Kapitel 10 - Teil 4

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,,Ist es normal, dass es hier so eisig kalt ist?", wollte ich wissen, was sich allerdings ziemlich undeutlich anhörte, da meine Zähne wie wild aufeinander schlugen.
„Irgendwas ist anders", bestätigte Kyle, dem die Kälte nichts auszumachen schien.

„Ich würde vorschlagen, dass wir uns beeilen", wandte Milan ein und drängelte sich an mir vorbei, was sich allerdings schwierig gestaltetet, da es unglaublich eng war. Die Wände waren, wider Erwarten ziemlich glitschig und Moosbewachsen.

Ziemlich sicher, war das nicht Normal. Irgendwas war hier faul im wahrsten Sinne des Wortes, denn an einigen Stellen des Ganges hatte sich Schimmel begegnet.
Ich habe ja eigentlich nicht wirklich Ahnung davon, aber Schimmel war mitten in der Wüste eher... unnatürlich.

„Leute, mir wird das hier unheimlich", erklärte ich und auch die Anderen sahen nicht gerade glücklich aus.
Doch keiner sagte etwas und so arbeiteten wir uns weiter vor zur Grabkammer, in der das Ritual stattfinden sollte.
Als wir es endlich dorthin geschafft hatten, keuchte ich vor Anstrengung und verstand auch endlich, warum wir das obligatorische Laufen weggelassen hatten.

„Wieso stinkt es hier so?", wollte ich wissen und wurde auch schon einen Moment später nach hinten gezogen, sodass ich nun direkt hinter Jace, mit dem Rücken zur Wand stand.
„Exiti", zischte dieser und ließ den Gang, aus dem wir gekommen waren, nicht aus den Augen.

Auch Kyle und Milan standen in Verteidigungshaltung und zogen ihre Messer. „Claire... fang ohne uns mit dem Ritual an!", befahl Jace und ich löste mich sofort aus meine Starre und begann mit den Vorbereitungen.
Ein fürchterliches Geräusch, dass wie das Zuschnappen von Greifzangen klang, trieb mir den Schweiß aus den Poren.

„Was sind Exiti?", fragte ich mit zitternder Stimme.
„Geschöpfe des Chaos", war die knappe Antwort, mit der ich nicht wirklich viel anfangen konnte. „Schon wieder?", brachte ich entsetzt hervor.
„Ja."

Mein Pulsschlag beschleunigte sich, als die Geräusche immer näher kamen.
Hastig beeilte ich mich bei jedem Handgriff, sodass ich kurz darauf alle Vorbereitungen abgeschlossen hatte.
Gerade als ich den letzten Kreidestrich gezogen hatte, erschien der erste Exiti in meinem Blickfeld.

Kälte Schauer der Angst überkamen mich.
Wenn ich schon die Animaren erschrecken fand, was war das dann?
Die ersten Beine schoben sich durch die Tür.

Behaarte Beine. Große, behaarte Spinnenbeine.
Das Licht der Fackel flackert und erhellt den Raum nur spärlich.
Der restliche Körper der Exiti quetscht sich nun durch die Tür.

In den acht Augen des spinnenartigen Wesens spiegelt sich das Licht.
„Wie kann man sie angreifen?", flüstere ich fragend.
„Die einzige Möglichkeit ist ihr Bauch, da sie einen Panzerschuppenbesatz auf der Oberseite haben", erklärt mir Milan, ebenfalls im Flüsterton.

Ich betrachtete besagten Besatz und ein weiterte Schauer lief meinen Rücken herunter. Es war wirklich beinahe unmöglich, diesen zu durchbrechen.
„Habt ihr das im Griff?", brachte ich schließlich hervor.

Ein stummes Nicken war die einzige Antwort.
„Fang mit dem Ritual an", presste Jace hervor, während er das erste Messer schleuderte und zielsicher eines der Augen traf.

Ich beeilte mich seinen Anweisungen zu folgen, während nun immer mehr, kleinere Spinnen durch alle möglichen Ritzen krochen.
„Gibt es die in verschiedenen Größen?"
Ich musste nicht lange auf eine Antwort warten, allerdings fand ich diese mehr als beunruhigend. „Nein."

