#91 Bohrinsel-Vibes

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Felix fährt allein zu Tommis Wohnung. Tommi fährt mit Pierre M. Krause durch Köln.
Wenigstens weiß er genau, wo sein Freund heute Nacht ist.
Als der Berliner einen geeigneten Parkplatz gefunden hat, bleibt er noch kurz im Auto sitzen und holt sein Handy heraus. Der Bildschirm erleuchtet seine dunkle Umgebung und er muss zuerst die Augen zusammenkneifen, bevor er die Helligkeit verringern kann. Mit leicht zittrigen Fingern schaut er sich die Instagram-Stories aller Anwesenden an, um auszuschließen, dass man irgendwo auf die Idee gebracht werden könnte, dass er mit seinem Podcastpartner zusammen ist.
Dass er dazu auch in die warme, schützende Wohnung gehen könnte, in der er sogar WLAN hat, fällt ihm verhältnismäßig spät ein.
Ungeschickt fingert er den Ersatzschlüsselbund aus seiner Hosentasche und versucht sich daran zu erinnern, welcher Schlüssel für die Haus- und welche für die Wohnungstür passt.

Hinter der zweiten Tür erwartet ihn ein dunkler Flur, dahinter weitere dunkle Räume. Aus irgendeinem Grund traut er sich nicht, das Licht anzuschalten. Seine Reisetasche lässt er fallen, schiebt sie nach einigen starren Sekunden mit dem Fuß zur Seite, sodass Tommi nicht darüberstolpert, wenn er nach Hause kommt.
Wann auch immer das sein mag.
Es ist befremdlich, allein in dieser Wohnung zu sein, nachts.
Er entschließt sich doch dazu, das Licht anzuschalten.
Nur, um kurz ins Bad zu gehen und sich dann ins Bett zu legen.
Seine Wahl fällt auf die linke Seite des Doppelbettes, weil er weiß, dass sein Freund gern rechts schläft. Dass Selina hier auch schon mehr als nur lag, versucht er auszublenden.

Bedrückt legt er sein Handy mit dem Display nach unten auf den Nachttisch, der für seine Armlänge ziemlich weit entfernt ist. Die Lust, ihn weiter an sich heranzuziehen, hat er nicht.
Lang liegt er wach und kann nicht schlafen, muss an Tommi denken. Unterdrückt es, auf seinem Handy nachzuschauen, ob er eine Nachricht von ihm hat. Das würde er sowieso mitbekommen- Vibrationsmodus. Trotzdem lässt es ihn nicht los und er dreht sich hin und her, rollt sich in die Decke ein und strampelt sie dann wieder weg.

Als Tommi leise das Schlafzimmer betritt, liegt er auf dem Bauch, den Kopf auf die Arme gelegt, atmet ruhig und gleichmäßig und erweckt den Anschein zu schlafen.
Im Türrahmen bleibt der Kölner stehen und beobachtet seinen Freund lächelnd. Sein Anblick bereitet ihm ein angenehmes Gefühl der Geborgenheit. Nur etwa die Hälfte seines Oberkörpers wird von der Decke bedeckt und gibt so die Sicht auf seine ausgeprägte Rückenmuskulatur frei, die bei jeder Ein- und Ausatmung mit jedem Heben und Senken noch stärker zur Geltung kommt.
Auch die leichte Wölbung seines Hinterns zeichnet sich unter der Bettdecke ab. Er findet das unglaublich heiß.

"Zieh dich aus und komm her." murmelt Felix im Halbschlaf, ziemlich undeutlich. Leicht aufgeschreckt aus seiner Gedankenwelt knöpft Tommi seinen Sakko auf, sucht im Dunkeln eine Aufhängemöglichkeit. Die Entscheidung fällt dann doch auf den Boden. Kann ja alles wieder gewaschen und gebügelt werden.
In der Hoffnung, dass sein dünner Körper von draußen nicht allzu kalt ist, legt er sich zu seinem Freund, der sich mittlerweile auf die Seite gedreht hat, unter die Bettdecke und kuschelt sich an seinen Rücken.
Felix greift nach Tommis linkem Arm und zieht ihn über sich, hält ihn fest und kuschelt damit. Mit gleichem Atemrhythmus schlafen die beiden ein. Alle Wecker sind aus und das ist auch gut so.

Getrost schlafen sie aus, werden gleichzeitig wach.
"Guten Morgen." murmelt Felix verschlafen, dreht sich zu seinem Freund um und reibt sich mit der linken Hand durch das Auge.
"Morgen." erwidert der Kölner und lächelt.
Felix legt den Kopf auf seinen Bizeps, befindet sich nur wenige Zentimeter vor dem Gesicht seines Freundes.
"Du bist so wunderschön." murmelt er und schließt kurz die Augen wieder.
"Sorry, dass ich gestern dein Striptease nicht verfolgen konnte, machst du's nochmal? Du bist so mutterheiß im Anzug. Eigentlich müsstest du den wieder anziehen und dann zieh ich den dir wieder aus."
Er grinst schelmisch, in Tommis Bauch beginnt es zu kribbeln.
"Aber gegen so verspäteten Afterpartysex am Morgen hätte ich nichts. Wir haben uns ewig nicht gesehen und berührt. Und Sex am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen."
"Stimmt. So'n Orgasmus wär' schon was jetzt."
"Na dann."

Freunde, es tut mir leid. Ihr müsst wieder zu den Tzex-Kapiteln springen (5, 18, 75 und 69). Bin grad nicht in der Mood, das zu schreiben und hab auch keine Zeit, weil das ziemlich viel davon in Anspruch nimmt. Aber kommt noch, versprochen. Höhö kommt.

Felix gibt Tommi einen Kuss auf die Stirn und hält seinen Kopf fest.
"Aber jetzt noch nicht aufstehen. Kuscheln." murmelt der Größere und drückt sich an seinen Freund. Sie liegen wieder nebeneinander im Bett, die Decke über sie geschlagen. Allmählich verknoten sie sich zu einer menschlichen Brezel und genießen den anderen. Das fühlt sich gut an.
Ihre Beine sind verschränkt, sie umschlingen den Oberkörper des Anderen. Die Augen halten sie geschlossen.

"Wir müssen den gestrigen Abend nochmal evaluieren." sagt Felix in die Stille, spürt Tommi an seiner Brust nicken.
"Mein Freund ist Comedypreisträger."
"Meiner auch."
Als Glückwunsch gibt es einen innigen Kuss.
"Aber was mich mega genervt hat, war die scheiß Kamera direkt neben mir, alter. Immer so richtig unvorteilhaft von rechts gefilmt. Ich hatte schon immer meine Hand da, weil das so 'ne scheiß Perspektive war. Einmal hab' ich in die Kamera gezwinkert."
Felix schmunzelt.
"Komm, du hast doch nur Schokoladenseiten. Ist die einzige Schokolade, die ich esse." sagt er und überlegt, seine Wange abzulecken. Den Kopf gesenkt zu lassen scheint ihm dann jedoch die bessere Variante.
"Hm, ja. Aber können wir ganz kurz darüber reden, wie unendlich schwach die Laudatio auf deine Kategorie war?"
"Ja, stimmt schon. Bisschen peinlich war's schon. Bisschen sehr unangebracht. Aber hey, immerhin hab' ich 'nen Preis bekommen."
"Und Sträters Reaktion war ja auch mal ultra süß."
Felix nickt.
"Er hat es halt auch wirklich gar nicht erwartet. Er glaubt bestimmt immernoch, dass das ein schlechter Scherz war und er das Ding morgen wieder abgeben muss."
"Deine Laudatio war aber auch unfassbar gut!"
"Danke. Zu Ehren Sträters. Ich hatte eher Angst, dass ich ihm und seinem Schaffen nicht gerecht werde."
"Ach, Quatsch."
"Ich glaube, ich schreibe ihm gleich mal."
Tommi nickt.

Felix richtet sich auf und greift nach seinem Handy, der weiche Wuschelkopf seines Freundes landet auf seiner Brust, sodass auch er die Sicht auf den Bildschirm hat. Dabei kann er sich nicht zwischen Bauchmuskeln und Chatverlauf entscheiden, springt mit den Augen hin und her.
Kurz schreiben der Berliner und der Dortmunder und kommen auf einen Konsens über den gestrigen Abend. Nach einem kurzen Blickwechsel steht für das Paar fest, dass sie ihm von ihrer Beziehung mitteilen. Wie erwartet ist seine Reaktion positiv.

<<Es erfreut mich, dass du dein Glück gefunden hast, junger Padawan. Das war keine leichte Aufgabe.>>
<<Nein, Spaß bei Seite. Ich freue mich wirklich, es ist nicht einfach, so eine Beziehung zu einem Menschen aufzubauen. Du hast es verdient.>>
<<Danke.>> antwortet Felix, lächelt. Seine Unterstützung bedeutet ihm immens viel.
<<Hast du deinen Termin jetzt schon?>> fragt der ältere Mann weiter, der Neuköllner schluckt und schielt zu seinem Freund hinüber. Der schaut kritisch, bleibt aber still.
<<Ja, in zwei Wochen.">>
<<Du kriegst das hin, die erklären dir alles. Hat zwar Bohrinsel-Vibes, aber es ist wichtig, das weißt du.>>
Tommi streicht über Felix' nackte Schulter, sein Blick ist fragend. Der Kleinere seufzt.
"Ich hab' nen Termin zur Krebsvorsorge. Aber ich hab' so übertrieben Angst."
"Vor der Untersuchung oder dem Ergebnis?" will Tommi wissen.
"Beides. Vor beidem. Aber ich weiß, dass ich das brauche und alles andere unvernünftig ist."
Er seufzt, Tommi greift nach seiner Hand und streichelt sie.
"Ich begleite dich, versprochen. Ich bin für dich da, egal mit welchem Ergebnis. Du schaffst das."
Felix nickt entmutigt, legt das Handy weg und vergräbt den Kopf an Tommis Brust, dreht sich zur Seite und schlingt den linken Arm um ihn.

"Papa hat mir letztens einen Brief mitgegeben, als ich bei ihm war." setzt Felix wieder an und schluckt. Tommi fragt wortlos.
"Von Mama. Hab' nur den ersten Satz gelesen. Hat gereicht. Das Papier ist nass."
Er kann sich genau daran erinnern.

Mein lieber Felix.
Ich habe immer gehofft, dass du diesen Brief nie lesen musst.

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