seine Gefühle nur vorspielte. Wie sonst könnte es ihn so kalt lassen mich zu opfern.

Der Abend war bereits angebrochen, als ich zurück kam.

Als ich mich endlich wieder beruhigt hatte.

Als ich den Entschluss gefasst hatte zurückzukehren.

Und mich mit Claire zusammen zu tun.

Die Sonne war bereits lange untergegangen als ich schlussendlich das Treffen mit Claire beendete.

„Ich war spazieren. Es tut mir leid, dass ich es dir nicht erzählt habe", entschuldigte ich mich und legte eine Hand auf seinen Unterarm. Mit seinem Anderen zog er mich an der Taille näher. Ich ließ es geschehen. Wenn ich keinen Verdacht erregen wollte, musste ich es tun.

Es fühlte sich so vertraut an. So geboren.

Julien beugte sich zu mir vor und als seine Lippen auf meine trafen, vergaß ich mich. Das Gefühl der Zuneigung, das mich überströmte, war einfach zu überwältigend.

Meine Hand wanderte unwillkürlich in seine Haare und auch er schob seine Hand so, dass er meinen Hinterkopf hielt.

Hoffnung keimte in mir. Vielleicht liebte er mich doch?

Vielleicht, aber nur vielleicht hatte er einen Plan in der Hinterhand, den ich einfach noch nicht kannte.

Er war meine wahre Liebe, er würde mich nicht opfern. Dieses Band musste auch auf ihn eine Auswirkung haben. Es konnte doch nicht spurlos an ihm vorbeigehen.

Nein. Ich verbot mir diese Gedanken. Mittlerweile kannte ich die Wahrheit. Claire hatte mich von Anfang an gewarnt.

Ich musste standhaft bleiben und an unserem Plan festhalten.

„Hast du Hunger? Du und Claire, ihr habt beim Abendessen gefehlt. Wir haben uns Sorgen gemacht", fragte er mich, nachdem wir uns voneinander gelöst haben.

Er strich mir meine Haare zurück und musterte mich besorgt.

„Ja, ich weiß. Es tut mir leid", entschuldigte ich mich erneut. Julien hatte mich verraten. An wen wusste ich nicht, aber ihm war es egal, dass ich sterben würde.

Claire hatte die Vermutung geäußert, dass der Rat dahinter steckte. Ich konnte es mir vorstellen. Abgesehen von Mr. Young, hatte niemand Gutes im Sinn. Nein, selbst Mr. Young glaubte an die falschen Werte. Er arbeitet zwar für Azriel, allerdings nur, weil er dessen Familie gefangen hielt.

Genauso wie er Claire Anfangs damit gedroht hatte Lina etwas anzutun. Ich verstand noch immer nicht, wieso sie sich auf ihn eingelassen hatte.

Sie habe ihre Gründe, hatte sie gesagt, mir aber nicht mehr verraten. Zu riskant. Falls ich doch für Julien arbeitete.

Falls ich sie genauso verraten würde, wie er mich.

Ich konnte sie verstehen. Konnte verstehen warum sie mir nicht vollständig traute, obwohl sie meine Wahrheit kannte.

Immerhin war sie ehrlich. Sie hatte sogar zugegeben einen Notfallpläne zu haben, falls unserer schief ging.

Falls. Diese gab es zu viele in unserer Rechnung.

Zu viele Variablen, die wir nicht eindeutig bestimmen konnten.

„Ich kann hinunter in die Küche gehen und etwas zu Essen für dich besorgen", bot Julien an und küsste mich auf die Stirn.

„Nein, ich." Ich beendete meinen Satz nicht und ließ stattdessen eine Mahlzeit für mich auf dem Tisch erscheinen.

„Ah verstehe", antwortete Julien und zwinkerte mir zu. „Meine kleine Zauberin kann sich ihr Essen selbst machen."

Ich sah die Belustigung in seinen Augen, die ich so geliebt hatte. Die ich immer noch liebte.

Gezwungen lächelte ich und zog ihn mit zu dem Tisch.

