#15 Wollen wir rummachen?

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Perspektive Thomas "Tommi" Schmitt

"Was geht altaa?" Felix schlägt mit seinem Bruder ein und auch ich begrüße Julian. Wir steigen in sein Auto und verlassen den Parkplatz, während Julian von uns über den Stand der Dinge informiert wird. Auf der Rücksitzbank neben mir entdecke ich unsere Jacken, die Julian aus dem Club geholt hat und schaue dann aus dem Fenster: es ist der Nachmittag des 20. Dezember und eine leichte Schneedecke zu verzeichnen. Felix' Bruder setzt uns bei Felix zu Hause ab und wir gehen rein. Erschöpft lässt er sich auf die Couch fallen und atmet hörbar erleichtert aus. Ich stehe zwar etwas orientierungslos im Raum, fühle mich aber trotzdem äußerst platziert und entschließe mich dann dazu, mich neben ihn zu setzen und dann auf ihn fallen zu lassen. Sorgen, dass ich dadurch Bauchschmerzen verstärken könnte, mache ich mir nicht, da erstens das Schmerzmittel noch in seiner Wirkung anhält und er außerdem Tabletten mitbekommen hat. Mein Kopf liegt auf seiner Brust und mein restlicher Körper auf seinem, wir beide schauen geradeaus und ich werde müde. Gerade, als ich meine Augen schließe und meinen Kopf seitlich drehe, legt er seine Arme um mich und streichelt meinen Arm. Zufrieden lächele ich und vergrabe meinen Kopf an seinem Bizeps, nach einigen Minuten schlafe ich fast ungewollt einfach ein.

"Klein Tommiiii, aufwachen." weckt mich eine sanfte, hohe Stimme und in meiner Müdigkeit denke ich, es handele sich um meine Freundin. "Wie spät ist es, Schatz?" frage ich verschlafen und reibe mir die Augen, bevor ich in ein breit grinsendes, männliches Gesicht schaue. "Dein Schatz hat ganz schön Muskeln bekommen." kichert Felix und streicht mir eine wilde Strähne aus dem Gesicht, sodass er mir tief in die Augen schauen kann. "Ach Tommi, du Süßer." grinst er, als ich mich auf den Bauch drehe und mein Kinn auf seine Brust stütze. Allmählich spüre ich seine Hand an meinem Rücken, wie sie langsam nach unten wandert. Entspannt und ihm signalisierend, dass ich nichts dagegen habe, schließe ich wieder die Augen. "Eey, nicht wieder einschlafen!" lacht Felix und wuschelt mir durch die Haare "Wir müssen noch Geschenke kaufen.". Ich seufze unmotiviert und setze mich auf. "Kannst du nicht mal was paar Wochen eher fertig haben?" frage ich lachend und füge "Ich weiß, du bist Künstler." hinzu. Auch Felix setzt sich hin und fängt auf einmal an, zu kichern. Schmunzelnd drehe ich mich zu ihm um und auf meine Nachfrage hin unterbreitet er mir den Gedanken, dass er mich theoretisch hochheben und rumtragen könnte. Ich lache kurz, schüttele dann grinsend den Kopf und stehe auf: "Lieber nicht.". Er stellt sich hinter mich, legt zügig eine Hand an meinen Rücken und eine an meinen Hintern und macht Anstalten, mich wirklich hochzuheben. Erschrocken kichere ich und halte mich an ihm fest, wir verharren in einer körperlich engen Position und schauen uns in die Augen.
Schon wieder entsteht so eine Situation, in der wir uns näher sind als normal oder geplant- einfach spontan und es scheint keiner von uns aktiv etwas dagegen einzuwenden haben. Ich weiß nicht, ob es richtig ist, ihn erneut zu küssen, weil wir beim letzten Mal nicht darüber geredet haben, also bewege ich meinen Kopf erstmal nicht, sondern lächele nur. Felix' blaue Augen leuchten mehr als sonst und auch er schmunzelt. Seine Hand, die, wie ich gerade erst bemerke, immernoch an meinem Hintern liegt, schlägt sanft darauf, begleitet von den Worten "Gut, dann komm.". Ich zucke kurz auf, muss dann aber schmunzeln und ziehe zielstrebig meine Jacke an, klopfe die Taschen nach allen wichtigen Sachen ab, stelle erleichtert fest, dass alles noch da ist und ziehe meine Schuhe an.

"Was genau willst du denn jetzt alles einkaufen?" frage ich Felix, als wir durch eine kleine Einkaufsmeile gehen. Eigentlich ist das nicht sein Typ, lokal einzukaufen, aber irgendwie scheint er Bock darauf zu haben. "Wat weeß ick, n' jeschnitztet Holzreh.." witzelt er und ich fange an, lauthals zu lachen.
Nach knapp einer halben Stunde waren wir in diversen Läden und gerade, als wir den letzten verlassen und Felix einen weiteren Gutschein in seinem Rucksack verstaut, platziert er mich auf einen Sessel in einem Café direkt nebenan und bestellt mir einen Kaffee. "Jetzt muss ich noch für meinen kleinen Tommi was einkaufen!" grinst er motiviert, klopft mir überdreht auf die Schulter, zwinkert mir zu und hüpft wie ein kleines, hyperaktives Kind davon. Schmunzelnd und leicht perplex schaue ich ihm hinterher und wende meinen Blick dem heißen Kaffee vor mir zu, als er aus meinem Sichtfeld verschwindet. In der tiefen Schwarze des Getränkes verliere ich mich.
Ich will nicht sagen, ich finde sein Gesicht hübsch.
Ich will nicht sagen, ich finde seinen Körper sexy.
Ich will nicht sagen, ich genieße seine Anwesenheit extrem.
Ich will nicht sagen, ich fühle mich wohler, wenn er da ist.
Ich will nicht sagen, ich brauche ihn, um glücklich zu sein.
Ich will nicht sagen, ich habe mich in ihn verliebt.
Aber ich kann es auch nicht komplett verneinen.

Als Felix wiederkommt, ist meine Tasse noch fast komplett voll. Wie ein Honigkuchenpferd grinsend, setzt er sich zu mir an den Tisch, verstaut seinen Beutel und zieht seine Jacke aus. Ich merke, dass ich meine noch trage und tue es ihm gleich. "Na du Platzierter?" fragt er immernoch grinsend und bestellt einen Cortado. Verwirrt fragend sehe ich ihn an- er winkt ab und beugt sich über meine Tasse. "Du säufst doch sonst immer so viel. Wasn los?" "Nichts, war nur in Gedanken.." antworte ich, Felix nickt verständnisvoll und wuschelt mir durch die Haare. Dass sie nun zerstört sind, stört mich kaum, ich nehme noch einen Schluck aus meiner Tasse. Felix stößt mit mir an, als sein Getränk kommt, schlürft den ersten Schluck und beendet ihn mit einem ironisch genießerischen "Aaaah!". Wir müssen beide lachen. Ich beobachte ihn, wie er unsere Umgebung beobachtet und seine Augen gefühlt heller leuchten als die Röhren, die das Einkaufszentrum im Licht glänzen lassen.
Relativ zügig leeren wir dann unsere Getränke, Felix bezahlt und steht auf. Wenn man mit einem Künstler zusammenzuarbeiten oder allgemein Zeit zu verbringen hat, muss man immer auf Spontanität und Sprünge jeglicher Art vorbereitet sein- so auch bei Felix. Ihm scheint gerade eine Idee oder etwas ähnliches gekommen zu sein, weshalb er nun dringend nach Hause muss. Da ich kaum eine andere Wahl habe, folge ich ihm schmunzelnd und hole seinen Vorsprung relativ schnell auf.

Verträumt schaue ich aus dem Fenster und verfolge visuell die ganzen beschäftigten Leute mit ihren unzähligen riesigen Taschen und Tüten, wie sie sich draußen hektisch durch die Menge kämpfen. Wir sitzen hier drin im warmen, durchaus luxuriösen Auto, es läuft Musik und uns geht es gut. Felix sitzt lässig mit einer Hand am Lenkrad neben mir, der andere Arm liegt in der Tür an der Scheibe. Es sind zwar nur noch wenige Minuten, bis wir da sind, jedoch verspüre ich wieder das Befürfnis, etwas zu sagen.
"Ich...du.." beginne ich leise, gebe es dann aber auf, das Chaos in meinem Kopf in Worte zu verpacken. Mich vergewissernd, dass Felix es nicht gehört hat, schaue ich zu ihm rüber: lässig sitzt er da und schaut aus der Frontscheibe, also alles gut- er hat nichts mitbekommen. Schmunzelnd betrachte ich seinen Hinterkopf, an welchem die Haare schon wieder erstaunlich lang geworden sind und leicht abstehen. Etwas lauter als vorhin kommentiere ich "Alter, vor Weihnachten musst du auf jeden Fall nochmal zum Frisör!" lachend. Schmunzelnd schaut er zu mir rüber und nickt bestätigend, fährt sich mit der linken Hand durch die Haare und biegt auf einmal scharf um eine Linkskurve, sodass mein Körper aufgrund seiner Trägheit in seine Richtung fällt- er kichert, nimmt mich in den Schwitzkasten und sagt "Du bist schon niedlich, Tommi."
Ich pruste los und befreie mich aus seinem Griff, merke, dass wir da sind und steige aus. Grinsend stehe ich dann vor Felix' Tür, welcher mit dem Schlüssel bedeutend später an ihr ankommt, da er sich Zeit genommen hat, auszusteigen, seinen Beutel zu nehmen und das Auto abzuschließen. Mit "Erster!" begrüße ich ihn an seiner Tür, während er aufschließt und das Lachen unterdrückt, erleide ich neben ihm einen Lachanfall.
Wir gehen nach oben, er räumt alles weg und ich setze mich in mein Handy vertieft auf die Couch.
Als er wiederkommt, steht er rechts von mir neben der Couch, wir sehen uns an und er fragt: "Wollen wir rummachen?"

Knv!

Platzierte, verkopfte, elegalante Gemischtes Hack Story Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt