Kapitel 01

397K 8K 3K
                                    

Wie jeden Morgen klingelte mein Wecker und das meiner Meinung nach viel zu früh. Ich grummelte und steckte meinen Kopf unters Kissen, während ich versuchte mit einem Arm blind auf den Wecker einzudreschen, bis er endlich still war. Als der Wecker schließlich Ruhe gab, stöhnte ich, da er mich aus meinem Schlaf gerissen hatte.

Aber ich konnte nicht lange so liegen bleiben, denn ich hörte schon die Schritte meiner Mutter und wie sie die Türklinke meines Zimmers nach unten drückte. Sie betrat mein Zimmer und öffnete den Vorhang. Dann kam sie zu mir und riss mir gewaltsam das Kissen vom Kopf. Sie wusste eindeutig zu gut, dass ich sonst nicht aufstand, besonders montags.

Ich stöhnte ein weiteres mal, als ich in das viel zu grelle Licht blickte, das die Sonne durch das Fenster warf. Daran war ich von dem langen Schlaf gar nicht mehr gewöhnt gewesen und musste erst mal blinzeln um überhaupt irgendetwas zu erkennen.

Mittlerweile hatte meine Mutter das Zimmer wieder verlassen und ich setzte mich auf und sah alarmiert auf den Wecker. Ach du heilige Scheiße. Ich musste in zwanzig Minuten in der Schule sein und brauchte fast halb so lang um dort hin zu gehen. Ja gehen, denn der Bus, den ich bräuchte fuhr erst wieder 5 Minuten nach Schulbeginn. Den Bus, der vor Schulbeginn an der Schule hielt, würde ich nicht mehr erwischen. Da wusste man mal wieder wie schön es wäre ein Auto zu besitzen. Aber ich ging auch gern zu Fuß.

Ich sollte mich besser beeilen, da mir nur noch zehn Minuten blieben um mich fertig zu machen. Ich sprang auf, griff wahllos in den Kleiderschrank und schlüpfte in das erst beste, was ich fand. Eine einfache helle Jeans und dazu ein weißes luftiges Shirt. Der Sommer war zwar gerade erst vorbei, aber heute war das Wetter nochmal relativ gut angesagt.

Dann lief ich in mein eigenes kleines Bad und putzte in aller Eile Zähne, trug Deo und ein klein wenig Parfüm auf. Das Schminken reduzierte ich auf Wimperntusche und Lipgloss. Viel mehr schminkte ich mich normalerweise aber auch nicht. Außer bei besonderen Anlässen, da ging etwas mehr, aber ich achtete trotzdem immer darauf nie besonders stark geschminkt zu sein, da mir das einfach selbst nicht gefiel.

Ich stopfte noch schnell all meine Schulsachen, die ich benötigte in eine Tasche und lief dann nach unten in die Küche. Ich schnappte mir einen Apfel und eilte weiter in die Garderobe. Dort schlüpfte ich in meine schwarzen Ballerinas und eine schwarze, dünne Lederjacke. Mein Handy, Geldbeutel und Schlüssel hatte ich auch, mehr brauchte ich nicht.

"Tschüss!" rief ich meinen Eltern noch zum Abschied zu, bevor ich die Tür öffnete und sie hinter mir wieder zu knallte. Während ich eilig zur Schule ging, aß ich den Apfel, da ich morgens immer Hunger hatte. Nach nicht mal so langer Zeit kam ich außer Atem an der Schule an. Das lag aber weniger daran, dass ich gerannt war, sondern eher, dass meine Ausdauer extrem schlecht war und ich ziemlich schnell gegangen war. Ich sollte dringend mal wieder Sport machen!

Das Gebäude war schon ganz leer und ich suchte schnell das richtige Klassenzimmer. Physik. Das lag mir einfach nicht. Mit Mathe und Physik war ich noch nie klar gekommen und wenn ich ehrlich war, wollte ich das auch nicht. Also machte es mir nicht viel aus, den Anfang von der Stunde verpasst zu haben. Das Problem war, dass mein Physik Lehrer schon immer etwas gegen mich gehabt hatte. Außerdem war er sowieso ziemlich streng.

