SSW 18 [1]

685 47 74
                                    

Es war eine pure Enttäuschung, denn Yoongi war so beschäftigt, dass er schon zwei Tage nicht bei mir war. Es war okay. Er hatte nach der Schule drei Stunden Fahrschule, dann musste er zur Arbeit und dann nachts musste er eben etwas für die Schule machen. Und trotzdem fühlte ich mich jetzt wieder so alleine gelassen. Auch wenn wir telefonierten und schrieben und alles, aber... Er war nicht da, um mir den Rücken zu massieren und er war nicht da, um mir meinen Bauch einzucremen. 

Herzlichen Glückwunsch, kleines Monster. Du nimmst so viel in meinem Bauch ein, sodass ich nicht einmal mehr in eine Jeans passte. Sollte ich eine Shorts anziehen? Nein. Oder doch? "Du bist ja immer noch nicht angezogen." Oh je. Ich zog mir mein Shirt runter, seufzte schwer auf und nahm dann den morgendlichen Kuss an. Yoongi war jeden Morgen bei mir und trotzdem vermisste ich ihn am Nachmittag so sehr. 

Aber vor allem sah Yoongi müde aus. "Leg dich noch etwas hin. Ich glaube, bei mir dauert alles heute etwas." Etwas war gut. Ich hatte keine Hose zum Anziehen. Aber! Ich habe noch irgendwo eine alte Jeans, die ich nicht mehr anzog, weil sie mir zu groß war. Und jetzt hoffte ich auf das beste. Ich suchte sie im Schrank, fand sie auch schnell. Dabei stellte ich schockiert fest, dass ich endlich mal hier aussortieren sollte. 

Vielleicht brauchte ich keinen Schrank für den Kleinen kaufen. Ich kann seine Sachen zu mir legen.

Monsterchen! Willst mir etwa noch den Platz in meinem Schrank klauen? Du bist ein wirklicher Schmarotzer! Und dass ich wusste, dass es ein Junge wird, war immer noch nicht die Welt für mich. Mein Monster blieb für mich ein Monster. Und er klaute mir doch wirklich alles! Meine Luft, mein Essen, mein Blut, meinen Platz im Körper und mein Zimmer! Hey! Und was bekam ich zurück? Einen dicken Bauch, Rückenschmerzen und einen durchgehenden Druck auf die Blase. War das fair? 

Nein, war es nicht. Angepisst zog ich mir die Hose über meine Oberschenkel. Es klappte besser, als bei meinen anderen Hose und dann musste ich sie nur noch zubekommen. Ich spannte den Bund, nahm den Knopf und... und sie ging auch nicht zu. Egal, was ich versuchte, die Knöpfe kamen nicht einmal ansatzweise zusammen. Bauch einziehen... Bauch einziehen... Bauch geht nicht einzuziehen! "Sieht eng aus.", kommentierte Yoongi unnötigerweise. Ja! Ich drehte mich viel angepisster um, zeigte ihm die Vorderseite. "Ach was! Schau dir das mal an!" Ich zog noch einmal am Bund und was war? Alles ging mir nicht ganz um die Hüften um, wie ich es wollte. 

Das kam davon, wenn ich am Wochenende dauerhaft am Fressen war und auch nur eine Shorts trug. "Was ist mit der Hose von gestern?", fragte Yoongi. Ich dachte, er würde mich auslachen, aber tatsächlich sah er mich nur etwas besorgt an. "Die hab ich versaut. Hab mit Ketchup gekleckert." Und das war wessen Schuld? Deine, Monsterchen! Ich aß sehr selten Ketchup, aber gestern hatte ich mir gefüllt die ganze Flasche in meine Nudeln kippen wollen. Ketchup war so schön süß und rot. Am Arsch! 

