SSW 19 [2]

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Yoongi Pov:

Aufstehen, Fertig machen, Essen für die Pause einpacken - falls Jimin heute in die Schule kommt - und mit dem Bus zu Jimin fahren. Es frustrierte mich irgendwie, dass er einfach nicht in die Schule gehen wollte. Langsam gingen mir die Entschuldigen an mich selbst aus. Denn was dachte sich Jimin eigentlich?

Ich kann mich nicht in der Schule blicken lassen, weil alle über mich reden.
Ich kann nicht in die Schule gehen, weil alle wissen, dass Yoongi und ich ein Kind miteinander bekommen werde. 

Als wenn es wirklich so schlimm wäre, mein Kind auszutragen... Alle reden aber auch über mich und das will ich nicht hören! Ich will nicht hören, was man über Jimin erzählte und was man sich über mich erzählte. Ich wollte das doch auch nicht, aber ich ging trotzdem zur Schule. Einer von uns musste es machen und das war dann wohl ich. Gefiel es mir? Nein. Hatte ich Jimin etwas gesagt? Nein. 

Und außerdem war zwischen Taehyung und mir seit der einen Woche Funkstille. Genauso wie mit Hoseok und meine anderen Freunde wollten auch nicht auf mich zukommen. Also waren sie alle sauer auf mich und irgendwie traute ich mich auch nicht zu ihnen zu gehen. Sie werden dann wohl einen Grund gefunden haben, nicht mit mir zu reden. Das verstand ich irgendwie... Aber trotzdem war das manchmal auch wirklich verletzend.

Auch ohne Jimin war die Welt plötzlich so einsam und leer in der Schule. Noch schlimmer, ich wusste, dass es Jimin jeden Morgen nicht gut ging und er total litt. Aber das gestern war schön. Er wollte das Herz schlagen hören und es war so schön. Heute... wollte ich wieder mit meinen beiden liebsten Menschen zusammen sein und kuscheln.

"Jimin ist oben, Yoongi." Seine Mutter lächelte mich an, dann nahm sie mich in die Arme. "Ziehe bloß kein so langes Gesicht vor ihm." Ja... "Ich vermisse ihn in der Schule." Das war es. Ich wollte meinen ganzen Tag mit Jimin verbringen und nicht nur die drei Stunden bis ich zur Arbeit musste. Sie lächelte mich an, strich mir über meine Arme. "Wird schon. Keine Sorge." 

"Guten Morgen, Jiminie..." Sein Zimmer war noch ganz dunkel und er lag auch noch in seinem Bett. Kurz hatte ich Angst, dass ich ihn aufgeweckt hatte, aber auf seinem Nachttisch stand eine leere Tasse mit einem Teebeutel. Er war schon wach. "Das ist kein guter Morgen..." Ich weiß, mein Schatz! Dir ist wieder richtig schlecht, oder?

Ich schloss die Tür, nahm mir die Freiheit seine Fenster zu öffnen, um die noch angenehme Luft in sein Zimmer zu lassen. Also wollte er heute wieder nicht in die Schule gehen.

Ich legte mich vorsichtig zu ihm hin, fuhr ihm über seine Haare. Sie waren irgendwie länger und kräftiger geworden. Genauso, wie seine Haut weicher und strahlender war und auch hatte er kleine Sommersprossen auf den Wangen. Er sah aus, wie ein Engel. Und ich liebte es, dass er durch die Schwangerschaft wenigstens in der Hinsicht gesegnet wurde.

Sein Körper war warm, als ich mich an ihn kuschelte und sein Bauch war irgendwie seit gestern noch mehr gewachsen, denn so langsam sah er doch tatsächlich aus, wie eine echte kleine Kugel. Das erinnerte mich an etwas. "Weißt du, was ich gelesen habe, Jimin?" Er brummte leise auf, verschränkte unsere Finger über seinem Bauch. "Dein Bauch ist jetzt so groß, wie eine kleine Melone." Irgendwie war der Gedanke erstaunlich. Jimin lachte auf. Was? Er lachte! Er lachte doch wirklich darüber!! Und das ließ mir ganz warm werden. "Ich fühle mich auch so, als hätte ich eine Melone in mir!" Sein Lachen war seit Wochen nicht mehr so laut. Vielleicht hatte seine Mutter recht und es würde bald wirklich alles besser werden. 

-

Als ich die Treppen hochrannte, war ich irgendwie gerade noch rechtzeitig. Ich sah meine Lehrerin in die Klasse reingehen und dann sah ich auch in Jimins Klasse rein. "Oh, Yoongi?" Was? Ich blieb vor der Tür stehen. Jimins Lehrer kam schnell wieder aus der Tür. "Weißt du zufällig, was mit Jimin ist? Hast du Kontakt mit ihm?"

Jimin und ich liebten uns. Wir waren seit gut drei Jahren ein Paar.
Er hatte mein Kind in sich, war also auch durch meine Schuld schwanger. Wir sind schwanger.
Ja. Ja, wir hatten noch Kontakt zueinander.

"Ja." Aber was sollte ich sagen? Jimin kommt nicht mehr in die Schule, weil er so viel Angst davor hat? Nein. Das ging nur Jimin und mich etwas an. "Weißt du, wieso Jimin seit einer Woche fehlt?"
Ja.
"Ihm geht es nicht so gut."

Das war mal wieder eine gnadenlose Untertreibung. Er hasste es schwanger zu sein und er hasste irgendwie alles gerade. Auch mich. Aber das ging wieder du ihn und mich etwas an. "Oh. Würdest du dann ein paar Arbeitsblätter für ihn mitnehmen?" Ich nickte schnell, folgte ihm in die Klasse rein. Ich hörte ein Kichern, sah nach hinten und wieder einmal machte man sich anscheinend über mich lustig. Fühlte sich Jimin immer so, wenn er hier saß? Dann würde ich nämlich auch nicht mehr in die Schule gehen. 

"Dann wünsche ihm gute Besserung von mir." Das war nett. "Mache ich." Denn es würde ihm wirklich helfen, wenn er wüsste, dass die Lehrer sich um ihn sorgten. Und durch das kleine Aufhalten kam ich zu spät zu meinem Unterricht. Ich setzte mich nach einer schnellen Entschuldigung neben Taehyung und packte Jimins Sachen ein. "Wieso bist du zu spät?" Er redete wieder mit mir! Mein bester Freund sprach mich von sich aus wieder an. "Ich war noch bei Jimin." Aber das würde er wissen, wenn wir mal reden würden.

Die Pause war ich wieder dazu bereit alleine irgendwo das Brot zu essen, was ich eigentlich für Jimin gemacht hatte. Aber anscheinend war es heute anders. "W-willst du wieder... mit uns nach draußen, Yoongi?" Ja! Ja, nichts lieber als das! Ich habe meine Freunde so vermisst. Es war nicht so schlimm, wie als mich Jimin ignoriert hatte, aber es war schon schlimm.

Die Sonne schien durch die Blätter hindurch, spendete uns Schatten, als wir uns auf dem Pausenhof auf die Bank setzten. Ich schrieb Jimin schnell, dass ich in der Pause war, dann sah ich verwundert auf. Wieso sahen mich schon wieder alle so an? "Also...", fing Taehyung an. Also? "Wir haben uns gefragt, wie es Jimin geht. Er... kommt irgendwie nicht mehr." Jimin. Mein Jiminie wollte nicht mehr hier hin.

"Fragt ihn doch selber wie es ihm geht.", antwortete ich leise, vielleicht etwas angepisst. Wenn sie sich bei mir nicht gemeldet hatten, dann sicher auch nicht bei Jimin. Taehyung sah mich gequält an. "Ja, aber... geht es ihm gut?"

Er hatte einen immer weiter wachsenden Bauch, hatte Rückenschmerzen, die ich mir nicht vorstellen konnte, musste jede Stunde mindestens einmal aufs Klo, hatte Angst vor der Schule und eigentlich wollte er nie, nie, niemals ein Kind mit mir haben, also hasste er unser Baby vielleicht doch.

"Nein." Nein. Vielleicht war da noch viel mehr, was er einfach nicht sagen konnte. "Nein, Jimin geht es nicht gut." Es ging ihm in den drei Jahren, die wir uns kannten und liebten nie so schlecht, wie jetzt. Und das war alles meine Schuld.
"Oh..." Mehr nicht? Mehr hatten beide nicht zu sagen?

"Und wie geht es dir?" Ja, aber... Ich war doch nicht der, der sich nicht mehr in die Schule traute. "Mir?" Wenn es Jimin nicht gut ging, wie konnte es dann mir gut gehen? "Mir geht es auch nicht gut." Denn ich habe mich schon wieder ohne Jimin so verdammt schlecht und einsam gefühlt. "I-in welchem Monat ist Jimin eigentlich?"

Es war etwas peinlich, dass ich so etwas genau mitzählte, oder? "Im 5. Monat." Und wir hatten ja nicht einmal Halbzeit. Vielleicht... wird alles nur noch viel schlimmer werden. "Du hast es uns 5 Monate lang verschwiegen?" Nein. "Drei. Jimin hat es mir erst im 2. Monat gesagt." Einmal kurz gesagt und dann wollte er unsere Familie aufgeben und einfach abtreiben. Er war dazu bereit, unser Baby zu töten. "Deshalb euer schlimmer Streit?" Ich hatte es wirklich von Anfang an schon kaputt gemacht.

Ich konnte Jimin keine Vorwürfe machen. Er war alleine gewesen und ihm ging es so schlecht. Aber jetzt war ich ja wieder bei ihm! Ich war für ihn da. Für ihn und für das Baby. Für unseren kleinen Jungen. "Ja." Ich hatte das Gefühl, unsere Beziehung war plötzlich eine ganz andere. Eigentlich sollte man sich viel mehr lieben, wenn man zusammen ein Baby bekommt. Deswegen verstand ich es wenig, wie kalt Jimin zu mir war. "Tut mir leid, dass ich euch nichts sagen konnte..." 

Aber ich wollte so gerne meine Freunde wieder haben. Das musste doch irgendwie gehen...

Pregnancy || YoonminWhere stories live. Discover now