Schon mal auf alles gefasst öffnete ich die Tür und trat leise in das erstaunlich ruhige Klassenzimmer ein. Es wunderte mich immer wieder, wie der Lehrer mit unserer Klasse klar kam, da sie wirklich nur schwer in den Griff zu bekommen war. Aber das war gerade nicht meine größte Sorge. Ich schloss hinter mir die Tür, wodurch alle aufmerksam auf mich wurden und mich anstarrten. Richtig toll. Kam auch nicht oft vor, dass ich zu spät in die Schule kam, denn auch wenn ich daheim nicht immer die ruhigste war, galt ich in der Schule eher als brav.

"Ach wie schön, dass Sie uns auch beehren, Miss Evans." begrüßte mich mein Lehrer wirklich herzlich. Vorsichtig, Ironie. "Es tut mir aufrichtig leid." stammelte ich, mittlerweile schon etwas rot, da ich soviel Aufmerksamkeit hasste. "Sie kommen nach der Stunde zu mir!" befahl er mir in strengem Ton. Ich war gerade mal sieben Minuten zu spät, da ich mich so sehr gehetzt hatte. Aber der Lehrer war streng und hasste mich, was erwartete ich anderes?

Ich nickte nur und setzte mich mit gesenktem Kopf auf meinen Platz in der zweiten Reihe. Ich wusste nicht, wie manche da so cool reagieren konnten, wenn ihnen so was passierte. Der Lehrer stellte einen mehr oder weniger bloß und alle starrten einen komisch an, da wurde man doch ganz automatisch rot. Zumindest ich.

Der Unterricht wurde fortgesetzt und ich nahm wieder meine normale Farbe an. Ich meldete mich extra oft um einen guten Eindruck zu machen. Aber kam ich dran? Nein, natürlich nicht. Ich kam nur dann dran, wenn man mir anmerkte, dass ich etwas nicht verstand oder die Antwort nicht kannte. Ich hatte mich schon daran gewöhnt, aber trotzdem hasste ich meinen Lehrer dafür und verkroch mich dann am liebsten ganz tief in meinem Stuhl.

Das Thema zurzeit war gar nicht mal so schlecht, sonst hätte ich mich ja auch nicht so oft gemeldet. Ich verstand es, aber ich wusste, sobald es etwas schwieriger werden würde, käme ich schon nicht mehr mit.

Irgendwann war aber auch diese blamierende und schreckliche Stunde vorbei. Ich erhob mich als eine der letzten und ging langsam und etwas unsicher zu dem Lehrer vor, der mich schon böse grinsend ansah. Das verhieß sicherlich nichts Gutes!

"Sie werden mir bis nächste Woche eine Zusammenfassung der letzten, dieser und der nächste Stunde schreiben." erklärte er mir ganz sachlich und gefasst, obwohl ich genau wusste, wie sehr er sich freute, mir diese Strafe zu erteilen.

Idiot.

Aber ich lächelte nur lieb und verließ als letzte das Klassenzimmer.

Die nächsten Stunden bis zur Mittagspause verliefen nur quälend und langsam, aber nach Physik haute mich gar nichts mehr um.

Als endlich der Gong ertönte und auch Deutsch, meine letzte Stunde heute, vorbei war, lief ich mit meiner Tasche nach draußen auf den Schulhof, wo ich auf meine beste Freundin May wartete. Bald darauf erspähte ich sie schon. Sie war die einzige, die diesen nicht wirklich toll gelaufenen Schultag aufheitern konnte, sodass meine Laune heute doch noch etwas angehoben wurde.

Sie kam grinsend auf mich zu, indem sie sich durch die Schülermassen drängte und einfach alle aus dem Weg schob. Schließlich blieb sie vor mir stehen.

Ich grinste jetzt ebenfalls. Leider ging sie nicht in meine Klasse, sondern in meine Parallelklasse. Aber immerhin hatten wir Sport zusammen, wodurch mich wenigstens dort jemand aufheitern konnte, wenn ich mich mal wieder blamierte.

Doch als ich sah, wen sie im Schlepptau hatte, verging mir mein Grinsen sofort wieder und ich stöhnte innerlich auf.

My Best Friends BrotherWhere stories live. Discover now