Kapitel 12 - Teil 1

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„Was wird das?", ertönte eine nicht gerade begeisterte Stimme in der Nacht. Erschrocken taumelte ich von Kyle weg und schaute mich nach dem Störenfried um. Wie erwartet war es Jace. „Das geht dich gar nichts an", wies ich ihn zurecht. In meinem Kopf geisterte nur die eine Frage herum.

Was wäre wenn?
Wenn Jace uns nicht unterbrochen hätte, hätten wir uns dann geküsst?
Es wäre mein erster Kuss gewesen.

„Doch", erwiderte Jace und musterte uns mit grimmiger Miene. „Es geht dich nichts an Jace, rein gar nichts."
„Doch", wiederholte er, „Denn ihr seid keine Gefährten, ihr werdet beide noch eure wahre Liebe finden und dann wird einer von euch bitter enttäuscht werden."

Ich schaute zu Kyle, wollte, dass er irgendetwas erwiderte, dass er Jace Widersprach. Nichts. Nicht ein einziger Ton.
„Du hast kein Recht darüber zu urteilen", presste ich hervor.
Nun schwieg er, ebenso wie Kyle.

Ich drängelte mich an Jace vorbei, so, dass ich ihn an der Schulter anrempelte. Kyle bleib einfach nur betreten stehen. Ohne mich noch einmal umzudrehen stolperte ich zurück ins Hotelzimmer. Der Raum schien auf einmal erdrückend klein, so als wäre hier nicht genug Platz für das, was mir gerade durch den Kopf geisterte.

Was war sein Problem? Ich verstand es einfach nicht. Ich hatte ihm nicht getan und trotzdem war er so abweisend mir gegenüber. Hätte ich ihn irgendwie anders kennengelernt, hätte ich ihn einfach ignoriert, allerdings war ich nunmal 24 Stunden am Tag mit Jace zusammen, ob ich wollte oder nicht.

Wie in diesen schlechten Büchern, in dem der Typ plötzlich ganz viel Zeit mit dem Mädchen verbringt, obwohl er sie nicht leiden kann. Nur dass wir nicht in so einem Buch waren und ich nicht mit Jace zusammen kommen würde. Denn die Realität war anders und in dieser Realität hasste Jace mich.

Ich bekam kaum mit, dass Milan mich kritisch musterte. Erst als er mich in seine Arme zog und mir unbeholfen über den Rücken strich schaute ich ihn an.
„Was ist passiert?", wollte er wissen.

„Jace", nuschelte ich und Milan nickte verstehend. Ich löste mich aus der Umarmung. „Was soll ich nur machen?", flüsterte ich tonlos.

*

Er war eine Kreatur des Chaos, das sah Morighan auf den ersten Blick. Hilfesuchend schaute sie sich nach Merlin um, konnte diesen jedoch nicht entdecken. Sie hätte schwören können, dass er eben noch neben Arthur stand.
„Lady Morighan, ich bin erfreut euch zu sehen", wandte dieser sich an die Hüterin und musterte jede Regung ihres schönen Gesichts.

Verunsichert, da sie nicht wusste, woher er sie kannte schaute sie ihn an. „Die Freude ist ganz meinerseits, Sir Lancelot", erwiderte sie, als sie ihre Sprache wiedergefunden hatte. „Wie kommt es, dass ihr meinen Namen kennt?", wollte Morighan wissen und blickte ihn interessiert an, ganz so, als erhoffte sie sich dadurch eine Antwort.

„Ich traf kurz nach eurer Abreise am Hof eures Vater ein und verweilte dort eine Weile", erklärte dieser überraschend freundlich und lächelte ihr freundlich zu. Morighan hielt sich nun schon eine ganze Weile in Camelot auf, länger als es ursprünglich geplant war. Die Zeit war wie im Flug dahin geeilt, ohne dass sie es bemerkt hatte.

„Mir wurde die große Ehre Zuteil eure Schwester kennenzulernen", fügte Lancelot hinzu und musste beim Gedanken an sie lächeln. Ihre Schwester. Sie war in letzter Zeit äußerst komisch.
Die Hüterin fragte sich unwillkürlich, ob ihre Schwester sich auch zu ihm hingezogen fühlte, oder ob dies nur einseitig war und einzig von Lancelot ausging.

„Ich soll euch die besten Wünsche von eurer Schwester ausrichten."
Sie nickte, um ihm zu zeigen, dass sie diese Information zur Kenntnis genommen hatte und um ihre Gefühle zu verbergen, die sie geradezu überrollten. „Wie geht es Morgause?", fragte Arthur, der in diesem Moment hinter sie trat und eine Hand leicht auf ihre Schulter legte.

Hüter der HimmelsrichtungenWhere stories live. Discover now