Kapitel 21 Claire Teil 3

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Ich habe etwas gefunden", rief Jace nach einer Weile und ich hörte, wie Stolz in seiner Stimme mitschwang.

Kyle horchte ebenfalls auf. Während er mit schnellen Schritten zu ihm ging, ließ ich mir Zeit.

Gemächlich lief ich zu ihnen hinüber und kniete mich neben den braunhaarigen Hüter.

„Was hast du gefunden?", wollte ich wissen.

Als Antwort hielt er mir wortlos einen Diamanten hin, an dem ein wenig trockenes Blut klebte.

Ich kratze es vorsichtig ab und sah mir den Diamanten dann im Schein der Fackel genauer an. Ich konnte nicht sagen, ob er echt war, schließlich kannte ich mich mit so etwas nicht aus. An dieser Stelle brauchte ich meine Schwester.

Leider wusste ich nicht, wo diese sich befand.

Wahrscheinlich war sie zu Hause. Ich musste darauf hoffen, dass Azriel sich auch um sie kümmerte.

„Was machen wir jetzt damit?", fragte Kyle und untersuchte die Wand oberhalb der Fundstelle genauer.

„Vielleicht ist es ja so ein ähnlicher Mechanismus wie der in der Bibliothek", vermutete und ich und drehte den Stein zwischen Daumen und Zeigefinger.

„Aber wo willst du denn mit dem Diamanten hin?", warf Jace ein.

„Und wieso klebt Blut an dem Stein?", fügte Kyle hinzu.

Ich tastete die Wand vor mir ab um eine Vertiefung oder Ähnliches zu finden.

Tatsächlich spürte ich nach einiger Zeit, eine Art Abdruck unter meiner Fingerkuppe.

„Das ist etwas", teilte ich den Beiden mit.

Der Stein passte perfekt.

Doch nichts passierte.

„Vielleicht müssen wir Blut auf den Stein Tropfen lassen", schlug Jace vor.

„Und wessen Blut nehmen wir da?", erwiderte Kyle skeptisch.

„Naja", setzte ich an, „das hier ist Merlins Höhle, wäre es da nicht logisch sein Blut zu verwenden?"

Die Hüter schauten mich mit einer Mischung aus Unglauben und Verwirrung an.

„Merlin ist seit mehreren Jahrhunderten tot", erklärte Jace in einem Tonfall, der mich stark an Menschen erinnerte, die mit einem kleinen Kind sprachen.

„Ja, Merlin ist vielleicht tot, aber dein Blut fließt trotzdem noch in deinen Adern", entgegnete ich.

„Die Frage ist nur, ob du bereit bist einige Tropfen deines Blutes zu opfern."

Jace starrte mich mit einem unergründlichen Blick an.

„Ja, werde ich", antwortete er ohne zu zögern.

Ich reichte ihm wortlos ein Skalpell, dass ich erschaffen hatte.

Er nahm es und schnitt ein wenig in seine Fingerkuppe.

Es dauerte einen Moment, dann trat karminrotes Blut aus der kleinen Wunde.

Tropfen um Tropfen ließ er es auf den Diamanten fallen, den ich ihm hinhielt. Als bereits ein Großteil der Spitze mit Blut bedeckt war, steckte ich ihn vorsichtig in die Vertiefung.

Es passierte nichts. Rein gar nichts.

Enttäuscht drehte ich mich zu den Jungs.

„Ich hätte gedacht, dass es funktioniert." Ich hob entschuldigend die Arme.

„Wegen dir habe ich mich jetzt in den Finger geschnitten", wetterte Jace los.

„Du wirst es überleben", regte ich mich auf.

Bevor Jace zu einer Antwort ansetzen konnte, spürte ich ein Zittern hinter direkt vor mir.

Ich drehte meinen Kopf wieder zur Wand und sah, wie sich ein rechteckiger, etwa türgroßer Block Stück für Stück schwerfällig nach hinten schob.

Begeistert sprang ich auf.

„Es hat geklappt", stellte Jace trocken fest und stand ebenfalls auf.

Der Klotz, der sich eben noch von uns weg bewegt hatte, stoppte und fügte sich ruckelnd in eine Nische auf der rechten Seite des Ganges ein, weshalb wir immer mehr von dem Raum dahinter zu sehen bekamen.

Es sah aus wie ein uraltes Arbeitszimmer, Bücher türmten sich an unterschiedlichen Stellen zu ganzen Stapeln. Papier lag überall verteilt.

Anders als erwartet sah es nicht so aus, als würde dieses Zimmer seit Jahrhunderten unbewohnt sein.

„Hier war jemand", stellte Jace fest und ließ zwei Schwerter erscheinen. Ich zog reflexartig Excalibur aus der Scheide und auch Kyle bewaffnete sich.

Wir konnten es nicht riskieren angegriffen zu werden. Nicht jetzt.

Vorsichtig, um kein Geräusch zu machen, drückte ich mich an Jace vorbei und betrat den schmalen Gang, der geradewegs in das Arbeitszimmer führte.

„Claire, was tust du?", zischte der Hüter wütend, doch ich ließ mich nicht beirren und lief einfach weiter.

Nachdem ich den Raum betreten hatte, schaute ich mich hastig nach Feinden um, doch niemand war hier.

Die Staubschicht auf dem Tisch war allerdings aufgewirbelt, während sich an anderen Stellen, der Staub zentimeterdick sammelte.

Auch die Truhen hatten keine Staubschicht, standen teilweise sogar offen.

Jemand hatte etwas gesucht. Wer auch immer es war, derjenige war uns zuvor gekommen.

„Was zur Hölle denkst du dir dabei einfach in das Zimmer zu stürmen", schimpfte Jace, der gerade das Zimmer betrat und mich mit einem Blick bedachte, der Armeen zu Fall bringen könnte. Eine kleine Armee. Aus Spielzeugsoldaten.

„Sei doch einfach froh, dass du dir nicht die Mühe machen musstest", giftete ich zurück.

Kyle, der hinter ihm aus dem Gang trat, schaute unserem Schlagabtausch nur stumm zu. Er ignorierte mich immer noch. Ich konnte es verstehen.

„Wir sollten vielleicht herausfinden, was derjenige gesucht hat", erklärte Jace schließlich und antwortete somit nicht auf meine letzte Aussage.

„Diejenigen", verbesserte ich und deutet auf einen Abdruck auf dem Boden.

„Es sind zwei verschiedene Schuhprofile", klärte ich ihn auf, als er meinem Blick folgte und es sich hilflos ansah.

„Sind sie noch hier?", hakte er nach und sah mich abwartend an.

„Ich nehme es an", antwortete ich und deutetet wortlos auf die einsame Spur von Fußbabdrücken, die sich in das innere der Kammer zogen.

„Allerdings hat nur eine Person diesen Raum betreten", merkte ich an.

„Wie ist dann die andere Person hier hereingekommen?", überlegte Jace.

„Woher soll ich das wissen?", stellte ich die Gegenfrage.

„Wir können eigentlich nur überprüfen, ob sich noch Personen hinter der Tür befinden."

Die Hüter schauten beide zur Tür und nahmen sofort Kampfhaltung ein. Ich folgte ihrem Beispiel und schlich auf die Tür zu.

Als ich nach der Klinke griff, nahm ich im Augenwinkel Jace wahr, der mir bedeutete nichts zu tun, doch es war schon zu spät. Ich zog die Tür auf.

Und auf der anderen Seite standen eng umschlungen zwei Personen.

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Ja, wer die Personen sind dürfte relativ klar sein.

Wie sympathisch ist euch eigentlich die liebe Claire?

Ich habe übrigens keine Ahnung, warum da immer ein Absatz zwischen den Sätzen ist. Das entferne ich natürlich demnächst. :D

Hüter der HimmelsrichtungenWhere stories live. Discover now