Yoongi stand auf, stellte sich an meinen Schrank und wühlte da etwas herum. "Dann zieh eine Shorts an." Er reichte mir eine und ich musste sie wohl oder übel annehmen. Ich konnte nicht nur in Unterhose in die Schule. Und ich fragte mich echt, wie die überhaupt noch passten. "Das sieht aber voll blöd aus." Es gab schon einen Grund, wieso ich nicht in kurzen Hosen in die Schule wollte. "Ach was! Du hast wunderschöne Beine, Jimin." Hatte. Ich hatte sie und jetzt hab ich an den Oberschenkeln Cellulite. Auch deine Schuld, kleines Monster! 

Dementsprechend unwohl fühlte ich mich, als ich mit Yoongi zur Schule lief. Sicherlich könnten wir wieder versuchen mit dem Bus zu fahren, aber irgendwie drehte sich mein Magen bei der Idee schon um. Oder er tat es wirklich. "Oh, stopp." Sofort alles auf Pause stellen! Yoongi blieb auch abrupt stehen, sah mich fragend an. Das kam nur von meinem vielen Denken, weil ich mich in der Shorts unwohl fühlte und deswegen mir Sorgenbauchschmerzen erdacht hatte. "Mir ist schlecht." Oh je. Yoongi kam zurück zu mir, strich mir über die Brust, auf die ich eine Hand gelegt hatte. Alls nur Monsterchens Schuld. "Musst du erbrechen?" Hoffentlich nicht. "Na los, gib mir deinen Rucksack." Ganz sicher nicht! Meine Bücher konnte ich alleine schleppen! Aber ich hatte keine Wahl. "Und jetzt setzen wir uns hin und beruhigen uns." 

"Guten Morgen, Jimin." Ich lächelte gequält, schloss die Tür hinter mir. "Tut mir leid fürs Zuspät kommen." Ich hatte es am letzten Freitag den Lehrern erklärt... Gut, Dr. Kim Seokjin hat es ihnen erklärt, während ich draußen gewartet hatte, aber wirklich alle hatten mir versichert, dass es okay wäre. Manche beglückwünschten mich, die Bio- und Chemielehrer fanden es sehr erstaunlich. Wenn ich mich so erinnerte, da hatten die Lehrer noch nie etwas gegen mich. Tatsächlich hatten mich viele schon verteidigt, als die anderen wirklich unangebrachte Witze über Schwule gemacht hatten. Es waren sehr nette Lehrer, die ich hatte. 

Ich setzte mich auch schnell hin, sah zu, wie mein Mathelehrer die Tür wieder öffnete. "Wenn etwas ist, Jimin, dann bitte nur zu." Er zeigte auf die Tür und das erleichterte mich wirklich. Ich habe einen kürzeren Weg, sollte sich mein Frühstück noch dazu entscheiden, nicht in mir drinnen bleiben zu wollen. "Hä!? Darf Jimin einfach raus?" Oh je. Und jetzt wurde das ganze peinlich. Super, duper peinlich. Bitte, nichts sagen. Bitte, einfach nichts sagen und mich ignorieren. Ich bin nicht da! Ich habe gar nichts! 

Und jetzt meldete sich die Übelkeit mit so einer Wucht wieder, dass ich vergaß, wie man atmete. Oh nein. Aber wenn ich raus darf, wann immer ich möchte, dann... Dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt! Mein Stuhl schob sich laut nach hinten, dann stürmte ich aus der Klasse raus. Mir wäre es peinlich. Sicher wäre es mir das irgendwo, aber ich hatte keinen Kopf für so etwas, denn gerade hatte ich nur im Kopf, nicht zu kotzen. Nicht kotzen! Monsterchen! Ich bitte dich! Aber diesmal wusste ich, dass es meine Schuld war und nicht die des kleinen Jungens. Ich hatte solche Angst vor der Klasse, dass ich mich selbst durch die Sorgen zum Erbrechen brachte. 

Auf dem Weg zur Toilette - die könnte wirklich näher sein dürfen - traf ich auf Taehyung. "Hey, Jimin. Wohin-" Ich riss neben ihm die Tür zum WC auf, stürmte in die erste offene Kabine und weg war mein Frühstück. Ein Teil jedenfalls und es war so unangenehm, nach zwei guten Wochen wieder erbrechen zu müssen. "Oh shit! Alles gut?" Nein! Wieso stand er eigentlich immer noch hier! 

"Soll ich Yoongi holen?"
Nein!
"Ich gehe Yoongi holen!"
Nein!
"Schon g-" 

Aber nein. Nichts war gut, denn das 'gut' ging gerade in der Toilette unter. 

Und mit Yoongi war es nicht besonders besser. Wen juckte es, ob ich alleine kotzte, oder mit Yoongi hinter meinem Rücken? "Wir können gerne noch länger bleiben." Ich spülte mir noch einmal den Mund aus. "Mir geht es gut." Nein, echt nicht, denn ich hatte jetzt so eine Angst, was man sich in der Klasse erzählt hatte. Es waren zehn Minuten vergangen, aber trotzdem... "Wirklich? Du musst dich echt zu nichts zwingen." Ja, doch. Sonst wäre ich seit drei Jahren nicht mehr in der Schule. "Hast du ans Kaugummi gedacht?"

"Alles gut, Jimin?" Nein. Nickend setzte ich mich auf meinen Platz, sah Yoongi noch kurz zu, wie er mir winkte und selbst ging. Oh je. Und hinter mir hörte ich ein Lachen. "Hätte er eben zu Hause bleiben sollen." Ja, das würde ich auch gerne. "Ruhe jetzt.", ermahnte unser Lehrer. Irgendwie hatte ich ein zu schlechtes Gefühl bei allem. "Ja, aber so wie wir es verstanden haben, da darf Jimin einfach so aus der Klasse gehen, wenn er aufs Klo muss?" Richtig, aber ich brauchte das! Es war so anstrengend alles einzuhalten und dann war es doppelt und dreifach peinlich, wenn ich fragen musste. "Weil Jimin eine schwache Blase hat?" Was denn schwach! Ich hatte etwas direkt da drauf liegen und meine Nieren mussten wirklich einfach für zwei arbeiten! Bei einer Blase wohlgemerkt! 

"Wieso dürfen die Mädchen dann nicht auch aufs Klo, wann immer sie wollen? Stellen Sie sich vor eine hat ihre Tage gerade.", machte Yuna weiter. Was sollte denn das? Sie verwechselten etwas natürliches bei ihnen mit etwas ganz unnatürlichem und falschen, was ich da hatte. Sie hatten etwas, was sie eigentlich Monat für Monat freuen sollte! Wenn ich wirklich ein funktionierendes Organ hatte, dann hätte ich alles so herausfinden wollen! Ich hätte einfach geblutet und wir wären ins Krankenhaus, aber so hatte ich da einfach jetzt Yoongis Kind in mir und das konnte ich nicht mehr einfach wegmachen. 

"Könnt ihr nicht ein bisschen mehr Verständnis für Jimin aufbringen?"

Nein, nein, nein. Nein. 

"Er hat es wirklich schwer."

Ja, aber nein! Ich habe es schwer, aber ich hatte es eben für mich alleine schwer. Nein, nein. Das gefiel mir alles nicht. "Ja, und wir anderen haben es nicht schwer? Wieso bekommt er eine Sonderbehandlung? Das ist doch nicht gerecht." Mein ganzes Leben war nicht gerecht und fair zu mir. Mein ganzes Leben war einfach nur noch scheiße und jetzt? 

"Ihr seid unfassbar. Wie könnt ihr euren Mitschüler nur so behandeln? Ist es euch scheiß egal, dass Jimin schwanger ist und wir ihn da bei dieser überraschenden Lage so gut es geht unterstützen sollten?"  

Pregnancy || YoonminWhere stories live. Discover now