Kapitel 19 Claire - Teil 3

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Warum erwiderte ich seine Gefühle nicht? Vor ein paar Tagen wäre ich noch jederzeit bereit gewesen und jetzt? Jetzt spürte ich nichts. Keine Gefühle. Gar nichts. Nur Schuld, da ich ihm nicht das geben konnte, was er sich mehr als alles andere wünschte. Sein Bruder war gestorben, seine Familie hatte sich von ihm abgewandt. Er wollte nichts anderes als Liebe.
Von mir.
Und nun war ich nicht bereit sie ihm zu geben.
Vielleicht. Irgendwann. Nachdem wir das alles hinter uns hatten. Ja, vielleicht war ich dann in der Lage ihn so zu lieben wie er es verdiente.
Doch jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt.
Jetzt war ich nicht bereit für eine Beziehung. Es machte mich angreifbar, so wie bei Lina. Wenn ich mit Kyle zusammenkam, dann würde man mich erpressen können.
Ich drehte mich um.
Weg von dem Zimmer, in dem sich Kyle und Jace befanden. Jetzt musste ich allein sein. Kyle wollte ich nicht unter die Augen treten.
Ohne darüber nachzudenken, machte ich einen Schritt auf die Feuertreppe zu, die direkt an den kleinen Balkon grenzte. Ich schwang mich über das kalte Geländer und hangelte mich auf die Treppe, die eigentlich eher eine Leiter war. Wenn diese nicht aus Metall bestehen würde, würde ich behaupten, dass sie morsch wäre. So aber war sie rostig und instabil.
Doch ich ließ mich nicht beirren. Ich musste hier weg, brauchte einen Moment der Ruhe mehr als alles andere.
Sprosse für Sprosse kletterte ich nach oben. Immer näher in Richtung Nachthimmel. Immer weiter weg von Kyle.
Während ich höher und höher stieg, schaute ich nicht nach unten. Obwohl das Hotel nicht groß war, hatte ich trotzdem Respekt vor der Höhe. Wenn ich jetzt abrutschte, dann war es vorbei.
Deshalb war ich auch mehr als erleichtert, als ich den Rand des Flachdaches erreichte.

Es war keine Dachterasse wie in den bisherigen Hotels, sondern nur ein Dach. Die Aussicht jedoch war genial. Überwältigend. Ich konnte mehrere Kilometer weit sehen. Keine Wolke bedeckte den Sternenhimmel.
Obwohl ich von hier die bekannten Sehenswürdigkeiten nicht sah, war es doch ein unglaubliches Gefühl über den Dächern von London zu stehen und auf die belebte Stadt zu schauen.
Es fühlte sich frei an. Unabhängig. So, als wäre ich ganz allein und doch hörte ich den Lärm der Autos. Wiedereinmal fühlte ich mich winzig im Angesicht dieser riesigen Welt. Dieser schieren Anzahl von Menschen.
Ich verstand eigentlich gar nichts mehr. Wie konnte mein Leben so durcheinander geraten?
Alles hatte sich verändert. Ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, dass ich verliebt war und dann hatte ich ihn zurückgestoßen. Man hatte mich einfach allein gelassen, in diesem Wirrwarr aus Gefühlen und Magie.
Während ich auf der einen Seite die Welt retten musste, was eigentlich viel zu viel verlangt war. Irgendwie wurde mir alles zu viel.
Obwohl ich die Hüter mochte, zumindest die Meisten, vermisste ich Lina und Julien. Ich vermisste meine Familie. Sogar Theresa, trotz ihrer egoistischen und selbstbezognen Art. ich wollte nur Normalität. Die, die ich nicht mehr hatte, seit ich die Hüterin des Westens war. Ich wusste, dass Theresa sauer auf mich war. Darauf, dass ich nun die war, die die Welt retten sollte. Wenn ich ehrlich war, ich verstand nicht, was genau daran beneidenswert war.
Es war eine unglaubliche Last. Etwas, was ich tage-, nein wochenlang mit mir herumschleppte.
Selbst nachts ließ es mich nicht los.
Und dann waren da diese Träume, die mit Sicherheit einen Grund hatten. Nur verstand ich sie nicht. Sosehr ich es auch versuchte. Es ergab keinen Sinn.

