Kapitel 10 - Teil 2

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„Ach hier bist du", stellte Kyle fest und trat neben mich.
,,Hm." bestätigte ich, schaute aber weiterhin starr nach oben in den Himmel.
„Es ist nicht so, wie du es dir gerade wahrscheinlich denkst", versuchte er es, stieß dabei aber bei mir auf taube Ohren. Stumm nickte ich.

Eine Weile schwiegen wir beide. „Ich wollte es auch nicht, weißt du", erklärte er und folgte meinem Blick in den Himmel.
„Und was ist dann passiert?", wollte ich wissen und schaute ihn nun direkt an.
„Mir bleib keine Wahl", stellte er nüchtern fest.

Er schluckte und schaute gedankenverloren auf das Treiben der Stadt.
„Ich war der Letzte, da es normalerweise immer bei Jace beginnt, wenn wir irgendwas machen. Die Anderen sind mir wichtig. Auch wenn du es vielleicht nicht denkst", verriet er mir.

„Ich denke nicht, dass die Anderen dir nicht wichtig sind", erwiderte ich.
„Ich frage mich nur, warum du immer so kühl bist", fügte ich fragend hinzu.
Er schaute mich an. Seine Augen, wie immer ohne jegliche Wärme.

„Ich habe meine Gründe", war seine einzige Antwort, bevor er sich wieder von mir abwandte.
Was auch immer passiert war, es hatte ihn verändert. Ich fragte mich welches Ereignis einen Menschen derart verändern konnte.

„Kyle? Wenn du darüber reden magst, bin ich da", flüsterte ich kaum hörbar, während ich mich wieder von ihm abwendete.
Ich klemmte mir eine Strähne hinter mein Ohr und schaute wieder zu den Sternen.

„Manchmal frag ich mich, wie weit das Universum wohl geht", murmelte Kyle, mehr zu sich selbst als zu mir.
„Keine Ahnung", hauchte ich.
„Aber ich denke, es ist so unendlich, dass alle Träume wahr werden können."
„Das ist eine schöne Vorstellung", stellte Kyle fest.

„Wie wird es sein, wenn Zephyr sich mit mir verbindet?", fragte ich und registrierte, dass meine Stimme sich ein bisschen unsicher anhörte. „Es wird nicht schlimm, wenn du das denkst. Sie kann dir nicht ihren Willen aufzwingen."
Bei diesen Worten atmetete ich erleichtert aus, da dies meine wohl größte Sorge war.

„Wenn sie mir nicht ihren Willen aufzwingen kann, wie kann sie dann durch mich handeln?", hakte ich misstrauisch nach, da mir dieser Punkt irgendwie nicht schlüssig vorkam.
„Mit deinem Einverständnis, kann sie für dich handeln. Bei uns ist das allerdings erst einmal vorgekommen", erklärte Kyle mir.

„Ich kann also jeder Zeit dagegen sein?", wollte ich wissen, um mich noch einmal zu versichern, dass keine Gefahr bestand.
„Ja", erwiderte Kyle nur knapp.

*

„Ich werde mich mit Zephyr verbinden", verkündete ich und schaute dabei zu Milan und Jace. Beide schauten mich überrascht und auch erleichtert an.
„Wie kommt es zu diesem Entschluss?", fragte Milan und lächelte mich dabei an.
„Kyle hatte überzeugendere Argumente als Jace", meinte ich nur.

Jace blickte mich daraufhin nur Finster an. Da war mir Kyle irgendwie lieber. Schließlich schwankten seine Emotionen nicht so oft wie die von Jace. War ja wirklich schlimm seine ständigen Stimmungsschwankungen zu ertragen. Ich glaube der einzig Normale war Milan.

„Wie sieht der weitere Plan aus?", fragte ich, während ich mich auf einen Sessel sinken ließ. Jace räusperte sich kurz, bevor er begann.
„Wir werden die Nacht im Hotel bleiben und Morgen dann den Flug nach Kairo nehmen."

„Ist das mit dem Rat abgesprochen?", wollte Kyle wissen. „Ja", erwiderte Jace knapp. Ich bezweifelte, dass das eine allzu gute Idee war. Schließlich konnte es kein Zufall sein, dass Azriel uns gefunden hatte, aber ich sagte nichts. Gegen den Rat konnte ich nichts sagen, da ich die Neue war und so würde man mir überhaupt nicht zuhören.

Vielleicht war niemand aus dem Rat daran Schuld, versuchte ich mich zu beruhigen. Denn der Gedanke an einen Verräter in den eigenen Reihen war nicht besonders angenehm.
„Ich denke wir sollten jetzt schlafen gehen." verkündete Milan.

Der Vorschlag wurde einstimmig angenommen und so lag ich nun im Bett und dachte über das nach, was mir bevor stand. Ich war immer noch nicht mit der Verbindung zu Zephyr einverstanden. „Jace?", fragte ich in die Stille. Wir hatten uns schon lange nicht mehr so unterhalten.

Was ist?", kam es beinahe sofort zurück.
Ist die Verbindung zu Zephyr wie Unsere?", wollte ich wissen. „Nein", antwortetet er zögerlich. „Unsere Verbindung ist etwas anderes und ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung was", gab er zu. Es überraschte mich, dass er seine Schwäche eingestand.

Auf der anderen Seite fand ich es extrem beunruhigend, dass Jace nicht wusste was es mit der Verbindung auf sich hatte. Bisher dachte ich, dass es einfach daran lag, dass wir die gegensätzlichen Himmelsrichtungen waren. „Jace? Haben Milan und Kyle die gleiche Verbindung?", hakte ich nach.

Naja also", begann er herumzudrucksen. „Nein", brachte er schließlich heraus. Ich setzte mich ruckartig auf. „Wenn Milan und Kyle keine Verbindung haben, warum haben wir dann eine?", fragte ich misstrauisch.
„Claire? Ist alles gut?", wollte Milan in diesem Moment von mir wissen.

„Ja, Ja", murmelte ich und ließ mich zurück in mein Kissen sinken.
Ich weiß es nicht", antwortete Jace kleinlaut. Ich dachte es wäre normal. Doch jetzt machte ich mir ernsthafte Sorgen. „Wie du weißt es nicht? Wieso weißt du es nicht?", verlangte ich zu erfahren.

Ich weiß es einfach nicht. Eurus wollte es mir nicht sagen", erwiderte er frustriert.
Dann versuch es herauszufinden."
„Das ist nur leider nicht so einfach", sagte er mit kühler, emotionsloser Stimme, die sich mehr als nur distanziert anhörte.

*

„Morighan, wie schön, dass Ihr hier seid", begrüßte Arthur sie mit einem strahlenden Lächeln und ignorierte dabei die verwunderten Blicke der Ritter, die um einen runden Tisch herum saßen und Morighan ungläubig musterten.
„Die Freude ist ganz meinerseits, König Arthur."

„Darf ich Euch vorstellen, dass sind die Ehrenwerten Ritter der Tafelrunde, die bereits überall im Land ein hohes Ansehen genießen." Dabei deutet Arthur auf seine Untergebenen. Morighan Blick folgte ihm und ihr fiel ein einziger leerer Platz auf.

„Darf ich fragen wer fehlt?", wollte sie von Arthur wissen, der nun ihrem Blick zu dem Stuhl folgte.
„Lancelot. Mal wieder. Aber ich versichere Euch, er wird bald auch erscheinen. Währenddessen könnt Ihr euch gern mit den Anderen unterhalten, bis wir beginnen."

In diesem Moment betrat ein weiterer Ritter den Raum und Morighan musterte ihn interessiert. Er sah gut aus, keine Frage. Denn seine pechschwarzen Haare umrahmte sein kantiges Gesicht. Mit seinen schwarzen, unglaublichen Augen analysierte er in kürzester Zeit den Raum und trat nun auf Arthur zu.

Aus der Nähe betrachtet sah Morighan, dass sich um seine schwarze Iris, ein roter Streifen zog. Augen, die sie so noch nie gesehen hatte.

Hüter der HimmelsrichtungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt