16 - Euphorie und Todesangst

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Achills Bruder, der aussah wie ein antiker Held, sah gelassen zu, während Kimmy Julian die Handschellen anlegte. Das faule Grinsen einer riesigen Wildkatze war auf das Gesicht des Valeria gezeichnet, während er seinen Gefangenen musterte. Julian war einst ein Prinz gewesen, wie er.
Wie schnell man doch von einem Thron in den Staub fallen konnte, dachte er, während man ihn aus der Zelle schob. Er traf den grauen Blick des augenscheinlich ältesten Valeria Bruders ohne Scheu, was diesen zu amüsieren schien.
Julian war es nicht gewohnt, dass Menschen größer waren als er.

Der blonde Hüne nahm Kimmy Julians Ketten aus der Hand und zog ihn förmlich hinter sich her.

„Vorwärts, Cyan. Wir wollen doch nicht zu spät kommen."

Julian warf dem Valeria einen abgrundtief bösen Blick zu, aber das schien dessen Vorfreude nur weiter anzuheizen. Wie ein Löwe, der Blut gerochen hatte.

Sie gingen wohl lange durch Gänge, stiegen Treppen hinunter, durch düstere Feuchtigkeit. Das Klirren der Rüstungen und Waffen vermischte sich mit dem der Ketten, sprang wie ein flacher Stein auf dem Wasser zwischen den Tunnelwänden hin und her.
Sie traten in einen Teil der großen Höhle hinaus, auf einen Platz voller Soldaten. Fünfzehn Männer der Höllenhunde auf mächtigen Schlachtrössern.
Die Pferde sträubten sich gegen ihren Zaum, begierig darauf zu rennen und alles in ihrem Weg niederzutrampeln. Sie würden ihn eskortieren.
Als er den Gitterwagen kommen sah, schluckte Julian schwer. Er hatte die naive Hoffnung gehegt, dass sie zumindest so gnädig sein würden, ihn einfach in die Arena zu führen. So gnädig waren sie nicht. Die Valeria würden ihn direkt durch die Menge führen, die seinen Tod so sehr wollte. Doch man sperrte ihn nicht in den Käfig, der auf der Kutsche montiert worden war.
Aeneas Valeria schleifte ihn zum Kutschbock, stieß ihn hinauf und rammte Julians Rücken gegen das Gitter. Man kettete ihn vorne fest, wie eine Galleonsfigur, sodass er nicht einmal den Schutz der Gitterstäbe hatte.

„Nur die beste Aussicht für Euch, Eure Majestät", höhnte Aeneas und machte eine lächerlich tiefe Verbeugung vor Julian. Dieser wandte sich ab. Starrte geradeaus. Es gab keinen Kutscher. Man würde die Pferde führen, was darauf schließen ließ, dass man es überhaupt nicht eilig hatte.

Er durfte sich nicht anmerken lassen, wie viel Angst er wirklich hatte. Dass seine Lungen fast kollabierten und er nichts hörte, außer seinem panischen Herzschlag und irgendwo Tränen in dem jungen Prinzen aufstiegen. Jämmerliche Angst hatte ihn gepackt, drückte ihm die Luft ab und sorgte dafür, dass die Welt sich langsamer drehte, als eine Peitsche knallte und die Reiter ihre Pferde antrieben. Aeneas grinste seinen Gefangenen von seinem weißen Schlachtross her lässig an, bevor er dem Tier die Sporen in die Seiten trieb und an die Spitze des Zuges sprengte.

Julian schloss die Augen, während er von der unebenen Straße durchgeschüttelt wurde. Dann sah zumindest niemand, wie sehr er zitterte. Er war auf direktem Weg in seinen Tod.

Als der Donner begann, starrte er immer noch in die Schwärze hinter seinen Augenlidern. Als es so laut wurde, dass er das Gefühl hatte, sein Knochenmark hätte zu vibrieren und sein Blut zu tanzen begonnen, als das Geschrei der Menge durch seinen Kopf spülte und das Licht eines Platzes seine selbstgewählte Dunkelheit zersprengte, öffnete er sie wieder.

Er dachte, jetzt wäre er bereit. Gereinigt genug, um es zu ertragen.
Er lernte, dass man nie bereit sein konnte für den Hass einer Nation.

Obwohl er umgeben war von Rittern in voller Rüstung, drückte die schreiende Menge nach innen. Sie nahmen Schläge der Ritter in Kauf, riskierten von den Pferden niedergetrampelt zu werden, nur um zu ihm zu gelangen und ... was zu tun? Ihn schlagen? Anspucken? Verletzen? Nach den Blicken zu Urteilen würden sie ihn am liebsten umbringen.

Smokehands (Skythief pt. 2)Where stories live. Discover now