Kapitel 17

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Zuerst kam May, allerdings verabschiedete sie sich gleich wieder von mir, mit einer Umarmung, da sie jetzt gleich Kunst-Unterricht hatten und sie draußen im Park nebenan Bäume abzeichnen mussten. Gott sei Dank, musste ich das nicht machen, in Zeichnen war ich schon immer schlecht. Irgendwas malen ging ja noch, aber so genau Bleistiftzeichnungen bekam ich nie hin. Jedenfalls musste May ihre Pause dafür aufgeben, denn sie mussten ja noch in den Park und zurückgehen. Wir hatten eh nur eine Viertelstunde Pause, dafür nach allen zwei Stunden, was ich unpraktisch fand. Wenn man was Richtiges aus der Schulmensa Essen wollte und keine Mittagspause sondern nur eine Viertelstunde Pause hatte, musste man sich total abhetzen.

Da ich sowieso nichts Besseres zu tun hatte, wartete ich auf David. Ich wusste nicht wo Claire war und Amy, Leah und Hope waren schon gegangen. Wie lang brauchte David denn bitteschön?

Nur wenige Minuten später kam er aber schon aus der Umkleide von den Jungs.

Er entdeckte mich und kam auf mich zu, da ich sein Shirt ja noch in den Händen hielt. Er hatte das Shirt, das er in Sport getragen hatte einfach angelassen.

Ich überreichte ihm das weiße Oberteil wortlos. Er steckte es in seine Tasche und sah dann wieder zu mir auf.

"Schönen Tag noch, Schätzchen." meinte er grinsend und drehte sich dann um, um zu seinen Kumpels zu gehen, die schon auf ihn warteten. Auch wenn sie mich im Unterricht nie beachteten, merkte ich, dass jetzt einige Blicke von ihnen auf mir lagen, was mir mehr als unangenehm war.

Ich hatte keine Angst, dass sie mich attraktiv fanden. Sie wussten, wie schüchtern, zurückhaltend und wahrscheinlich auch langweilig ich war. Und meine halblangen Haare, die immer noch in einem Pferdeschwanz zurückgebunden waren, waren auch nichts Besonderes. Von meinem Körper fing ich gar nicht erst an.

Es war mir einfach unangenehm diese Blicke auf mir zu spüren, nachdem was eben passiert war. Ich nahm es nicht ernst, was Mr. Brown zu mir gesagt hatte, aber ein mulmiges Gefühl bereitete es mir trotzdem. Wahrscheinlich war es eh nur eine lose Drohung, damit David und ich kamen, aber allein, dass er sowas sagte, ließ mich erschaudern.
Als ich in die Gesichter der Jungen sah, erkannte ich verschiedene Emotionen. Eigentlich waren es nur drei Jungs gewesen, die mich kurzzeitig angesehen hatten, die sich jetzt wieder von mir abwandten. In einem Gesicht hatte die bekannte Verachtung gelegen. Nicht, dass ich verhasst war oder gemobbt wurde, nur, war ich eher ein Außenseiter. In einem anderen Blick lag Verwunderung, wohl weil David so oft mit mir redete, wenn auch ungewollt. Das verstanden sie wohl nicht. Und in dem dritten unbekannten Gesicht, bildete ich mir ein, einen Hauch eines Lächelns zu erahnen.

Das verwirrte mich gewaltig, aber ich ging einfach zu unserem nächsten Raum und lehnte mich gegen die Wand, die dort war, meine Tasche stellte ich neben mir ab. Da ich keine Lust hatte die nächsten Minuten zu stehen, setzte ich mich schließlich doch neben meine Tasche auf den Boden.

Die Leute, die den Flur entlang liefen sahen mich entweder komisch oder bemitleidend an. Ja, wirklich danke! Es wirkte vielleicht gerade so, als wäre ich das Opfer schlecht hin und das komplette Gegenteil war es ja auch nicht. Aber mitfühlende Blick brauchte ich echt nicht.

Wo waren denn die andern alle? Ich saß hier schon etwas verloren am Boden am Rand des Flurs.

Doch als David mit seinen paar coolen Jungs kam und sie sich gegen die Wand lehnten und weiter cool waren oder zumindest so taten, war ich mir wenigstens sicher, dass wir hier Unterricht hatten. Und zwar Englisch. Die erste Stunde seit Schulbeginn nach den Sommerferien. Bis jetzt war der Lehrer die eineinhalb Wochen krank gewesen. Aber ausgefallen war natürlich nichts, wir hatten da immer nur Aufsicht gehabt und mussten Hausaufgaben oder Arbeitsaufträge machen.

David warf mir hin und wieder besorgte Blicke zu, welche ich aus den Augenwinkeln sah. Ich wusste sehr genau, dass es wegen dem vorherigen Geschehen war. Verübeln konnte ich es ihm nicht. Mur ging es gut, wirklich. Der Schock saß noch tief, aber ich dachte nicht, dass diese Worte was bedeuten würde, von daher hatte ich die ganze Situation runtergestuft. Ich kam damit klar. Immerhin hatte der Lehrer wirklich nichts gemacht, als mich für die zitierte Beleidigung zu bestrafen und dann aber eben noch eine Drohung hinzugesetzt, die ohne hin nichts zu sagen hatte. Dennoch war ich erleichtert, dass David morgen auch mit musste und ich das nicht alle durchstehen musste.

Also lächelte ich David einmal. Etwas an, damit er endlich mit diesen Blicken aufhörte und sich beruhigte. Es war wahnsinnig süß, dass es ihn wirklich zu kümmern schien, aber es war nicht nötig. Es war mir eher unangenehm.

Die Blicke hörten kurz darauf tatsächlich auf, worüber ich schon froh war.

Als es dann du Stundenbeginn klingelte, rauschte unser Englischlehrer in mittleren Jahren zum Klassenzimmer und sperrte es auf. Jetzt hatten sich auch die anderen aus meiner Klasse zusammengesammelt und wir gingen alle ins Klassenzimmer, was man nicht als geordnet bezeichnen konnte. Es quetschten sich einfach immer fünf Leute gleichzeitig durch den schmalen Türrahmen.

Da ich kein Pfannkuchen werden wollte, ging ich als eine der letzten ins Klassenzimmer und sicherte mir einen Platz in der dritten Reihe. Hinter mir saß Leah, Amy und Hope waren in einem anderen Kurs.

Mit Leah hatte ich am wenigsten von den dreien zu tun. Eigentlich hatte ich mich nur mit Amy angefreundet und wurde ein Teilzeit-Mitglied ihrer Clique. Hope war aber auch bestens okay. Nur mit Leah kam ich nicht so gut klar. Sie war nett, keine Frage. Aber sie wechselte ihre Typen wie (normale Menschen) die Unterwäsche, die sie vermutlich nicht mal trug unter ihren freizügigen Sachen. Immer kurze Röcke oder enge Hosen mit bauchfreien oder den engsten Tops überhaupt. Dazu ziemlich viel Make-Up. Lang nicht so Bitch-ähnlich wie Mary aus Mays Klasse, aber doch sehr freizügig und selbstbewusst.

Als alle saßen und sich beruhigten, räusperte sich der Lehrer vorne, wodurch endgültig Ruhe herrschte. Nicht, dass meine Klasse leicht zu handeln war, aber man sollte es sich wohl nicht von Anfang an mit den Lehrern versauen.

"Erst mal guten Morgen!" begrüßte er uns lächelnd, doch als wir dazu ansetzten alle zusammen im Chor Guten Morgen zu sagen, winkte er schnell ab. Fand ich gut, denn es klang immer total schrecklich, nur wollten alle Lehrer das so.

"Ich stell mich mal vor und dann ihr, ja?" schlug er vor, auch wenn man darauf wohl weniger mit einem Nein antworten sollte.

"Meinen Vornamen braucht ihr nicht zu wissen, für euch bin ich Mr. Johnson." begann er mit der Vorstellungsrunde. "Die Pläne für dieses Schuljahr werde ich euch im Anschluss noch erzählen. Ansonsten gibt es nicht viel, was euch noch zu interessieren hat. Es wird immer Hausaufgaben geben, ob ihr sie macht oder nicht ist mir egal. Das müsst ihr selber wissen. Striche verteile ich grundsätzlich nicht, aber ich bitte euch ruhig zu sein. Ihr könnt mal was mit euren Nachbarn besprechen, aber so, dass es nicht stört. Wenn ihr nicht aufpasst ist das eine Sache, aber wenn die anderen wegen euch nicht aufpassen können, sehe ich das einfach nicht ein. Also bitte tut mir den Gefallen, dann drück ich auch das ein oder andere Mal eines oder beide meine Augen zu." schloss er ab und sah uns dann fragend an. "Fragen bis hier?" fragte er und jemand meldete sich. "Also kann ich schwänzen und Sie drücken beide Augen zu?" fragte Anabell. Ein weiteres Mädchen mit zu kurzen, freizügigen Klamotten. Sie machte sich immer an die beliebten, gutaussehenden Jungs ran, nicht um einen Kurzzeit-Freund zu haben, sondern einfach für Aufmerksamkeit und Beliebtheit. Übrigens hing sie auch immer an Mary wie eine Klette, die doch ziemlich begehrt wurde. Einfach nur affig mit ihrer zuckersüßen Pieps Stimme, wie ich sie machte um andere zu nerven oder aus Ironie.

"Nein, das natürlich nicht. Aber ihr dürft leise reden im Unterricht und wenn jemand mal zu spät kommt ist das auch kein Problem. Ausfragen tu ich auch und da lass ich schlechte Noten nicht zählen, sondern frage euch später nochmal ab und hoffe auf eine bessere Note. Ich denke, dass das sehr nett ist, dafür, dass ich euer Lehrer und nicht euer Freund bin." erklärte er, woraufhin Anabell eine Schnute zog, es aber sein ließ.

Der Lehrer war mir sympathisch und ich hoffte mich nicht wieder so sehr zu irren, wie bei Mr. Brown.

"Gut, dann würde ich sagen ihr sagt der Reihe nach eure Vor- und Nachnamen. Ist es okay, wenn ich euch duze? Jedenfalls wäre es nett noch eure Hobby dazuzusagen und was ihr euch für dieses Schuljahr wünscht. Es muss nicht unbedingt mit Englisch zu tun haben, aber bitte keine Gegenständlichen Wünsche, sondern einfach so etwas wie, dass ihr bessere Noten schreibt oder so was." meinte er.

My Best Friends BrotherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt