#1 Wir raschen euch über

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19. Dezember 2019

Perspektive Thomas "Tommi" Schmitt

"Komm Tommi, wir nehmen jetzt noch schnell auf und dann gibt's SS!" sagt Felix und grinst mich debil an, was über meinem Kopf ein imaginäres Fragezeichen entstehen lässt. "Felix, ich weiß ja, dass deine Wortwitze schlecht sind, aber den musst du mir erklären. Sagst du jetzt den dritten Weltkrieg ausgelöst durch ein neues nationalsozialistisches System voraus oder was?" frage ich darauf hin und Felix winkt mit einem ablehnenden Gesichtsausdruck ab: "Mensch Tommi,komma runter und red' nicht son hochwissenschaftliched Zeug. Ich hab' zwar studiert..."
Kurz überlege ich, unseren Insider weiterzuspinnen, bin jedoch etwas zu müde dafür. Man sieht ihm aber seine Erwartungshaltung an und Felix schaut mir in die Augen, setzt es dann aber selbst fort. "Mit SS meinte ich Silvestersex." Ich schaue ihn verwirrt an und Felix verfällt in seinen, wie er ihn selbst nennt "explainy-Modus": "Naja ick meine, ick hab keene Freundin, du hast ne offene Beziehung am laufen und es steht das Fest der Liebe an. Wenn wir schon beisammen sind". Er grinst breit und ich glaube, ein Zwinkern zu vernehmen. Es ist zwar erst der 19. Dezember, aber das lasse ich jetzt einfach mal so stehen.

Ich schlage Felix leicht gegen die Schulter, um zu symbolisieren, dass ich auf so einen Quatsch gerade keine Lust habe, sondern aufnehmen will. Demzufolge lasse ich mich auf Felix' Sessel nieder, den er extra für mich gekauft hat, was ihn realisieren lässt, dass ich es ernst meine.
Relativ am Anfang der Folge erwähnt Felix sogar, dass er heute albern drauf ist, währendessen schlägt er mir sanft auf den Oberschenkel, was erstens eher in Richtung Streicheln geht und sich zweitens seine Hand einen Schnuff zu nah an meinem Schritt befindet, was mich kurz aufzucken und ihn leicht entsetzt ansehen lässt.

Während der Aufnahme fangen wir mehrere Male gleichzeitig an, zu lachen, was mein Herz ein Stück erwärmt. Einfach so- ich weiß nicht einmal wirklich, warum genau. Seit wir und dazu entschlossen hatten, sowohl Weihnachten als auch Silvester gemeinsam in Berlin zu verbringen und ich seit gestern bei ihm wohnen darf, sind wir uns auf eine sehr andere Art und Weise näher gekommen. Neben dem körperlichen, dass man zum Beispiel morgens gemeinsam nur in Unterhose frühstückt oder zusammen zum Sport geht, kommt auch das Gewohnheitliche dazu,was man sonst von dem Anderen nicht erlebt und somit ein Stück weiter in die Privätsphäre schreitet.

Nach Stoppen der Aufnahme setzt er sich sofort auf die Armlehne meines Sessels, denn offensichtlicherweise bietet dieser nur Platz für eine Person. Felix,rechts von mir, legt seinen Ellebogen auf meine Schulter und stalkt mein Handy, welches ich in der Hand halte. Geöffnet ist nur unser Chat, was meine Anspannung entschärft- alles, was innerhalb dieses passiert kennt er ja auch. Neben seinem Profilbild steht "PP" und er fragt mich, was das bedeute. Wie es ein Comedian nun einmal so an sich hat, stellt er sofort mehr oder weniger witzige Spekulationen über die Bedeutung an, welche in die verschiedensten Richtungen gehen: Perliner Puskelmaus, Papa Pobrecht, Power Point, Peinliche Präsentation,Prager Protz, Proleten Peter,.... Letzendlich kläre ich ihn auf, hoffe, dass Felix den Joke wenigstens ein bisschen versteht und sage: "Podcast-Partner. PP steht für Podcast-Partner.". Ich schaue erwartungsvoll zu ihm hinauf, was aufgrund seiner geringen Größe nicht sehr weit ist und unsere Haare sich bereits berühren. "Boar Tommi alter!". Er lacht in diesem hohen Ton, zeigt seine "Ick lache-Seite" und wuschelt mir leicht durch die Haare. Ich bin ihm nicht böse, die sind heute eh nicht gut gemacht. Und wir sind ja auch nur beim Podcast. Da kann man ruhig mal eine Radiofresse haben. Ich lege meinen rechten Arm um seine Hüfte,so wie tausende Fans es nach seinen unzähligen Shows getan haben und streichle mit dem Daumen sanft sein relativ weites T-Shirt, sodass er es auf seiner Haut kaum spüren sollte. Nebenbei hatte ich Instagram geöffnet,um mir Posts und Stories anzuschauen, auf denen ich verlinkt wurde. Felix grinst. Ich glaube, er genießt es. Er sieht fertig aus.
Ein paar Minuten nachdem ich erneut meiner Handysucht verfallen war und mich wieder herauskämpfte,sage ich "Und, was machen wir heute noch,Manuel?". Ich grinse, weil Felix offensichtlich verwirrt ist. "Alter Tommi,mach das nie wieder! Mein Zweitname ist Tabu,oke?" erwidert er in einem Ton, welcher wieder seine alberne Stimmung des heutigen Tages zum Vorschein treten lässt. Seine Stimmlage,Mimiken und Gestiken lassen darauf schließen, dass er ein eingeschnapptes Weib imitiert. Oder es zumindest versucht. "Keene Ahnung- irgendson Okö-Weihnachtsmarkt in Berlin aufsuchen, wo uns keener kennt?" "Felix. Wir sind der einflussreichste Podcast Europas. Man kennt uns überall." erwidere ich witzelnd. So langsam wird das mit der Hand an seinem Rücken eine komische Sache, da wir beide anfangen, leicht zu schwitzen und so ziehe ich meine Hand wieder hervor. Er lächelt mich beruhigend an und nimmt mir die Chance, meine Hand irgendwo selbst hinzustecken indem er sie sanft auf seinen linken Oberschenkel ablegt. Wir schauen uns an, lächeln und er zwinkert mich an. Wie so haufig wundere ich mich, wie dieser durchtrainierte Mann so krass liebevoll und sanft sein kann. "Du bist schon n komischer Typ, Tommi.." lacht Felix und steht auf- meine Hand fällt aufgrund meinet Unvorbereitetheit stumpf auf die Armlehne und rutscht dann auf die Sitzfläche ab. "Jetzt tunse mal nich so perplex hier, Herr Schmitt." sagt er, vor mir stehend. Ich stehe auf, schaue ihm in seine blauen Augen, boxe ihm freundschaftlich an die Schulter und gehe absichtlich an ihm so vorbei, dass ich ihn mit der Schulter anremple. Felix Manuel Lobrecht dreht sich grinsend zu mir um, da ich ja nun hinter ihm stehe und sagt "Da wollte wohl einer seine Männlichkeit wiederherstellen, wa? Komm, zieh dich an! Wir gehen jetzt auf den Weihnachtsmarkt.". Die letzten beiden Sätze vertont er in seinem besten fürsorgliche-Mutti-Hochdeutsch, was es ziemlich lächerlich wirken lässt. Er legt sich einen Schal um und auch ich ziehe mich an.

Knv!

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