Julien

959 115 43
                                    

„Dad!" rief ich durch das gesamte Haus, nachdem ich die Tür hinter mir zugezogen hatte, da ich wusste, dass er heute da sein musste. „Was ist?" kam es auch schon genervt zurück. Ich folgte der Stimme ins Arbeitszimmer, wo mein Vater sich meistens aufhielt, wenn nicht gerade schlief.

„Ich denke wir sollten reden." eröffnete ich das Gespräch, was meinen Vater endlich dazu brachte überrascht aufzuschauen. „Warum?" wollte er wissen. „Ich finde du solltest mir endlich mehr über den Fluch erzählen." brachte ich heraus. „Julien, wir haben doch schon oft genug darüber geredet, du bist noch nicht bereit dafür es zu erfahren." versuchte mein Vater mich zu besänftigen.

Doch diesmal würde ich nich nachgeben. „Das erzählst du mir seit Jahren." erwiderte ich nüchtern. „Ich muss es wissen, Azriel hat mich heute darauf angesprochen, zumindest vermute ich das." versuchte ich es erneut.
Sofort wich alle Farbe aus dem Gesicht meines Vaters.

„Azriel?" fragte er stotternd. Ich nickte irritiert und mein Vater sackte daraufhin in sich zusammen. „Wieso? Was ist mit ihm?" forschte ich nach. „Er hat uns gefunden." murmelte mein Vater wie in Trance. Verwirrt stand ich mitten im Raum und wunderte mich, da mein Vater sonst nie so verletzlich wirkte, zumindest nicht, wenn er es verhindern konnte und diese Eigenschaft hatte er über die Jahre perfektioniert.

„Was ist mit ihm?" fragte ich erneut. „Er wollte mich damals auf die Seite des Chaos ziehen." brachte mein Vater heraus, allerdings mehr zu sich selbst als zu mir. „Mich auch." erklärte ich. „Wieso?"
„Weil auf uns ein Fluch liegt und wenn dieser nicht gebrochen wird, dann wird die Welt untergehen." sagte mein Vater knapp.

„Dann müssen wir ihn brechen." stellte ich fest. „Du KANNST diesen Fluch nicht brechen." schnauzte mein Vater mich an. „Du wirst genauso wie ich alles verlieren, was dir je wichtig war."
Also war ich nicht wichtig? Wollte er das damit sagen?

Ich gab mir Mühe mir nicht anmerken zu lassen, wie gekränkt ich war, wie tief mich diese Aussage getroffen hatte. Doch mein Vater bemerkte es trotzdem. „Julien. Es es tut mir leid, es war nicht so gemeinte es ist nur so das..." meinte er doch seine Stimme brach, bevor er weiter sprechen konnte.

„Deine Mutter hat uns nicht verlassen. Sie ist in einem Brand umgekommen, so wie meine Mutter vor mir." brachte er schließlich heraus und ich hörte die Qual in jedem einzelnen Wort. „Es war der Fluch, ich wusste, dass es passieren würde und sie wusste es auch, aber wir konnten nicht ohne einander leben." erzählte er mit zitternder Stimme weiter.

„Sie ist in der Nacht gestorben, in der du geboren wurdest." fügte er hinzu und eine einzelne Träne rann seine Wange herunter. „Genauso wie meine Mutter." flüstert er nur noch mit tränenerstickter Stimme.

Ich strauchelte. Meine Mutter war Opfer eines Fluches geworden, der vor Jahrhunderten gesprochen wurde und für den sie nichts konnte. Dieser Fluch war die Hölle, nicht der Verfluchte starb, sondern der Mensch, der diesem am wichtigsten war und das war eigentlich noch schlimmer, als würde man selbst sterben.

„Ich hasse mich dafür, doch ich habe dir all die Jahre die Schuld an ihrem Tod gegeben, so wie mein Vater mir, obwohl du gar nichts dafür kannst." brachte er heraus, nachdem er seine Stimme wiedergefunden hatte. „Ich weiß, dass du mir das niemals verzeihen kannst.

Das würde ich tatsächlich nie können, aber ich konnte meinen Vater verstehen und wieso er sich all die Jahre so verhalten hatte. „Immer wenn ich dich sehe, sehe ich sie. Du erinnerst mich tagtäglich an sie. An ihren Gang, an ihr Lächeln und an das unglaublich Glück, das ich verloren habe."

Ich schluckte in mein Vater richtete seine Blick in die Ferne. „Es tut mir leid." murmelte er.
„Es, es ist in Ordnung." versuchte ich ihn zu beruhigen und sah das unmerklich Aufblitzen von Hoffnung in seinen Augen.

Nach einem Moment des Schweigens, in dem jeder seinen eigenen Gedanken nachhing, ergriff ich wieder das Wort.
„Gibt es denn gar keine Möglichkeit diesen Fluch zu brechen?" wollte ich wissen. „Doch, eine gäbe es, allerdings gehen die Chance dafür gegen Null."

„Wieso?" hakte ich nach. „Wir müssten die Nachfahrin von Morighan finden." erklärte er. „Morighan?" fragte ich verwundert. „Ja." bestätigte mein Vater, „Morighan hat diesen Fluch gesprochen und nur eine Nachfahrin von ihr kann ihn brechen."

„Aber es dürfte doch nicht das Problem sein diese Nachfahrin zu finden." meinte ich überzeugt, doch mein Vater schüttelte den Kopf. „Die Nachfahrin zu finden gestaltet sich schwierig, ist aber nicht unmöglich, das eigentlich Problem ist ein anderes."

„Ein anderes Problem?" fragte ich verwundert, meinem Vater musste ich heute echt alles aus der Nase ziehe. Wenn er sonst mal mit mir redete, packte er immer alles wichtige direkt in einen Satz, um sich nicht allzu lang mit mir unterhalten zu müssen. „Sie müsste in der Lage sein Chaosmagie zu benutzen." klärte mein Vater mich auf, was mir allerdings wenig sagte.

„Diese Chaosmagie wird von den Hütern nicht benutzt, da sie zu viel Zerstörung verursacht." erläuterte er es mir weiter. „Aber sie könnten doch eine Ausnahmen machen, um den Fluch zu brechen." brachte ich verzweifelt heraus, das würde doch nicht allzu schwer sein

„Das könnten sie vielleicht noch, das Problem ist nur, dass für diese Art von Magie, für das auflösen eines so alten und mächtigen Fluches, ein Leben gegen das Andere steht." erklärte er.
„Und das bedeutet was?" wollte ich wissen.

„Die Nachfahrin von Morighan müsste sterben um diesen Fluch zu brechen."

Hüter der HimmelsrichtungenHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin