Kapitel 60

149K 4.8K 698
                                    

Warum hatte ich immer soviel Pech?

Ich stand gerade schon unter der Dusche von unserem eigenen Bad und ließ das warme Wasser auf mich prasseln. Das Bad war erstaunlich groß und schön, dafür, dass es hier nicht mal einen Aufzug gab.

David war irgendwo anders, war mir aber auch egal.

Erst jetzt realisierte ich richtig, was alles los war.

David und ich teilten uns ein Zimmer mit Doppelbett für die nächsten zwei Wochen, obwohl ich ihm eigentlich aus dem Weg gehen wollte. Das konnte gar nicht gut gehen! Vor allem, da ich jetzt schon wusste, dass ich morgen früh in seinen Armen aufwachen würde. Eine schöne Vorstellung, aber einfach nein! Nur mein schlafendes Unterbewusstsein sah das immer anders und kuschelte sich an ihn. Dann würde ich eben einfach auf dem Boden schlafen.

Es war schon erstaunlich spät, als ich aus der Dusche kam. Ich hatte aber auch ewig geduscht. Und solange waren wir ja noch nicht hier. Außerdem hatte ich ein bisschen mit May geschrieben (dabei hatte ich bewusst die Tatsache mit dem Doppelbett ausgelassen, sie wusste aber, dass David und ich uns ein Zimmer teilten) und ich hatte meine Klamotten eingeräumt. In den einen der zwei Schränke, die im Zimmer standen. Ich hatte fast den ganzen Kleiderschrank mit meinen Sachen gefüllt, die waren ziemlich klein. Zur Not hätte ich meine Klamotten noch in den anderen Schrank von David gesteckt. Wahrscheinlich würde er sowieso keine brauchen, sondern seine Tage nackt mit Anabell im Bett verbringen.

Okay, tief durchatmen. Sowas hätte die alte Rose nie gedacht! David hatte mir einen Teil meiner Verklemmtheit genommen und jetzt war er mit dem Teil weg.

Zumindest gedanklich, körperlich tauchte er gerade wieder im Zimmer auf, wo ich mich gerade aufs Bett setzte. Ich trug jetzt Leggins, ein weißes Top und eine Türkise Strickjacke. Ich wollte hier sowieso niemanden beeindrucken.

"Es gibt Essen, kommst du?" fragte mich David und ließ die Augen über meinen Körper gleiten. Schnell verschränkte ich die Arme vor der Brust und stand auf.

"Du solltest das lassen... Pusht ein bisschen." meinte David und deutete auf meine verschränkten Arme. Obwohl wir zurzeit nicht wirklich gut miteinander waren, grinste er dabei schief und sah mir jetzt direkt in den Ausschnitt. Man dachte selber immer, der andere merkte das gar nicht, aber es war nicht zu übersehen, wenn jemand direkt dahin starrte.

Ich ließ die Arme fallen, zog die Strickjacke etwas zusammen und lief dann auf David und die Tür zu.

"Hast du eigentlich den Schlüssel?" fragte ich ihn, ohne ihn anzusehen. Aber immerhin sah ich ihm nicht so dreist wie er direkt auf den Schritt. Man konnte das Zimmer absperren, aber wenn man die Tür einfach so zu machte, war sie nicht abgesperrt.

Er nickte und lief ein paar Schritte vor mir zur Essensausgabe. Abendessen und Frühstück gab es hier, Mittagessen würden wir immer außerhalb. Wir waren die einzige Schulklasse, weswegen man nicht mal so lange anstehen musste, um sich Essen von der Theke zu nehmen.

Ich stand hinter David und starrte die ganze Zeit nur seinen Rücken an, da ich eh nichts Besseres zu tun hatte. Dabei fiel mir auf, wie muskulös und gut gebaut er war.

Aber nein, so toll sah er gar nicht aus! Gerade lief neben mir ein Typ aus meiner Klasse vorbei und der sah mindestens genauso heiß aus wie David ... nicht. Ach man, ich bekam die Gedanken einfach nicht vom ihm los und konnte nicht aufhören von ihm zu schwärmen. Das wäre ja okay, aber David hatte erst mich und kurze Zeit später eine andere geküsst. Da wusste man dann, woran man war und ich wollte definitiv niemanden, dem ich nicht vertrauen konnte. Meinem Ex hatte ich auch blind vertrauen können und das obwohl wir nie sehr weit gegangen waren. Wie er seine Bedürfnisse gestillt hatte wusste ich nicht, aber jedenfalls nicht mit anderen.

Als ich dran war, nahm ich mir alles was ich essen wollte. Es war nicht viel, ein Salat und ein bisschen von der selbstgemachten Pizza. Dazu nahm ich mir noch ein Glas stilles Wasser und schaute mich dann fast schon verzweifelt um. Fast alle Tische waren schon mit irgendwem gefüllt. Es war fast so wie in diesen ganzen amerikanischen Filmen. An dem Tisch saßen die Coolen, am anderen die Sportler, in der Nähe der heißen Jungs saßen die Bitches und so weiter. Nur, dass bei uns der Unterschied nicht ganz so krass war. Es waren eigentlich fast alle beliebt oder cool, nur ich nicht so richtig. Es gab noch uncoolere als ich, aber die waren auch irgendwie einfach komisch drauf.

Ich musste ziemlich lang ratlos so dagestanden haben, da wurde ich beim Namen gerufen. Von Davids Kumpel aus dem Flugzeug. Verwirrt runzelte ich die Stirn und ging dann mit meinem Essen auf den Tisch zu.

"Kannst dich gerne hinsetzen. Seit heute im Flugzeug bist du mir um einiges sympathischer geworden." Er schien wirklich nett zu sein und grinste etwas. Die anderen sagte nichts dagegen, was jetzt gut und schlecht sein konnte. Ich hatte keine Ahnung, welches Bild die von mir hatten.

Ich aß schweigend, während David mich ignorierte.

Zwanzig Minuten später war ich fertig. Mein benutztes Geschirr hatte ich schon weggeräumt und stand gerade schräg hinter David.

"Krieg ich den Schlüssel?" fragte ich ihn ziemlich leise.

"Aber sperre nicht ab. Ich komm erst später." meinte er und übergab mir den Schlüssel.

Mit dem silbernen nummerierten Schlüssel eilte ich nach oben zu unserem Zimmer, sperrte auf und schloss hinter mir die Tür.

Ich war irgendwie total müde.

Also machte ich mich im Bad fertig, zog mir ein Top und eine kurze Schlafshorts an. Es war mir egal, dass David mich so sehen konnte und ich darunter nur eine Unterhose und keinen BH trug. Er brauchte kein gutes Bild von mir zu haben und wenn es ihm gefallen würde mich so zu sehen, wusste er jedenfalls was ihm entging. Allerdings sah ich morgens nie wirklich gut aus und er würde eher ein schlechtes Bild von mir haben, als die zweite Variante.

Da ich wirklich nicht mit ihm in einem Bett schlafen wollte, rückte ich mit der Decke (die wir uns überraschenderweise teilen mussten) und meinem Kissen ganz an die Kante des Bettes, damit er mir nachher so weit wie möglich entfernt sein würde. Ich vergaß dabei, dass er die Decke auch brauchte und ich sie ganz in Beschlag nahm. Aber er war sowieso so heiß, dass er keine bräuchte.

Ich hasste diese Gedanken und grunzte deswegen einmal leise. Da ich nicht einschlafen konnte, drehte ich mich einmal um.

Aua.

Scheiße, ich war gerade ernsthaft aus dem Bett gefallen. Ich war aber schon so hundemüde, dass ich mich nicht darum kümmerte, die Decke enger um mich zog und mehr oder weniger friedlich einschlief. Wenigstens schlief ich jetzt wirklich auf dem Boden, wie ich vorher nach dem Duschen noch prophezeit hatte.

My Best Friends BrotherWhere stories live. Discover now