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Perspektive Felix Manuel Lobrecht

Anständig, wie ich bin, schaue ich natürlich nicht nach. Besorgt streichle ich seine Schulter und küsse kurz seine flauschigen, weichen Haare. "Ach mein kleiner Tommi"-um ehrlich zu sein, ertappe ich mich bei diesem Gedanken. Er fängt leise an zu schnarchen, was ich zugegebenermaßen ziemlich niedlich finde und grinsen muss. Warum genau er so müde ist, verstehe ich nicht wirklich, aber mir ist es eigentlich auch egal- wir haben eh nichts mehr zu tun heute. Sein Handy hört leider nicht auf zu vibrieren und er bekommt neben Push-Notifications nun auch unzählige Anrufe rein und unabdingbar sehe ich die Namen der Anrufer: „Mama" und „Papa". Ehrlichgesagt hoffe ich, dass er nicht davon aufwacht, da er sonst direkt unter Stress stehen würde- und das ist nach dem Schlafen gar nicht gut. Andererseits scheint es wirklich dringend zu sein, doch ich will auch nicht unhöflich rüberkommen und einfach an sein Handy gehen. Während meiner zwiegespaltenen Gedanken drückt sich Tommi sich mit seinem relativ dünnen Körper enger an meinen und seinen Kopf gegen meine Brust- er scheint schlecht zu träumen. Meine linke Hand rutscht von seiner Schulter zu seinem Kopf und krault sanft seinen Nacken und Hinterkopf. Sein kompletter Körper und so auch sein Schlaf werden allgemein unruhiger und ich muss ihn leicht festhalten, dass er nicht von dem Sofa rutscht. Die BfR-Folge liegt mittlerweile nicht mehr in meinem Interesse. Wieder in Gedanken versunken höre ich Tommi leise schniefen. „Hey Kleiner, alles gut?" frage ich von mir selbst überrascht mit weicher Stimme. Fuck man. Schon wieder ertappe ich mich bei so einem Gedanken... Was ist denn mit mir los? Tommi ist doch nur ein guter Kumpel. Auf meine besorgte Nachfrage reagiert er nur mit einem leichten Grummeln und legt seine beiden Arme um meinen Oberkörper, als wolle er sich an mir festhalten. „Ich bin hier, alles gut man."- Irgendwie versuche ich, wieder etwas Männlichkeit in die Situation und vor allem in meine Worte zu bringen, was sich jedoch unecht und aufgezwungen anfühlt. Also beschließe ich, ab jetzt Dinge so zu tun und zu sagen, wie ich sie im Kopf habe und es sich richtig anfühlt. Mit diesem Gedanken muss ich mich zwar noch anfreunden, aber ich bin mir sicher, dass das mit der Zeit geht. Zirka eine Stunde später wacht Tommi auf- sein Schlaf war in der Zwischenzeit nicht ruhiger geworden- eher im Gegenteil: er hat sich immer mehr rumgewältzt und sogar angefangen, leicht zu schwitzen. Verschlafen löst er sich von mir, reibt sich die Augen und streckt sich. „Alter...wann bin ich eingepennt? Wie spät ist es?" fragt er. Zwischen seinen Sätzen lässt er auffällig lange Pausen und setzt sich wieder gerade neben mich. Der Abstand zwischen uns vergrößert sich und auf einmal fehlt mir seine Nähe. „Keine Ahnung, du hast auf jeden Fall schlecht geträumt und dein Handy ging am laufenden Band." antworte ich und mustere dabei seine leicht zerknitterten Gesichtszüge. Tommi greift nach dem Gerät und schaltet sein Display an: „52 Nachrichten. 4 von meinem Dad. 45 von meiner Mom. Und drei von anderen." Er seufzt. Seine Wortgewandtheit bleibt aus. „Und 49 entgangene Anrufe.". Ich will ihn nicht unterbrechen- scheint eine extrem wichtige Angelegenheit zu sein. Es scheint, als lese er sich die Nachrichten durch. Sein Gesichtsausdruck wechselt von entspannt und leicht verschlafen zu todernst und gleichzeitig traurig. „Was isn los?" frage ich leise, lege meine Hand auf seinen Rücken und streichle leicht mit dem Daumen drüber. "Meine Eltern wollen sich trennen." sagt er leise, fast schon gebrechlich und weinerlich. Fuck man. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was schlimmer ist: die Mutter früh zu verlieren und normal ohne mit ihr aufzuwachsen oder mit fast 30 Scheidungskind zu werden. Das sich so eine Situation für mich natürlich ausschließt, habe ich keinen Plan,wie ich ihm jetzt helfen kann. "Ich schreib einfach mal beiden kurz...Wärs okay, wenn ich zum telefonieren dann rausgehe?" fragt Tommi höflich, ich biete ihm aber an, dass ich rausgehe und er bejaht. Während er Nachrichten schreibt,streichle ich instinktiv die ganze Zeit seinen Rücken,in der Hoffnung, dass ihm das irgendwie hilft. Nach wenigen Minuten des Schweigens beiderseits fordert er mich mit "Ich werd' dann wohl mal anrufen" indirekt dazu auf, den Raum zu verlassen, was ich natürlich auch tue. Ich erhebe mich von der Couch- er schaut mich an- ich klopfe noch einmal ermutigend auf seine Schulter und lächle ihn genauso an, dann schnappe ich mir meine Jacke und gehe nach draußen,rauchen. Eine nach der anderen. Es wird sogar 'ne ganze Schachtel, die ich wegquarze und ich weiß nicht warum ich das tue. Normalerweise rauche ich nicht mehr als zwei auf einmal,aber meine Gedanken lassen mich für einige Minuten Kettenraucher werden. Ich weiß ja, dass Tommi sehr talkative ist, aber ich weiß nicht, ob er mit mir drüber reden will. Er kann natürlich,aber ich weiß nicht, ob ich ihm wirklich helfen kann. Ich schaue mich in meiner Gegend um,als hätte ich sie vorher noch nie gesehen und nehme alles differenziert wahr. Irgendwann, keine Ahnung, nach wievielen Minuten oder auch Stunden, schreibt mir Tommi "Wo bist du? Kannst wieder herkommen". Ich antworte nichts, sondern gehe direkt nach oben. "Alles ok?" frage ich,als ich das Wohnzimmer betrete und schaue ihn direkt an. Außerdem bin ich zu verpeilt, mich hinzusetzen und bleibe random im Raum stehen. "Nee, eigentlich nicht so..." Tommi spricht langsam und traurig, dreht langsam seinen Kopf zu mir und lächelt mich erschöpft an. "Setz dich bitte..." offensichtlich merkt er,dass ich zu verkopft bin in dem Moment. "Was ist jetzt genau los? Willst du drüber reden?" frage ich, nachdem ich wieder nebem ihm sitze. "Naja,beide sind fest entschlossen, dass sie sich trennen wollen. Mein Vater ist sogar schon ausgezogen."

Knv und viel Spaß bei der neuen Hack-Folge

Platzierte, verkopfte, elegalante Gemischtes Hack Story Where stories live. Discover now