„Magst du auch etwas?", wollte ich wissen und verlieh meiner Stimme einen beinah schüchternen Ton.

Nur meiner umfangreichen Ausbildung hatte ich es zu verdanken, dass ich jetzt nicht zusammenbrach.

Vielleicht lag es auch daran, dass keine Tränen mehr übrig waren.

Keinen Tränen, die ich um meine verlorene Liebe weinen konnte.

„Theresa? Ist alles okay?", versicherte er sich, weil ich nur starr vor dem Tisch stand und mich nicht setzte.

Ich nickte.

„Ich war nur in Gedanken, wegen Morgen. Es ist wirklich alles gut", beruhigte ich ihn.

„Du musst dir keine Gedanken machen. Ich habe alles unter Kontrolle."

Ja. Das hatte er. Wut stieg in mir auf.

Die Leere war bereits vorbei.

„Was machen wir eigentlich, wenn der Fluch vorbei ist?", fragte ich scheinbar beiläufig und schob mir einen Bissen meines Essens in den Mund.

Julien war auf diese Frage nicht vorbereitet. Er überlegte einen Moment, erst dann, ergriff er meine Hand und drückte sie leicht.

„Dann werden wir Leben. Zusammen."

Lügner. Es würde kein danach geben. Kein gemeinsames Leben.

Rein gar nichts.

Ich nickte und lächelte. Stellte keine Fragen. Nichts was Misstrauen erregen könnte.

Wir schwiegen, während ich den Rest meiner Mahlzeit aß.

Ehrlich gesagt, wollte ich auch gar nicht mit ihm reden.

„Wollen wir einen Film ansehen?", schlug Julien vor. „Wie ein richtiges Paar", fügte er hinzu und gab mir einen Kuss auf die Fingerknöchel.

„Twilight?" Mein Vorschlag ließ Juliens Gesichtszüge entgleisen.

„Warum ausgerechnet Twilight?", jammerte er.

Ich verstand nich, warum ich eine Vorliebe für diesen Film hatte. Warum ich ihn mir überhaupt anschaute. Doch gerade jetzt war mir danach. Nach einem Liebesfilm.

Glücklicherweise hatte ich die DVD schon mehr als zehn Mal erschaffen, sodass ich genau wusste, wie sie beschaffen sein musste.

Julien jammerte nicht mehr, sondern setzte sich wortlos aufs Sofa. Ich ließ mich daneben nieder.

„Du weißt, dass ich das nur mit dir schaue, weil ich dich Liebe", raunte er mir zu und zog meinen Kopf zu sich um mich zu küssen.

Beinah hätte ich geweint. Doch es waren keine Tränen da, die ich vergießen konnte.

Nachdem ich den Kuss beendet hatte, legte ich meinen Kopf auf seiner Schulter ab und schaute den Film.

Bis ich einschlief, noch bevor der Film zuende war.

Nur widerwillig löste ich mich aus Juliens Umarmung, der daraufhin ein murrendes Geräusch von sich gab.

Ich wusste nicht, wie ich in das weiche Bett geraten war. Meine letzten Erinnerungen an den gestrigen Abend, war Twilight, dass ich an Julien gekuschelt gesehen hatte.

Doch ich konnte mich nicht weiter der Illusion hingeben, dass er mich liebte.

Ich hatte alles gehört und er war bereit mich zu opfern.

Heute war der Tag, an dem sich alles entscheiden würde.

Der Tag, an dem ich mein Leben geben würde. Aber nicht für Julien und den Rat.

Sondern für Claire und das Chaos.

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Ich habe keine Ahnung, wo die Absätze herkommen. Irgendwann bei der Überarbeitung werde ich sie alle entfernen. Versprochen!

Ich weiß irgendwie nicht, ob ich das Kapitel drin lasse. Wenn, dann wird es überarbeitet. Irgendwelche Verbesserungen?

Gibt es irgendwelche Meinungsänderungen?? (Zu Theresa, Julien, Claire whatever?)

Hüter der HimmelsrichtungenWhere stories live. Discover now