„Wie nein?" Doch bevor er antworten konnte, vergrößerte sich eins dieser Wesen.
„Sie können ihre Größe ändern?", rief ich schockiert und Jace nickte nur gequält, während die drei alle Mühe hatten gegen diese schiere Übermacht anzukommen.

„Öffne das Tor!"
„Alleine?", fragte ich misstrauisch. „Du hast keine Wahl", knurrte Jace. Das Tor öffnen. Alleine. Ich wusste, dass die Anderen immer die Kräfte von Allen genutzt hatten. Wie sollte ich es dann alleine schaffen? Ohne Zephyr als Unterstützung.

Doch leider hatte ich nicht allzu viel Wahl und so begann ich mit dem Ritual.
Mit zitternder Stimme sprach ich die Worte, die ich In- und auswendig konnte.

„Ich rufe die Kräfte des Westens,
Auf dass sie mich unterstützen.
Ich rufe die Kräfte des Nordens,
Auf dass sie mich lehren.
Ich rufe die Kräfte des Ostens,
Auf dass sie mich schützen.
Ich rufe die Kräfte des Südens,
Auf dass sie mich heilen."

Nachdem ich die Himmelsrichtungen um Beistand gebeten hatte, entzündete ich nun das Feuer. Ich rief mir die Schritte in Erinnerung, die Jace den ganzen Tag mit mir durchgegangen war und blendetet den Kampf um mich herum aus.
Feuer. Das war die Idee!

„Feuer!", schrie ich Jace durch das Band zu und dieser verstand sofort. Er schickte eine Art Feuerwand auf die Exiti los und tatsächlich, diese verbrannten und deren Skelette fielen in Aschewolken auf uns herab. Mittlerweile hatten auch Milan und Kyle realisiert was Jace machte und halfen ihm mit dem selben Prinzip, sodass ich mich nun ganz auf das Ritual konzentrieren konnte.

Ich versuchte die Kräfte zu bündeln, genauso, wie ich es auch bei Azriel getan hatte. Allerdings viel es mir weit schwerer, da immer mehr auf Asche auf mich nieder regnete und die Hitze mittlerweile den gesamten Raum zum Glühen brachte.
Ich kramte aus einem Beutel einige Kräuter, die ich ins Feuer warf.

Ein holziger Duft vermischte sich mit dem Geruch der verkohlten Exiti. Ich versuchte mit aller Macht Kraft aus dem Feuer zu ziehen, allerdings war es zu wenig.
„Kraft", röchelte ich, in der Hoffnung, dass die Jungs kapierten was ich brauchte.

Sogleich schickten die Drei mir einen Teil ihrer Kraft und ich gab mein Bestes um sie zu bündeln.
„Es werden immer mehr", keuchte Jace, „Ich weiß nicht, wie lang wir sie noch hinhalten können."
„Beeil dich Claire!", rief auch Milan.

Ich merkte, wie der Druck auf mich stieg. Schweiß rann mir die Schläfen entlang.
„Ich, ich schaffe es nicht."
„Doch!", widersprach Jace mir.
Ich versuchte so viel Energie wie möglich aus dem Feuer zu ziehen.

Überall im Raum sah ich Teilchen und versuchte so viel wie möglich zu mir zu ziehen, doch die Kraft der anderen Hüter wurde schwächer und ich wusste nicht, wie lange sie noch durchhalten würden.
Immer mehr Exiti schafften es durch die Flammen zu kommen.

Ich brauchte eine Möglichkeit mehr Kraft zu beschaffen, sonst würde das hier böse Enden und ziemlich gewaltig schief gehen. Während ich den gesamten Raum nach Energie und Bewegung absuchte, fiel mir eine Möglichkeit auf. Eine Möglichkeit, die mir grausam erschien.

Ich könnte die Lebensenergie der Exiti nutzen.
Und bevor ich mir weiter Gedanken machen konnte, tat ich es.
Ich nahm die Energie der Exiti auf, die sich so schnell bewegte, dass ich es nicht für möglich gehalten hatte und knipste mit einem einzigen Wimpernschlag unzählige Leben aus.

Hüter der HimmelsrichtungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt