#32 Weiber, oder?

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14:52 Uhr
Perspektive Felix Manuel Lobrecht

"Es tut mir leid, Tommi." versuche ich zu rechtfertigen, was uns passiert ist. Vor Allem er leidet darunter, wie ich seinem apathischen Blick gegen die Wand entnehmen kann. Mein Arm liegt um seinen Körper, welcher seit dem "Vorfall" noch zerbrechlicher wirkt. Ich habe Angst, ihn mit dem bloßen Gewicht meines Armes zu zerdrücken.

Ich erhalte keine Antwort.
Stattdessen vernehme ich ein leises Schnarchen und muss lächeln.
Er ist wieder eingeschlafen, was er auch verdient hat.
In den letzten Tagen sah er schon fertig aus und nach dem eskalierten Nachtspaziergang hat sich sein Anblick nicht verbessert.

Vor Allem sein Unterbewusstsein scheint dabei zu sein, das Geschehene zu verarbeiten.
Unruhig zuckt er im Schlaf und bewegt sich ungerichtet, hält sich die Hände vor das Gesicht und schlägt um sich.
Erschrocken lasse ich von ihm ab und kann nur beobachten, wie er einen Alptraum hat.
Was man in so einer Situation macht, weiß ich nicht.
Ich kann mir nur vorstellen, dass es kontraproduktiv ist, wenn ich ihn festhalte, also befinde ich mich äußerst deplatziert einfach nur neben ihm und starre.

"Hey, Tommi. Alles gut." versuche ich verzweifelt, ihm wenigstens verbal zu helfen. Dabei bin ich darauf Bedacht, meine Stimme so weich wie möglich klingen zu lassen, um ihn nicht an die Männer im Park zu erinnern.

"Mehr hab' ich nicht..." murmelt er leise und presst auf einmal die Arme eng an den Körper.
"Ich hab' nicht mehr..."
"Das is' alles..."

Wovon spricht er?
Haben die Schweine ihm Geld abgezogen?
Oder meint er seine Ehre? Unwahrscheinlich.

"Man, Tommi, wach ma' auf jetz'! Du träumst nur.".
In meiner Verzweiflung rüttele ich doch an ihm und überlege, ob ich ihn auf seine Aussagen ansprechen soll.

Mit großen Augen schaut er mich an, auf seiner Stirn steht der Schweiß und seine Haare sehen verklebt aus.
Als ich ihn langsam in den Arm nehme, spüre ich ihn am gesamten Körper zittern und er scheint nicht fähig zu sein, auf meine Berührungen einzugehen.
"Ich bin hier, Tommi. Wir sind bei mir zu Hause. Es ist alles gut."
Nach einigen Sekunden, die schier endlos scheinen, bewegt er sich endlich und krallt sich in meinen Rücken. Sein Kopf fällt schwer auf meine Schulter und ich spüre, wie mein Oberteil an der Stelle nass wird.
Den Schmerz ignoriere ich; Tommi geht es gerade wesentlich beschissener.
"Es tut mir leid." sage ich, ohne zu wissen, ob dieser Satz seine Intention verfehlt oder nicht.
Das einzuschätzen stellt sich als schwierig heraus, denn er reagiert nicht.
Muss er auch nicht; ich weiß, wie es ihm gerade geht.
Er durchlebt mit 30 gerade das, was ich zum ersten Mal mit 15 hatte und ich kann mich jetzt in die Situation hineinversetzen, in der mein Vater nach meiner ersten richtigen Schlägerei steckte.
Auch er tut mir jetzt leid.

"Willst du dein Oberteil ausziehen?" frage ich vorsichtig, nehme darauffolgend ein Nicken an meinem Hals wahr und fahre langsam mit den Händen an den Bund, um ihm zu helfen.
Dabei spüre ich seine extreme Gänsehaut und als ich ihm aus meinem zu großen Hoodie heraushelfe, auch seine Versteifung.

Als wäre er ein zu langer Radiergummi, fällt Tommi mit seinem Oberkörper wieder gegen mich und ich vernehme ein leises Schluchzen.
"Es ist okay, Tommi. Wein ruhig."

"Kann ich duschen gehen?" fragt er leise, anstatt auf mich einzugehen und selbstverständlich nicke ich.
Mit "Klar." und einem Lächeln lasse ich ihn los und schaue ihm auf dem Bett sitzend hinterher, als er aufsteht und Richtung Bad läuft. Die Angst, dass er jederzeit zusammenklappen könnte, erschüttert stumm meinen Körper von innen und lähmt ihn, sodass ich es nicht schaffe, aufzustehen und zu ihn zu stützen.
"Wenn du 'was brauchst...sag Bescheid." bringe ich hervor und sehe noch, wie er nickt, bevor er um die Ecke verschwindet.
Sein Anblick bricht mir das Herz.

Platzierte, verkopfte, elegalante Gemischtes Hack Story Where stories live. Discover now