Kapitel 23 Claire Teil 2

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„Gut, denk dran, vergiss den Zusatz nicht", mahnte Julien meine Schwester, die ihm aufmerksam zu hörte und förmlich an seinen Lippen klebte. Das meinte ich nicht nur symbolisch, nein. Die Beiden konnten wirklich nicht die Finger voneinander lassen.

Misstrauisch saßen Jace, Kyle und ich daneben und beobachteten das Treiben. Nicht, dass ich mich unwohl fühlte. Es war einfach nur diese Stimmung, wenn ein verliebtes Paar im Raum war.

Hätte ich nicht gewusst, dass Julien sie verraten hatte und dass Theresa auf meiner Seite stand, hätte ich schwören können, dass sie einander liebten.

„Ich rufe die Kräfte des Nordens, auf dass sie mich schützen.

Ich rufe die Kräfte des Ostens, auf dass sie mich binden.

Ich rufe die Kräfte des Südens, auf dass sie mich stärken.

Ich rufe die Kräfte des Westens, auf dass sie mich unterstützen.

Und ich rufe die Kräfte des Lichtes, auf dass der Fluch gebrochen ist", wiederholte Julien die Worte, die Theresa sprechen musste, um den Fluch zu brechen.

Die Worte, die sie nicht verwenden würde, wenn alles nach Plan lief.

Doch als ich die Worte hörte, überkam mich ein Gefühl der Vertrautheit. Mir waren sie bekannt. Genau die Gleichen, wie Morighan sie einst gesprochen hatte. Abgesehen vom letzten Absatz. Wie einfach es war die Kräfte der Dunkelheit anzurufen.

„Habt ihr alles für das Ritual?", fragte Julien in die Runde, nachdem Theresa die Worte wiederholt hatte.

„Ja", bestätigte ich und auch die anderen nickten zustimmend. Es war nicht schwer gewesen Äpfel zu besorgen. Genauso, wie es den anderen leicht fiel ihre Opfer bereitzustellen. Einzig das Milan und Lina fehlten, hinterließ eine Lücke in unserer Aufstellung. Ich konnte nur hoffen, dass es meiner besten Freundin gut ging.

Sobald ich hier fertig war, würde ich mich daran machen sie und den Hüter zu finden und sie davon zu überzeugen sich für die gute Sache einzusetzen.

„Wir sollten eine Art Scheiterhaufen errichten", verkündete Julien.

Nein, es war keine Art von Scheiterhaufen. Es war einer. Zumindest, wenn es nach Julien ging.

Ich sah den Blick meiner Schwester, als sie Stufe für Stufe den Berg aus Holz und Ästen erklomm, der sich bedrohlich in der Mitte des ehemaligen Schlosshofes auftürmte.

Sie wirkte unendlich traurig. Sie war gebrochen. Juliens Verrat hatte sie schwer getroffen.

Die Sonnenstrahlen erhellten den gesamten Platz und gaben in Verbindung mit dem Berg aus Holz, der tatsächlich wie ein Scheiterhaufen anmutetet ein groteskes Bild von sich.

„Erinnerst du dich an deine Worte?", hakte Julien nach, der direkt vor Theresa stand.

„Ja, ich kenne sie auswendig", versichert sie ihm, doch ihr Blick glitt zu mir. Sie meinte nicht seine Worte. Sondern unsere.

Wir würden den Fluch aufhalten. Er würde uns Zeit verschaffen. Um eine Lösung zu finden, sie aus dem Fluch zu befreien.

„Du wirst es schaffen, Theresa", ermutigte Julien sie und schaute zu ihr auf.

Er stand dort, zu ihren Füßen. Im Matsch.

Wo er hingehört. Denn Theresa glich einer Königin.

Ihre Haare hatte sie zu einer kunstvollen Frisur aufgesteckt, kleine Diamantohrringe steckten an ihren Ohren und um ihren Hals trug sie eine dazu passende Kette.

Auch wenn sie in Flammen stand, würde sie aussehen wie eine göttliche Erscheinung.

„Wir sollten anfangen", unterbrach Jace meine Gedanken, in der er mich leicht am Arm berührte.

Unwillkürlich glitt mein Blick zu Kyle, der uns mit zusammengekniffenen Augen beobachtete.

„Ja, das sollten wir", stimmte ich zu und wandte mein Blick gen Himmel, wo die Sonne bereits ihren Höchststand erreicht hatte.

„Bist du bereit, Theresa?", wollte ich wissen und versicherte mich so, ob sie unseren Plan wirklich verinnerlicht hatte.

„Ja", bestätigte sie und lächelte gezwungen. Auch, wenn jeder andere es als ein echtes Lächeln gesehen hätte.

„Dann lasst uns anfangen", verkündete Julien und küsste ein letztes Mal ihre Hand.

Der Ausdruck in ihren Augen zeugte von unendlicher Trauer. Ich konnte sie verstehen. Zumindest ein wenig.

Ich an ihrer Stelle würde Rache wollen und sie schien sie sich gerade zu nehmen, in dem sie ihn ebenfalls verriet.

„Claire, ist alles in Ordnung?", wollte Jace wissen, der mich misstrauisch beobachtete.

Anscheinend hatte ich einen Moment meine Geschichtszüge nicht unter Kontrolle.

„Ja, natürlich." Ich wandte den Blick zu Theresa.

„Ich denke, es liegt einfach daran, dass ich mich so allein fühle, wenn ich die Beiden sehe", erklärte ich.

Ich hatte keine Ahnung, inwieweit Jace die Gefühle zwischen Kyle und mir mitbekommen hatte.

Ob es ihn überhaupt interessiert, wie es mir ging. Schließlich war unser Verhältnis nie das Beste gewesen.

Eigentlich war es mir egal, was er von mir hielt, aber manchmal hätte ich gern eine Antwort, auf die Frage, warum er mich so hasste.

Wenn wir ehrlich waren, gab es keinen erklärbaren Grund. Genauso wenig für unsere Gedankenverbindung, die wir immer seltener nutzten.

Vielleicht würde ich eine Erklärung auf all diese Fragen finden. Irgendwann, wenn das alles hinter uns lag.

Wenn er mich dann nicht noch mehr hasste, weil ich ihn und Kyle verraten hatte.

Weil ich dieses intrigante Spiel spielte. Auch, wenn es nur richtig war.

Vielleicht hätte ich mit Kyle reden können, wenn die Stimmung zwischen uns nicht so frostig war.

Vielleicht hätte ich auch Jace von der Wahrheit überzeugen können, die er nicht kannte.

Von dem, was wirklich in der Vergangenheit geschehen war.

Nur ich wusste es. Und lieferte alle anderen ans Messer.

Aller, außer meiner Schwester.

Doch es war das Richtige. Ich konnte nicht länger auf ihrer Seite stehen. Auf der Seite des Rates.

Nicht, wenn ich wusste, was dieser in der Vergangenheit verbrochen hatte.

Wenn ich wusste, dass tausende Unschuldige durch die Hand des Rates gestorben waren. Tausende. Väter. Mütter. Ja sogar Kinder.

Weil sie Chaosmagie benutzten. Obwohl diese auch für Gutes eingesetzt werden konnte.

Genauso wie die Magie der Hüter.

In den falschen Händen. In den Händen von uns konnte sie grausames vollbringen.

Und der Rat hatte uns alle schamlos benutzt.

Er hatte die wahre Liebe zwischen meiner Schwester und Julien zerstört.

Nur für die Herrschaft über uns alle.

__________

Vorletztes Kapitel. Nur noch eins plus Epilog. *weint*

Was sagt ihr denn zu der lieben Claire?

Was ist mir Jace und Kyle?

Theresa und Julian?

Was denkt ihr passiert gerade bei Milan und Lina?

Hüter der HimmelsrichtungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt