63 - Zwickmühle

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[Na? Fühlt ihr das nächste Plothoch schon auf euch zu rauschen? Die Spannung steigt mal wieder (und ich muss euch hier mit langsamen Updates quälen, weil ich nicht schnell genug schreiben kann ... well ... Und - ganz anderes Thema - hat hier irgendjemand schon Shadow and Bone gesehen? Ich bin so ein bisschen verliebt in die Serie :D]

Julian wünschte sich vieles, während er hinter Cress die schmale verborgene Treppe hinunter jagte. Ein wenig inneren Frieden, Helena in Handschellen, eine Tasse Kaffee und nicht zuletzt, dass May aufhörte ihn anzuschreien. Er war ebenso erschüttert wie sie über den Mord an Cheleste, doch im Gegensatz zu May wusste er nicht nur, dass Helenas Plan implodiert war, sondern auch, dass ein Stern unter dem Styx schlief und er jeden Moment in Flammen ausbrechen könnte vor Frust. Als sie in die offenen Stallungen hinausrannten, hielt er es nicht mehr aus.

„May", er nahm sie an den Armen und sah ihr in die hellen Augen, „Du kennst nicht einmal die Hälfte der Wahrheit. Ich schwöre, dass ich dir alles erkläre, aber zuerst müssen wir dieses Blutbad verhindern. Du kannst nicht wollen, dass sie Unschuldige umbringen."

Sie sah ihn an, fassungslos, verletzt ... Er hätte sie schon so lange befreien sollen. Hatte er nicht genug getan? Hätte er mehr tun können? Sein schlechtes Gewissen schien ihn jedes Mal ins Gesicht zu schlagen, wenn er ihr in die Augen sah. Darunter lauerte seine Schuld, bodenlos und dunkel.

„Reiß dich zusammen", übersetzte Cress gnadenlos, „Oder Menschen sterben heute Nacht."

Die Diebin hatte inzwischen einem Stallburschen mit Hilfe lauter Drohungen und eines Dolchs zwei Pferde mit dem Brandzeichen der Valeria abgenommen, die gesattelt auf ihre Herren gewartet hatten. Sie drückte Julian die Zügel in die Hand und er stieg auf. May öffnete und schloss den Mund ein paarmal, bevor sie sich mit finsterer Miene von ihm in den Sattel ziehen ließ. Doch anstatt seinem Wallach die Sporen zu geben, hielt der Kronprinz inne. Er sah Cress an, die ihrerseits angespannt den Blick über den Platz schweifen ließ. Unruhig tänzelten ihre Pferde auf und ab, während die Farblose den Triumphbogen, die umliegenden Häuser und das Amphitheater musterte. 

„Sie sind hier", sagte die Diebin. Julian jagte ein Schauer über den Rücken. Die Menge in der Arena wählte diesen Moment, um in lauten Applaus auszubrechen, der außerhalb der Mauern dumpf widerhallte.

„Sie warten", Cress sprang von ihrem Pferd und reichte dem nun hochgradig verwirrten Jungen, der soeben noch ihren Dolch am Hals gehabt hatte, die Zügel zurück. Julian stieg ebenso langsam wieder ab, wie er aufgestiegen war. Seine Augen huschten über den Platz. Er hatte keine Ahnung, woher Cress all das wusste, aber falls er heute irgendjemandem sein Leben anvertrauen musste, dann sollte es sie sein. 

„Die Spiele", flüsterte May, die immer noch auf dem Wallach saß, „Die Menge."

Sie suchten Deckung in einem der Torbögen der Arena, während der Stallbursche in einer Mischung aus Panik und Ehrfurcht auf einem der Pferde über den Platz floh.

„So dumm wären sie nicht", sagte Julian gerade, als der Junge tot aus dem Sattel fiel. May stieß einen spitzen Schrei aus. Das Pferd taumelte, wieherte qualvoll und jagte dann in eine der schmalen Gassen davon. Sprachlos starrte er auf den Platz hinaus. Selbst auf die Entfernung konnte man den Pfeil sehen, der aus dem Rücken des Jungen ragte, perfekt versenkt wie bei einer Trainingspuppe.

„Sie sind nicht dumm", entgegnete Cress langsam, „Sie sind wütend."

May wimmerte. Das letzte Mal, als sie Menschen sterben gesehen hatte, war sie auch mit ihm zusammen gewesen, dachte Julian bitter. Ein paar Meter weiter schlug die diskrete Tür zu den Ställen auf und die Valeria Brüder strömten in den Unterstand. Cress zog ihren zweiten Dolch, May versteifte sich und Julian wirbelte gerade noch rechtzeitig herum, um Aeneas Valeria am Kragen zu packen und den Hünen zurück in den Schutz der Mauern zu ziehen.

Smokehands (Skythief pt. 2)Where stories live. Discover now