„Ich wusste, dass ich dich hier finde."
Vor Schreck zuckte ich zusammen, als mich eine Stimme aus meinen Gedanken riss.
Die Stimme, die ich zu fürchten gelernt hatte, schien direkt hinter mir zu sein.
Als ich mich umdrehe, blickte ich geradewegs in Azriels Augen.
„Was willst du hier?", fauchte ich und griff unwillkürlich nach dem Schwert an meiner Seite, dass ich nicht abgelegt hatte.
Lässig vergrub er seine Hände in seinen Hosentaschen.
Die schwarzen Flügel hatte er sorgsam auf seinem Rücken gefaltet.
„Wie ich sehe, hast du Excalibur an dich genommen. Ich hatte mich schon gewundert, wo es ist", erklärte er mit einem Blick auf das Schwert.
Excalibur. Das Schwert, das Arthur der Sage nach aus dem Stein gezogen hatte. Ich besaß es jetzt. Es war magisch. Es konnte Azriel umbringen.
Ich ignorierte die Informationen und kniff nur die Augen zusammen.
„Was willst du hier?", wiederholte ich meine Frage.
„Reden."
Ich glaubte ihm kein Wort. Einen Moment überlegte ich, ob ich einen Angriff starten sollte. Doch ich zögerte. Aus einem mir unerfindlichen Grund wollte ich hören, was er zu sagen hatte.
Mein Bauch sagte mir, dass es wichtig war.
„Na dann. Red los", forderte ich ihn auf, behielt ihn aber im Auge.
Er hatte etwas geplant. Bestimmt hatte er das.
„Nicht hier", erwiderte er.
Ich würde ihm nicht folgen. Es war eine Falle. Warum gab ich ihm überhaupt eine Chance?
„Wo dann?", presste ich heraus. Irgendetwas drängte mich dazu ihm zu vertrauen oder ihm zumindest eine Möglichkeit zu geben sich zu erklären.
„Folge mir." Er schaute mich unverwandt an.
„Ich wüsste nicht, wann genau du dir genügend Vertrauen verdient hast, dass ich dir folge", erwiderte ich spöttisch.
„Zugegeben, meine Methoden waren etwas", er suchte einen Moment nach dem richtigen Wort, bevor er wieder zum Sprechen ansetzte, „rabiat, aber das war nicht meine Absicht."
Skeptisch zog ich meine Augenbrauen hoch. Ja, rabiat traf es ganz gut. Rücksichtslos wäre auch noch passend.
„Du hast mir ein Messer an die Kehle gehalten, mich mehrmals angegriffen und mir gedroht. Nenne mir auch nur einen Grund, dir zuzuhören", verlangte ich von ihm.
Er zögerte einen Moment, bevor er antwortete.
„Weil ich weiß, was du tun musst, damit du die Welt retten kannst."
Ich stockte. „Dein Meister will die Herrschaft über die Welt. Er will, dass das Chaos siegt also erzähl du mir nichts von Weltrettung", blaffte ich ihn an.
„Und du denkst, dass du die Welt rettest, nur weil du den Fluch brichst? Du denkst das ist alles was du tun musst, damit die Welt nicht untergeht?", fragte er spöttische und pflückte sich einen Fussel von der schwarzen Kleidung.
„Ich werde mir von dir nicht anhören was ich zu tun oder zu lassen habe. Wir stehen nämlich nicht auf der selben Seite", zischte ich und wandte mich zum Gehen. Dieses Gespräch war beendet.
Trotzig schritt ich zur Leiter.
Ich hörte, was er mir nachrief und seine Worte ließen mich stocken.
„Was, wenn doch?"

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Ich habe jetzt einmal eine Frage, die mich bereits seit einiger Zeit beschäftigt. Und zwar der Name meiner Protagonistin und meines anderen Hauptchara.
Claire und Jace.
Ich denke einige von euch werden die Bücher „Die Chroniken der Unterwelt" kennen.
Persönlich habe ich sie nie gelesen und auch nie die Serie geschaut. Nur den ersten Teil der verfilmt wurde. (Mit Lilly Collins)
Kurz und knapp: Die Protagonistin heißt Clary und ihr Bruder (sofern es nun wirklich ihr Bruder ist) Jace
Ehrlich gesagt ist mir die Verbindung selbst nie aufgefallen. In letzter Zeit sticht es aber immer deutlicher hervor, da ich drauf aufmerksam gemacht wurde und seitdem mein Buch immer mit dem Film vergleiche, denn was ich nicht will ist irgendwem die Idee zu klauen.
Mich macht das in letzter Zeit echt so ein bisschen fertig, weshalb ich nach einer Lösung für dieses Problem suche, obwohl ich mir nichtmal sicher bin, ob nur ich das so sehe.
Die einzige Möglichkeit, die es geben würde wäre entweder den Namen von Claire oder den von Jace zu ändern. Beides irgendwie schwierig, da beide Charaktere mit den Namen verknüpft sind, mal ganz abgesehen davon, dass ich in Namensfindung absolut schrecklich bin. (Ich habe allein drei Namen von Leuten geklaut die ich wirklich kenne, auch wenn die mit den Charakteren dahinter nichts zu tun haben.)
Tut mir leid für den langen Text, aber ich musste das einmal loswerden. Vielleicht habt ihr ja irgendeine Idee, wie ich dieses „Problem" lösen kann.

LG Mare

Hüter der HimmelsrichtungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt