53 - Schattenerbe

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{Ein laaanges Kapitel heute <3 Ich wünsche euch ganz viel Spaß beim Lesen und noch einen wunderschönen Tag!}

Julian dachte das erste Mal darüber nach, sich umzubringen, als er an diesem Abend alleine in der Kapelle stand.
Goldene Engel und verblasste Gemälde sahen zu, wie er dort saß und die Felsenwände anstarrte.
Seine Gedanken waren dunkel und bodenlos, wie seit Monaten nicht mehr. Er ließ zu, dass sie sich ausbreiteten, dass sie die schmerzhafte Leere füllten, die ihn peinigte, seitdem er den schlafenden Gott gesehen hatte.

Hell wie die Silhouette des gefangenen Esterels und der Körper der schrecklichen Laureline brannten sich die Worte des Herren der Unterwelt in sein Gedächtnis ein.
Als hätte Hades ihn physisch gezeichnet, als wären seine Worte heißes Eisen gewesen, als hätte er ihm ein Brandzeichen verpasst, dessen Umriss er für immer auf der vernarbten Haut tragen würde. Dabei war es schon immer da gewesen, namenlos, aber vertraut. Eines der bekannten, stillen Monster, von denen jeder Mensch so viele in sich trug.
Doch Julians Monster machten ihn zu einem Ausgestoßenen, mehr noch, als es seine Farbe tat.
Der Fluch, der auf ihm lastete, würde von keinem Zauberspruch und keinem Kuss gebrochen werden. Er war Teil von Julian, floss mit seinem Blut durch seine Adern, hielt mit seinen Knochen seinen Körper aufrecht und schoss bei jedem Nervenimpuls durch seine Synapsen. Er könnte sich die Haut vom Leib kratzen und gegen die Wände schlagen, bis seine Finger brachen, doch das Feuer würde seinen Körper nicht verlassen.

Dieser Dämon konnte nicht mit den Gebeten der Hohen ausgetrieben werden. Kein Ziegelstaub, kein Eisen, kein Caz Kristall würde das Feuer aus seinen Adern schneiden können.
Erst, wenn seine Lungen nicht mehr atmeten und sein Herz zu schlagen aufhörte, würde dieser verräterische Funke in seinem Inneren erlöschen. Dieser verdammte, unerwünschte Funke, der so gerne wieder die frische Luft küssen würde.
Die Flammen wollten mit der Welt spielen, sie wollten auf seiner Haut tanzen und durch die fremde Stadt huschen, wie neugierige kleine Tiere. Sie wollten heller brennen, als die Sonne, die er so sehr vermisste.

Mit jeder Minute stieg der Druck auf seine Selbstbeherrschung.
Er wusste nicht, wie lange er standhalten konnte.
Seine Unruhe trieb ihn in den Wahnsinn. Als hätte jemand in seinem Inneren zum Schlag ausgeholt und würde nur noch auf den richtigen Moment warten, um die Faust niedersausen zu lassen.
Cress würde nicht mehr da sein, um seinen Rausch zu durchbrechen.
Er wusste nicht, was er tun würde, wenn die Flammen kamen – nur, dass er eher diesen Funken in sich ersticken würde, als jemand weiteren zu verbrennen.
Dieser verdammte Funke, der nicht in diese Welt gehörte und das auch nie tun würde.

Er hatte den Kopf auf die Daumen gestützt und saß auf dem eiskalten Steinboden, ohne zu frieren.
Das Zittern, das ihn in Beschlag genommen hatte, ging tiefer, als es die Kälte je könnte.

Ertappt sah er auf, als jemand an die schwere Flügeltür klopfte.
Inzwischen klopften sie alle – fast, als erwarteten sie, dass er sie auffressen würde, wenn sie es nicht täten.
Er tat so, als sehe er die Angst in den Augen der Farblosen nicht, die ihm Essen brachten oder seine Kleider wuschen. Sie sperrten ihn nicht mehr ein, doch er verließ die Kapelle trotzdem nicht mehr als nötig.
Wozu auch?
Jeder Schritt, den er außerhalb dieser Wände machte, war riskant.
Ein weiterer einsamer goldener Käfig, den er sich dieses Mal jedoch selbst ausgesucht hatte. Nur hatten noch nicht alle verstanden, dass er ihnen einen großen Gefallen tat, indem er sich verkroch.
Was musste er nur tun, um sich den sternverfluchten Valeria vom Hals zu halten?

Achill trug irgendetwas Längliches unter dem Arm, als er eintrat und zu dem Kronprinzen hinunter sah, der auf dem nackten Fels kauerte, als würde er am liebsten mit diesem verschmelzen.

„Ihr seid blass", begrüßte er Julian. Eine Feststellung, die der Kronprinz nicht einmal mit der Bewegung eines einzelnen Gesichtsmuskels quittierte. Die Wachposten, die nach wie vor vor der Kapelle abgestellt waren und nach wie vor lieber von Helenas Löwen durch die Stadt gejagt würden, machten keine Anstalten, die Tür hinter dem Valeria zu schließen, wie sonst.
Dieser ging vor Julian in die Hocke.

Smokehands (Skythief pt. 2)Where stories live. Discover now