SSW 9 [1]

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Es war auch nicht wirklich schmerzhaft, als er mich die nächste Woche von sich aus in der Schule ignoriert hatte. Ich bin nach dem anstrengenden - aber guten - Laufen in die Schule die vielen Treppen zu meinem Klassenzimmer hoch.
Heute hatte ich sogar so ein heftiges Ziehen im Unterbauch und das nervte mich schon jetzt. Ich sah an der Treppe Yoongi stehen und weil sich meine Blase dringend meldete, die Luft wirklich knapp war und ich Schmerzen von den Treppen hatte, da konnte ich nicht einfach wieder umdrehen und gehen. Ich könnte ja, aber das war es mir definitiv nicht wert.

Außerdem hatte ich die Befürchtung, dass ich mein Frühstück wieder verlieren werde, also konnte ich erst recht nicht noch weiter von der Toilette weg. Yoongi sah mich, das wusste ich. Er sah mich und trotzdem begrüßte er mich nicht einmal. Er redete einfach weiter mit seinen Freunden und die Angst, er könnte über mich reden, war irgendwie viel zu beunruhigend. Panik war aber nicht so gut. Ich stolperte die letzte Treppe hoch, was nicht peinlich genug war, nein. Ich musste dann noch zur nächsten Toilette sprinten.

Konnte ich das mit meiner Atemnot? Ja, sicher! Ich riss die Tür auf, suchte panisch nach einer offenen Kabine, denn jetzt noch eine weitere Tür zu öffnen, schaffte ich ganz sicher nicht. Ich war mir auch nicht sicher, ob die Tür schon geschlossen war, aber wenn nicht, dann übertönte mein Würgen den Fall zurück. Oder die Tür war gar nicht zu und man hatte mich bestimmt noch in die nächste Etage kotzen hören. Es war peinlich und unangenehm, aber gerade musste ich das schmerzhafte Ziehen ignorieren, hektisch nach Luft schnappen und spülen.

Und selbst, wenn es jemand gehört haben sollte, da war es allen egal. Es war Yoongi egal. Ich schloss mich in der Kabine ein, weinte stumm ein paar Tränen, trank etwas und haute mir einen - nein, eher zwei - Kaugummi rein. Es ist dein Kind, wieso muss ich also leiden? Wieso muss ich da alleine leiden? Wieso ich?

-

Biologie mit Yoongi und ich kann auch nicht schwänzen. Nicht schon wieder jedenfalls. Also sammelte ich meinen restlichen Mut und hoffte einfach, dass Yoongi mir da aus dem Weg gehen möchte. Aber schon an der Tür sah ich ihn da sitzen und da es leider keinen anderen freien Platz gab und ich nicht tauschen wollte, da setzte ich mich still und leise neben ihn. Ich spürte seinen Blick auf mir, als ich meine Sachen auspackte. Und kaum saß ich, da traf mich sein Parfüm mit so einer Wucht, dass ich doch glatt wieder kotzen könnte. Arschloch.
Ich wollte ihn darauf hinweisen, dass er schon wieder vollkommen übertrieben hatte, aber so hielt ich mir einfach meine Hand unter die Nasen. Parfüm ist so stark...
Noch zehn Minuten und der Unterricht beginnt. Die beiden Unterrichte neben Yoongi. Aber hey! Das kleine Monsterchen rettete mich zum ersten Mal mit dem Druck auf meine Blase. Bye, bye! Ich bin dann mal pissen und das schon wieder.

Ich blieb länger weg, als ich musste, also kam ich gerade noch rechtzeitig. Ja, langsam war ich sehr geübt darin Yoongi aus dem Weg zu gehen. Zwei Wochen und ich war ein Meister. Ich setzte mich also auf meinen Platz, sah Yoongi nicht an, versuchte auch nicht mehr zu sehr an ihn zu denken. Anscheinend hatte er es auch nicht nötig, mir die Sache zu von vor dem Wochenende zu erklären. Denn zu meiner überaus großen Enttäuschung hatte er sich nicht einmal das Wochenende gemeldet, nachdem ich am Freitag den Schultag voll und ganz geschwänzt hatte.

Ich habe geweint und mir Vorwürfe gemacht, aber das aller wichtigste. Ich habe mir einen Termin in einer Klinik zur Abtreibung gemacht. Yoongi wollte das Kind nicht und ich will es so erst recht nicht. Ich hätte mir die Sache vielleicht noch einmal durch den Kopf gehen lassen können, aber nein. Diese drei Monate waren die Hölle für mich. Ich habe in den letzten zehn Jahren nicht mehr so viel geweint, wie die letzten Monate.

Ich hätte dem Kind eine Chance geben können, wenn Yoongi mir da den Rücken stärken würde. Wenn ich da nicht vollkommen alleine wäre, aber das bin ich. Der Vater wollte nichts von dem Baby wissen und ich will es auch nicht in mir tragen. Das werde ich mir nicht antun. Denn anscheinend war ich Yoongi vollkommen egal. Ich war meiner Liebe vollkommen egal, dabei war es sein Kind und sein Kind werde ich nicht wollen. Nein.

-

"Darf ich auf die Toilette?" Ich fragte das wieder einmal mitten im Unterricht und nach den zwei Wochen, da war mir das nicht einmal mehr sehr peinlich. Es war ein Segen aufs Klo zu gehen. Es war die einzige Beschwerde gegen die ich etwas machen konnte. Und als ich wiederkam, da wollte ich schon wieder weg. Neben Yoongi zu sitzen war schwer für mich. Noch schlimmer wurde das, weil wir uns beide eiskalt ignorierten.

Es war hart, weil ich meinen Stift hatte fallen lassen. Mitten zu seinen Füßen hin und der Idiot tat so, als würde er es nicht bemerken. Na vielen Dank auch. Konnte ich mich mit meiner Übelkeit und dem Ziehen im Bauch unfallfrei bücken? Nein! Also suchte ich mir einen neuen Stift raus. Es war so unheimlich verletzend, denn der Mensch, den ich liebte, der wollte meine Existenz nicht wahr haben.

Stundenwechsel und ich war der erste, der auf die Beine sprang und aufs Klo abhaute. Mein kleines Monster drückte mir auf die Blase, klaute mir meine Luft und mein Blut, ließ mich den ganzen Tag weinen wollen und trotzdem konnte ich nicht einfach abhauen. Anders als Yoongi konnte ich der Verantwortung nicht einfach entfliehen. Ich hatte Schmerzen und das nicht nur ein paar und ihn kümmerte es einfach nicht. Was? Wenn du nichts wissen willst, dann entscheide ich eben für mich alleine. Auch wenn es bedeutete, dass ich unser Baby töten musste. Es... hatte einen Herzschlag.

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"Wie war die Schule, Jimin?" Ich schlug die Tür hinter mir zu, stellte meine Schuhe hin. "Gut." Das war eine dreiste Lüge. Es war kein guter Schultag. So überhaupt nicht. "Und wie geht es dir?" Ich stellte meine Tasche in den Flur, ignorierte den Geruch des Essens. "Gut." Das war auch gelogen. Meine Mutter sah mich verwirrt an, dann gab sie mir eine Umarmung. "Ja? War Yoongi da?" Ich nickte gegen ihre Schulter. "Hat er etwas gesagt?" Schön wäre es... Etwas wäre besser als nichts. "Nein und ich will jetzt alleine sein, Mama." Das war witzig, denn ich war nie wirklich alleine. Ich hatte da jemanden in mir drin. Wir wollten jetzt lieber zu zweit sein, dann werden die Schmerzen im Bauch und Herzen vielleicht besser.

Pregnancy || YoonminWhere stories live. Discover now